Heute war der Tag gekommen, der vor dem Nina sich schon so lange gefürchtet hatte. Heute Abend sollte die Abiturfeier ihres Kurses stattfinden und sie würde im Zuge dessen Jan wieder sehen. Vor zwei Wochen hatte sie ihn das letzte Mal gesehen. Damals war der letzte Tag, den sie in dieser Schule verbringen würde. Seit dem hatte sie es vermieden das Haus zu verlassen. Zunächst waren Ninas Vater und auch ein paar Verwandte angereist, um zusammen Ninas bestandenes Abitur zu feiern. Sogar Nina wurde das ein oder andere ehrliche Lächeln auf das Gesicht gezaubert, als sie sah, dass ihre Verwandten wirklich stolz zu sein schienen. Zu ihrem Glück war Mareike nicht mitgekommen, sie hätte wohl alles versaut. Nina wusste, dass diese Frau eventuell auch gute Seiten haben könnte, aber ihr ging es einfach auf die Nerven, dass die Freundin ihres Vaters sich nur ihr gegenüber so mies verhielt, aber sie wollte sich daran nicht länger aufhalten. Wenn sie Nina nicht mochte, dann war das ihr Problem, und nicht das von Nina!
Sie wusste nicht ob es nur an ihr lag, oder ob diese ganze Situation Nina stärker machte. Vor einigen Monaten noch hätte sie die Fehler bei sich selbst gesucht, aber nun war so reif zu wissen, dass Mareike sie nur aus Prinzip hasste, immerhin kannte sie Nina gar nicht wirklich. Aber ob die beiden jemals wirklich eine Freundschaft eingehen werden bleibt offen, auch wenn Nina das sehr stark bezweifelte. Mareike war, so wie Nina sie kannte, ein riesiger Sturkopf, also würde sie nicht eher nachgeben und das Kriegsbeil begraben. Und von selbst würde diese auch nicht auf die Idee kommen, den Streit ruhen zu lassen.
Am liebsten wäre Nina es gewesen, wenn ihr Vater sie abserviert hätte! Nina wusste, dass dieser Wunsch nur so vor Egoismus triefte, aber letzten Endes war dies auch das beste für ihren Vater. In ihren Augen passten die beiden einfach nicht zusammen und so sehr sie ihren Vater liebte und wollte, dass er glücklich ist, das ging zu weit. Außerdem hatte Mareike ihn zum Schlechten verändert, was Nina gar nicht passte und auch wenn sie wusste, dass sie ihren Vater, so wie er früher war, nie mehr zurück bekommen würde, so wusste sie ebenfalls, dass sie, auch wenn sie ihn immer lieben würde, ihn lieber frei erleben wollte. Ihr schien es als würde Mareike ihn einzwängen und er, so sehr er es versuchte ihr recht zu machen, lies sich darauf ein. Doch Nina wollte keine Gedanken mehr an diese Frau verschwenden. Sie war es schlicht nicht wert und änder konnte Nina doch nichts."Halli-hallo!", rief Selma enthusiastisch als Ninas Mutter sie herein gebeten hatte. Sie war noch nicht einmal den halben Weg die Treppe nach oben gelaufen, da begann sie schon zu ihre Pläne für heute Abend zu erzählen. Nina unterbrach sie schmunzelnd, als sie ihre Freundin zur Begrüßung in die Arme schloss. "Ganz langsam, wir haben noch verdammt viel Zeit, als immer mit der Ruhe", lachte sie und löste sich um ihr ein schelmisches Grinsen zu schenken. Darauf zog Selma Nina wieder in eine Umarmung. Sie hatte ihre Freundin vermisst. Als sie damals weggezogen war, hatte sie eine Lücke hinterlassen, die nur sie wieder schließen konnte. Und selbst als sie wieder da war, war diese immer noch bist zum bersten geöffnet. Doch nun schien Nina sich gefunden zu haben und wieder die alte zu sein. Mehr oder weniger, da all die Geschehnisse ja nicht ohne weiteres an ihr vorbeigerauscht sind. Trotzdem konnte nichts das Glücksgefühl und das Gefühl endlich angekommen zu sein trüben, als die beiden Freundinnen sich in den Armen lagen. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, verstanden beide die liebevolle Gesten und schwiegen.
"So, aber wenn wir es pünktlich schaffen wollen müssen, müssen wir uns aber ranhalten!", rief sie und klatschte einmal vor Enthusiasmus triefend in die Hände und legte die Kleider, die sie in einer Plastikhülle untergebracht hatte auf Ninas Bett ab. "Wieso gehen wir für sowas eigentlich nicht zu dir?"- "Weil ich weiß du, dass du dieses Haus nicht verlässt, wenn es nicht unbedingt nötig ist! Es fällt mir schwer zu glauben, dass du freiwillig bis zu mir gekommen wärst", gab Selma lachend die Antwort und öffnete den Reißverschluss der die beiden Mädchen von ihren Ballkleidern trennte. "Das stimmt au-", Nina verstummte als ihr Kleid zum Vorschein kam. Die dunkelblaue Farbe war unfehlbar und hatte Nina schon vom ersten Augenblick verzaubert. Aber sie hatte gar vergessen, wie schon diese Kleid in ihren Augen doch war. Dazu sollte aber auch gesagt sein, dass sie Selmas Kleid mehr als umwerfend fand! Sogar schöner als ihr eigenes. Sie fand nur, dass ihr Kleid besser zu ihr passte. Und so passte auch Selmas Kleid, welches einen wunderschönen dezenten altrosanen Farbton besaß, perfekt zu ihr. "Ich bin mehr als glücklich mit unserer Wahl... Wir werden das rocken!", rief Selma selbstbewusste und hob die Hand für einen High-Five, den Nina grinsend erwiderte, nachdem sie aus ihrer Trance erwacht war. Aus irgendwelche Gründen hatte sie, als sie das Kleid sah und sich darin vorstellte, Jan an ihrer Seit gesehen. In einem unglaublich gut aussehenden Anzug. Augenblicklich hatte sie einen Stich in ihrem Herzen gespürt und war wie paralysiert. Doch der Anblick von Selma, die ähnlich wie ein sich freuendes Kind leicht auf und ab hüpfte, lies sie das alles vergessen. Jetzt sollte es nur um sie gehen, Selma und Nina. Keine nervigen Gedanken über Mareike oder Jan, die Hochstimmung trüben würden. Nina wollte das hier genießen.
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Alte Erinnerungen
FanficWas würdest du tun, wenn du denkst, dass du schon mit einem Teil deines Lebens abgeschlossen hast, aber der ohne Vorwarnung wieder in dein Leben eintritt? Wenn du völlig überrumpelt bist, weil alles so schnell ging? Und auf einmal stehst du wieder...