30.Kapitel: Flucht

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Am nächsten Morgen wurde Nina unsanft aus ihrem sowieso schon unruhigen Schlaf geweckte. Sie schreckte aus einem Alptraum hoch und saß kerzengerade in ihrem Bett. Ihr Kopf hatte gar nicht wirklich realisiert, was in dem Traum geschehen ist, er gab ihr nur dieses schreckliche Gefühl zu spüren, dass es eben ein Alptraum war. Nachdem Nina sich beruhigt hatte und ihre Schnappatmung unter Kontrolle gebracht hatte, ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen. Dieser blieb an einer Uhr, die über der Tür aufgehängt war, hängen. Es war bereits zehn Uhr, was normalerweise total unüblich für Nina war. Normalerweise schlief sie nie so viel. Ach, das lag wahrscheinlich an diesem göttlichen Bett.

Als sie aus ihrem Bett stolperte kamen ihr die Bilder von letzter Nacht wieder in den Sinn. Es war als würde sie sich wieder in genau dieser Situation befinden, ihr Herzschlag beschleunigte sich und sie wurde aufgebracht. Wieder kam ihr dieser Satz in den Sinn: Was bildet die sich eigentlich ein? Nina konnte das nicht nachvollziehen. Und überhaupt, wenn diese Mareike so abgeneigt von Klaviermusik ist, wieso hatte sie nichts dagegen unternommen, dass in ihrem Wohnzimmer ein Flügel stand? Diese Frau war ein Wesen voller Widersprüche. Oder vielleicht hatte sie das ja, aber Ninas Vater hatte sich für seine Tochter eingesetzt. Quatsch! Dass ein Flügel im Wohnzimmer steht, ist sicher nur Zufall.

Nina setzte sich in Bewegung, um sich anzuziehen und ihren Weg in die Küche anzutreten. Dort fand sie allerdings nur einen Zettel vor.

Guten Morgen, Liebes!

Mareike und ich sind einkaufen. Ich wollte dich nicht wecken.

Frühstück steht noch auf dem Tisch.

-Papa

Bei dieser Nachricht musste Nina lächeln. Die Zuneigung, die ihr ihr Vater entgegen brachte, machte es ihr, um einiges leichter ihm zu verzeihen. Und auch wenn sie Mareike noch so sehr hasste, wenn ihr Vater sie wirklich liebte, dann würde sie das verkraften. Auch wenn es ihr noch weh tat Mareike und nicht ihre Mutter an seiner Seite zu sehen, so wusste sie, dass es quasi etwas wie eine Bestimmung war, dass es genau so und nicht anders geschehen war.

Nachdem sie gefrühstückt hatte vergrub sie sich wieder in ihr Zimmer und machte sich Gedanken. Ihr Kopf wollte einfach keine Ruhe geben. So schweiften ihre Gedanken immer um Jan herum. Sie war so unglaublich in ihn verliebt und es tat so unglaublich weh das nicht ausleben zu dürfen. Er fehlte ihr so dermaßen und langsam bereute sie es gesagt zu haben, dass ihr die Entfernung helfen würde, denn nun machte sie das verrückt und verstärke den Schmerz, den sie empfand, noch mehr. Was konnte sie nur tun, um den Schmerz erträglicher zu machen? Ein banaler Gedanke, welcher auch schon Jan gekommen war, schlich sich in ihren Kopf. Was machte ihn überhaupt so attraktiv in ihren Augen? Sie könnte eben diese Eigenschaften negativ auffassen. Aber dann würde sie ihn ja schlecht reden. Ihn schlecht reden? Nein, das hatte Jan nicht verdient! Und zu sehr würde es sie selbst verletzten, wenn sie ein schlechtes Wort über ihn verlieren würde.

Als ihr Vater nach Hause kam, begab er sich sofort zu Nina. Sie verbrachten den kompletten Mittag und auch Nachmittag miteinander. Nina frage sich nur eine Sekunde, was Mareike wohl gerade machte. Dann sah sie allerdings ein, dass es hier schlichtweg egal war. Sollte die doch bleiben wo der Pfeffer wächst, Nina war das egal.

Später am Abend begab sich allerdings eine Situation, die Ninas Abneigung gegen Mareike um einiges bestärkte. Nämlich paffte Mareike sie an, weil sie angeblich keinen einzigen Finger im Haushalt krumm machte. Und das nur, weil das Glas von gestern Nacht noch auf der Theke stand. Während Mareikes kleiner ’Hasstirade’ steigerte sie sich immer weiter hinein, so dass am Ende Sätze wie „Du legst dich ja eh nur ins gemachte Nest“ und „Kleine Kinder wie du sind zu nichts zu gebrauchen“. Nina war vom Gemüt her ein sehr, sehr ruhiger Mensch und ließ sich auch nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Aber seit sie Mareike kannte brachte sie diese immer wieder dazu, rasend zu werden. Schlimmer machte die ganze Sache nur, dass Nina so gerne einfach mit irgendwelchen Beleidigungen um sich werfen wollte, aber etwas in ihrem Inneren hielt sie davon ab, dieser falschen Schlange die Meinung in das über und über mit Make-up überdeckte Gesicht zu sagen. In Anwesenheit von ihrem Vater, benahm seine Freundin sich wie ein Engel, der Kinder liebte. Nina würde sich aber nicht als Kind bezeichnen, immerhin sie sah sie sich allein vom geistigen Standpunkt aus, als überaus reif an.

„Du kannst nicht einfach nichts machen! Auch du kleines, verwöhntes Kindchen musst helfen!“, rief Mareike aufgebracht. Nina sah sie nur missbilligend an. Ihr Kopf schien zu platzen, so viel Wut und so viele unausgesprochene Worte hatten sich darin angestaut. Raus!

Ein spontaner Gedanke, der sich immer mehr einnistete. Einfach raus! Weg von allem hier. Raus.

Nina machte kehrt. Auch wenn Mareike gerade wieder einen Satz begonnen hatte, verschwand Nina mitten in diesem. Ihr war es egal, was Mareike zu sagen hatte. Es würde sowieso nur Mist dabei rumkommen. Nina erwartete nicht, dass sie ihr folgen würde. Zu Ninas Vorteil tat sie das auch nicht, so schaffte Nina es ihren ganzen kram in ihren Koffer zu packen und aus dem Haus zu verschwinden ehe es jemand bemerkte. Sie hätte morgen ohnehin nach Hause fahren müssen, also was machten schon ein paar Stunden aus?

Mit diesem Gedanken lief sie zu Fuß den Weg zum Bahnhof. Zugegeben das war wohl nicht die beste Idee, aber ihr war alles lieber, als in dem Haus mit dieser Frau zu verbringen, die sowieso nur Unsinn verzapfte. Woher nahm sie sich die Macht sich so aufzuspielen? Sie hatte Nina gar nichts zu sagen! Überhaupt nichts. Sie war weder ihre Mutter noch stand sie in irgendeinem andern Zusammenhang mit ihrer Erziehung, also konnte sie ganz gediegen die Klappe halten! Ninas Aufgebrachtheit legte sich ein wenig, da sie sich beim Laufen ’abreagieren’ konnte.

Die ganze Zeit schrie ihr Kopf: Weg!

Entschuldigt bitte die Länge des Kapitels! Es tut mir wirklich unglaublich leid. Aber ich kann euch sagen, dass das nächste Kapitel länger wird und die Handlung auch wesentlich interessanter, da ich ein wenig Spannung einbringen werde. Ich hoffe ihr freut euch, genauso wie ich! <3

Noch einen schönen 3.Advent euch! <3

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