Kapitel 37

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Julien p.o.v.

Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen und wählte zum 16. Mal den grünen Knopf. Es tutete, dann sprang zum 16. Mal die Mailbox an. Warum ging sie nicht an ihr Handy? Und warum war sie noch nicht zu Hause? Diese Sorgen bringen mich noch um!

Ich schleppte mich aus meinem Zimmer zu Vince, der gerade in der Küche stand und etwas kochte, und ja - es ist wieder  3 Uhr nachts.

"Mailbox." Gab ich tonlos von mir und fühlte mich mit einem mal so unglaublich schwach und zerbrechlich. Unglaublich wie abhängig ich von ihr geworden bin und sie immer noch nichts von meinen Gefühlen bemerkt.

"Ju lass es sein und geh jetzt endlich schlafen! Du bist wie eine wandelnde Mumie, das ist ja nicht mehr mit anzusehen!" Meckerte mich mein Mitbewohner an. Zuerst wollte ich widersprechen, doch anstelle von Wörtern verließ ein herzhaftes Gähnen meinen Mund. Vielleicht hatte er ja Rech-... Nein! Ich durfte nicht schlafen! Wenn etwas passiert ist, ist es meine Schuld. Nur meine. Nur meine.

Wie ein Mantra spieltr sich dieser Satz immer wieder in meinen Gedanken ab und brannte sich ein. Ich war Schuld wenn ihr etwas passierte.

Durch ein kräftiges rütteln an meinen Schultern kam mein Geistiges Ich wieder auf diese trostlose, kalte, unbarmherzige Erde zurück und ich sah in die wütenden Augen von Vince.

Verwirrt erwiderte ich seinen Blick, was ihn schon beinahe zur Weißglut brachte. Was ist denn nun mit dem los?

"Es ist eben nicht deine Schuld, kapiert?! Du musst nicht der Sündenbock für alles und jeden sein! Konzentrier dich mal auf dich und nicht auf die anderen und hör auf damit! Merkst du nicht wie du die Menschen in deinem Umfeld damit zerstörst?" Sein Gesichtsausdruck verwandelte sich in eine gequälte Grimasse und da wurde mir klar, dass ich meine Gedanken gerade ausgesprochen hatte und, dass ich diesmal eindeutig zu weit gegangen bin.

Eine Träne verließ Vince' Auge und er sah beschämt zu Boden, ehe er sich die Flüssigkeit mit dem Handrücken hinfort wischte und sich schluchzend zurück an den Herd begab, wo die Tränen aber erst ihren eigentlichen Lauf nahmen. Im regelmäßigem Abstand fielen sie von seinem Gesicht auf die Pfanne mit den Pilzen und jedes mal, nachdem sie mit dem heißen Fett in Berührung kamen, bruzelte es laut.

Unfähig mich zu bewegen stand ich noch immer an derselben Stelle, wie vor 5 Minuten auch. Und auch seit 5 Minuten hatte sich mein Blick nicht von Vince Rücken abgewendet. Ich war zu weit gegangen. Mit meinen Paranoia-Ängsten zerstörte ich alles, was ich liebe.

Aber ich hab doch nur Angst um meine große Liebe. Ist das etwa Falsch?

Geknickt machte ich mich wieder auf den Weg in mein Zimmer und gab die Anrufe auf. Es nützte eh nichts. Ich sollte sie mir aus dem Kopf schlagen, entgültig. Sie war mit Jan zusammen und glücklich. Ich sollte mich für sie freuen, aber ich konnte es nicht.

Sie war der wichtigste Mensch auf diesem Planeten für mich. Sie war der Grund, weshalb ich noch lebe. Aber das muss jetzt endlich aufhören. Ich muss stark sein und mal über meine Gefühle stehen. Für mein Umfeld. Für Vince.

Ich würde es bestimmt auch schaffen... wäre es nur nicht so unglaublich schwer einen geliebten Menschen loszulassen...

Ich wachte auf. Einfach so wegen gar nichts. Und obwohl ich nicht mehr müde war, versuchte ich weiter zu schlafen. Einfach aus dem Grund, dass du während du schläfst keinem wehtun kannst. Aber es funktionierte nicht. Warum sollte es auch? Das Leben liebt mich ja so sehr, sodass es mir jeden Wunsch erfüllt. Haha. Guter Witz, Julien.

Also versuchte ich aufzustehen. Aber je mehr ich es wollte, desto mehr stritt mein Körper diese Tat ab. Körper und Geist kämpften tief in meinem inneren und versuchten den anderen dazu zu bringen aufzugeben. Ich selbst war an diesem Kampf nicht beteiligt, eher der "Stille Zuschauer".

Letztendlich gewann mein Körper und ich ließ mich noch tiefer in die Matratze fallen.

Mein Kopf war leer.
Alles still.
Keine Gedanken.
Keine Geräusche.
Nichts.
Unendliches nichts.

War es das, was ich erreichen wollte? Das ich, indem ich sie vergesse, mich vergesse? War es das? Oder... war ich verrückt?

Schon fast verzweifelt versuchte ich einen klaren Gedanken zu fassen... keine Chance. Nichts funktionierte mehr. Ich konnte ja noch nicht mal meine Hand anheben. Ich konnte einfach nicht.

Ich wollte schreien. Nach Hilfe. Nach Vince. Nach jemanden, der mir hilft. Aber... mir konnte keiner helfen.

Denn zuerst musste ich mich selbst bekämpfen um überhaupt irgendetwas tun zu können. Und dieser Kampf, den konnte nur ich alleine ausführen. Mit mir selbst.

Ein Kampf, indem entschieden wird, ob ich wieder normal werde, dafür aber Ophelia liebe, oder ob ich diese Hülle von Mensch, ohne einen Grund zum leben, bleibe, dafür aber keine Gefühle mehr habe...

Ich wusste von Anfang an, wer gewinnen würde... und ich sollte Recht behalten.

Am Ende des Tunnels siehst du Licht, doch bevor du es überhaupt realisierst... liegst du schon unter dem Zug...

(Ich schreibe heute mal nichts drunter ^-^ zerstört nur die Dramatik ^-^)

Naives Mädchen ~ Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt