38.Kapitel: Klarheit

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Über so etwas wie eine böse Seite in ihr hatte Nina nie nachgedacht. Ihr war diese Seite auch nie bewusst geworden. Noch nie hatte sie sich so verhalten, so ambivalent zu ihrem Gemüt. Außer dieses eine Mal, als sie die wohl größte Dummheit in ihrem Leben beging. Da stand sie allerdings unter der Fuchtel von etwas, das sich Alkohol schimpfte. Sie konnte sich immer noch nicht erklären wie sie sich hatte dazu verführen lassen, war sie wirklich so verzweifelt? Eigentlich hatte sie Andre nach dem ganzen gar nicht mehr in die Augen sehen wollen. Dennoch war es so, als ob sie das als Freunde zusammengeschweißt hätte. Oder war das ganze nur inszeniert? „Inszeniert? Das würde Andre niemals machen!", rief sie der Stimme in ihrem Kopf entgegen. Doch! Stell' dir nur vor, dass er dich von Anfang an mehr mochte, schon bevor Jan dich ihm vorgestellt hat, etwa schon, als er dir an deinem ersten Tag begegnete. Erinnerst du dich? Wie ihr euch in die Augen geschaut habt? Du kannst nicht sagen, dass es unlogisch wäre, wenn er das inszeniert hätte! „Woher sollte er bitte wissen, dass ich damals mitten in der Nacht aus Frankfurt geflüchtet komme? Er wusste ja nicht einmal, dass ich in Frankfurt war!" Das kann er ja auch gar nicht gewusst haben, aber vielleicht hat er einfach die Chance ergriffen, als du emotional schwach warst. Er hat dir Alkohol angeboten und wusste, dass dir das 'helfen' würde. Dabei wollte er dich einfach nur abfüllen, um dich flachzulegen! „Nein! Nein! Das kann nicht sein! Das ist kompletter Unsinn, das würde er nicht tun. Das ist nicht seine Art. Außerdem ist Jan sein bester Freund, ja fast schon Bruder, das könnte er ihm nicht antun!" Na ja, ihr seid ja getrennt, also war es bestimmt leichter mit seinem gewissen zu vereinbaren. „Ach, sei doch ruhig! Du weißt doch gar nichts!" Was dir wohl nicht klar ist, ist dass ich du bin! Die Stimme in deinem Kopf bist allein du!

Was war gerade geschehen? Hatte Nina sich mit sich selbst gestritten? Wie kam sie auch darauf, dass Andre das alles absichtlich getan hatte. Das konnte gar nicht sein... oder vielleicht doch? Na ja, die minimale, klitzekleine Chance war ja da, irgendwie. Ja, irgendwie schon. Sollte sie noch einmal mit Andre reden? Das konnte sie sich doch nicht leisten, nachdem sie so hysterisch davon gebraust war. Irgendwie lief hier gerade alles falsch, einfach alles. Sei es nun die ganze Sache mit Jan, der ganze Aufruhr mit ihrem Vater und Mareike oder auch die Tatsache, dass die Abi-Prüfungen schon fast vor der Tür standen und Nina noch nicht einmal daran gedachte hatte zu lernen, einfach alles lief schief. Als ob der liebe Gott nicht wollte, dass Nina glücklich würde.

Aber sie musste das so schnell wie möglich regeln, sonst würde sie es immer bereuen. Sie musste ihren ganzen Mut zusammenraffen, denn jetzt überwog die Neugierde der Furcht, die sie hegte. Sofort hatte sie ihre Handy geschnappt, Andres Kontakt ausgewählt und den grünen Hörer angetippt. „Ja?", fragte Andres hörbar zerstreute Stimme in den Hörer. „Hallo Andre, hier ist Nina", sagte sie vorsichtig. „Ach du bist's", seine Stimme hatte einen merkwürdigen Wortlaut angenommen. Als wolle er sich freuen von Nina zu hören, aber dennoch so als ob es ihm nicht gelingen würde. „Wo bist du gerade?", fragte Nina nun etwas selbstsicherer. „Ähh, ich war gerade auf dem Weg nach Hause und bin fast da", erklärte er ein wenig irritiert. Anscheinend kam diese Frage für ihn ziemlich plötzlich. „Kann ich mit dir reden?", fragte sie nun gerade heraus. Ihr war noch nicht bewusst ob sie das alles vielleicht bereuen würde, denn im Moment wollte sie nur eines: Klarheit.

Klarheit würde ihr sicher helfen leichter mit dem Schmerz und all den anderen Problemen fertig zu werden. Wenn sie nicht schleunigst etwas unternahm, dann würde das Leben für sie nicht weitergehen. Sie würde immer am selben Punkt stehen bleiben und keinerlei Fortschritte machen. Dabei keimte in ihr der Gedanke auf, dass es vielleicht schon zu spät sein könnte. Für alle würde das Leben weitergehen. Für Jan, Andre und Cengiz allemal, schließlich hatten sie einen festen Plan, was sie mit ihrem Leben anfangen würde. Auch wenn es für Nina überstürzt erschien, sie wussten was sie machen wollten, wogegen Nina absolut keine Ahnung hatte. Sie war sich nicht einmal sicher ob sie ihr Abi schaffen würde. Wollte sie ihr Abi überhaupt machen? Wenn doch sowieso unklar war, was sie machen will, dann braucht sie doch kein Abitur.

„Okay, was willst du mir denn sagen?", erkundigte er sich. Eigentlich hatte Nina ja vor das persönlich zu besprechen, aber wo sie schon mal dabei waren zu telefonieren, konnten sie das auch gleich hier besprechen. Hier hatte sie den Vorteil, dass sie sich nicht sehen konnten, also war sie in der Lage sich quasi zu verstecken. Aber egal wie sie es letzten Endes getan hätte, es hätte wahrscheinlich nichts am Verlauf des Gesprächs geändert. Und Nina konnte sagen, dass das mit Abstand, das unangenehmste Gespräch war, dass sie je geführt hatte. Natürlich war Andre aufgebracht und sauer, dass Nina so etwas von ihm denken konnte. Was hatte sie denn auch erwartet? Jedenfalls hatte Andre das alles bestritten, was Nina einerseits glücklich machte, aber andererseits wurde ihr nun bewusst, wie unnötig dieser Anruf war. Naja, sie war zwar jetzt im Klaren über Andres Absichten, aber sie hatte Andres Missgunst heraufbeschworen.


Hallo! Entschuldigt bitte, dass es so lange gedauert hat und auch das für die lange Zeit, die ich nichts hochgeladen habe, nur so ein kurzes Kapitel zustande gekommen ist, aber ich hatte wirklich null Zeit zum Schreiben. Da jetzt allerdings Ferien sind werden hoffentlich öfter Updates kommen! ^-^


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