28.Kapitel: Änderung der Ansichten

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Nina war immer noch verwirrt wie sonst etwas. Immerhin war sie ja davon ausgegangen, dass sie ihren Vater hassen würde und ihm niemals mehr ohne Trauer ins Gesicht blicken konnte. Nun aber schien sie zu merken, dass er seit dem ganzen Vorfall für sie wie ein komplett anderer Mensch, eine komplett neue Persönlichkeit erschien. Und jetzt, wo er gerade bei ihr im Zimmer saß, da sie ihn. Ihn, ihren richtigen Vater, nicht nur sein Ebenbild, das anscheinend nur Leid mit sich her brachte, sondern eben den Mann, der sie zu lieben schien. In den letzten Wochen hatte sie kein einziges Mal das Gefühl von ihm geliebt, oder auch nur als Familienmitglied anerkannt zu werden. Und jetzt? Sie fühlte sich so geborgen. Da konnte noch nicht einmal dieses Miststück von Mareike etwas daran ändern. Überhaupt war Mareike ja im Grunde genommen gar nicht Schuld an der ganzen Situation. Auch wenn Nina wusste, dass sie Mareike niemals ausstehen werden konnte, so wusste sie auch, dass ihre Eltern sich so oder so getrennt hätten. Früher oder später. Ob diese Sache mit ihr jetzt früher oder später stattgefunden hätte, wäre die Ehe ihrer Eltern zum Scheitern verurteilt. Dennoch hätte ihr Vater nicht so taktlos Handeln müssen und sofort mit seiner Sekretärin anbandeln. Er hätte es seiner Frau schonend beibringen können und nicht so mit der Tür ins Haus fallen müssen. Aber das war einmal. Die Betonung liegt auf war, da es eben die Vergangenheit war. Und mit der Vergangenheit sollte man bekanntlich anschließen, wobei das nicht heißen muss in Vergessenheit zu geraten. Augenblicklich geriet ihr Jan in den Sinn. Wieso jetzt? Und wieso Jan? Sie hatte es doch erfolgreich geschafft mal fünf Minuten nicht an in zu denken. Anscheinend war es zu viel verlangt in einfach zu vergessen. Wobei… Gerade hatte sie ja noch daran gedacht, dass zum Abschließen der Vergangenheit nicht die Vergessenheit gehört. Mit einem Mal klang es nun doch nicht mehr so plausibel. Obwohl es für sie immer noch Sinn ergab, so konnte sie es nicht auf ihre Geschichte mit Jan übertragen. Es ging nicht und es passte nicht. Vielleicht lag es auch daran, dass es in der Liebe andere Regeln gab. Überhaupt war alles anders seit dem sie sich so „Hals über Kopf“ in Jan verliebt hatte. Sie hatte ihn schon immer sehr gerne, aber erst jetzt hatte das wirkliche Ausmaße die eben auch ihr Umfeld und ihr Handeln beeinflussten. Wieso war das erst jetzt eingetreten? Damals war sie schließlich auch in ihn verliebt. Aber damals war es eben keine große Sache. Auch wenn es ihre erste große Liebe war, schien es für sie nie besonders. Sie hatte Jan, beziehungsweise seine Anwesenheit, als „selbstverständlich“ erachtet. Aber sie hätte es doch spätestens, als sie weggezogen waren merken müssen, dass es eben nicht der Fall war.

„Alles in Ordnung?“, erklang plötzlich die besorgte Stimme ihres Vaters. Was?, schoss es ihr durch den Kopf. Fast hätte sie das laut ausgestoßen. Sie war aus ihren Gedanken hoch geschreckt, dabei war es doch gar nicht ihre Absicht ihren Vater so zu ignorieren. Ignorieren, weil sie wusste, dass wenn sie in Gedanken war, wirklich den Anschein machte, als ob sie noch nicht einmal anwesend wäre. Aber ihr Vater wusste, dass Nina ein Mensch war, der gerne dazu neigte zu viel im eigenen Verstand zu schwelgen, also ging ihm ein Licht auf und Ninas Verhalten machte für ihn auf einmal Sinn. „Über was hast du nachgedacht?“, fragte er lächelnd. Es war wie ein kleiner Triumph für ihn, dass er seine Tochter noch immer so gut deuten konnte. Ihm war bewusst er dachte so, als ob sie sich Jahre nicht gesehen hätten, aber für Pubertierende waren ein paar Wochen eben gleichzusetzen mit ein paar Jahren, für ihn zumindest. „Bitte was?“, stieß Nina perplex aus, da sie ihrem Vater gewiss nicht von dem ganzen Desaster mit Jan erzählen wollten. „An was du gedacht hast“, stellte er seine Frage erneut. Dieses Mal jedoch in Form eines Aussagesatzes. „Bestimmt an diesen Jungen, äh, wie hieß er noch gleich? Jonas?“, fragte er und lächelte. Es hatte ihm in den letzten Wochen eindeutig zugesetzt, dass er keine solchen Gespräche mehr mit seiner geliebten Tochter führen konnte. „Jan“, stieß sie zwischen aufeinander gepressten Kiefern hervor. Nun war sie doch nicht darum gekommen ihm von Jan zu berichten. „Ach stimmt ja! Was macht das Klavierspielen? Er hatte dir doch damals Unterricht gegeben, wenn ich mich nicht irre.“ Zuerst war Nina erstaunt, im positivem Sinne, dass er sich noch an so viel erinnern konnte, dann aber wurde sie wieder wehleidig, da sie genau wusste, dass sie langsam daraufhin arbeiteten, was zwischen Jan und Nina vorgefallen war. Es war fast unausweichlich, wenn das Gespräch genau so weiterverlaufen würde. Es sei denn ein Meteorit beschließt spontan in dieses Haus einzuschlagen und alle sich darin befindenden Existenzen auszulöschen. Dies war allerdings nur Wunschdenken. Oder wenn sie es sich recht überlegte doch nicht, sie würde es bestimmt bevorzugen noch ein paar Jährchen auf diesem Erdenrund herumzuwandeln. „Er spielt immer noch genau so wunderschön wie damals“, es war eigentlich nicht ihre Absicht, das alles so schwärmerisch zu sagen, aber das wäre nur unausweichlich wenn sie weiterhin über Jan reden würden. Schließlich liebte sie ihn immer noch. „Ach ja? Und, ähm, sehr ihr euch immer noch, also, ähm, seid ihr, ähm, zusammen?“, sie hoffte, dass das Herumgedruckse ihres Vaters in der Frage, ob er denn immer noch Fußball spiele, enden würde. Als er diese Frage jedoch hinter sich gebracht hatte gab Nina alle Hoffnung darauf auf. „Ja, äh, nein, also irgendwie nicht mehr so ganz“, nun war Nina diejenige die keine richtigen Sätze zu Stande bringen konnte und herumdruckste.

„Wie darf ich das jetzt verstehen?“ Ein lautes Seufzen entwich Ninas Lippen. Sollte sie ihm das alles erzählen? Ja, oder? Das würde ihre Bindung doch nur festigen und das neu wieder gewonnene Vertrauen verfestigen. Oder würde es doch ein Fehler sein?

Entschuldigt bitte vielmals, dass dieses Kapitel so kurz und wahrscheinlich auch langweilig ist, aber ich habe es diese Woche wirklich total verpeilt weiterzuschreiben, ich hoffe ihr könnt mir verzeihen. Schule schafft mich. c:

Einen schönen 1.Advent, einen angenehmen Rest-Sonntag und einen wundervollen Start in die Woche euch noch! <3

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