10.

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Es war als würde ich träumen. Kein schöner Traum, eher ein Albtraum. Alles um mich herum wirkte grau und verschwommen, nur am Rand nahm ich wahr, dass mich jemand hoch hob. Auf einmal hörte das Rauschen in meinen Ohren auf und und ich wurde eine Treppe herauf getragen. Ich wurde auf etwas weichem abgelegt und jemand zog mir meine nassen Klamotten vom Körper. Etwas heißes legte sich neben mich und deckte uns zu. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich zitterte. Mir war saukalt. Die Person neben mir drückte mich an sich und strich mir mit beruhigenden Worten durch die Haare. Doch es beruhigte mich nicht, ich war zu aufgewühlt und mit der Wärme die langsam zurück kam, kam auch der Schmerz zurück und ich schrie und weinte. Ich klammerte mich an den neben mir und weinte bis alles um mich herum schwarz wurde.

Wenige Stunden zuvor:

Ich machte gerade das Frühstück, als Lizzy mit Großvater an der Hand die Treppe runterkam. „Guten Morgen!", rief sie mir entgegen und setzte sich an den Tisch. Sie grinste wie ein Honigkuchenpferd als ich ihr ihr Rührei vor die Nase stellte und machte sich sofort darüber her. Ein paar Minuten später klopfte es an der Tür und Harry kam herein um Liz abzuholen. Schnell stopfte sie sich den Rest ihres Eis in den Mund und zog sich dann die Schuhe an. Bevor sie ging umarmte sie uns beide nochmal. Großvater schien sie nicht wieder loslassen zu wollen und drückte sie fest an sich. „Pass gut auf dich auf meine Kleine.", sagte er zu ihr und sie grinste ihn an. „Bin ich doch immer Großvater." Dann verließ das Haus. Ich musste mich auch auf den Weg machen und verabschiedete mich wenige Minuten später. Auch mich wollte er erst nicht loslassen und als er es doch endlich tat sah er mich eindringlich an. „Du bist eine starke und tapfere junge Dame geworden Charlotte. Deine Eltern wären stolz auf dich, ich bin das auch. Und du hast einen guten jungen Mann an deiner Seite, ich bin sicher er wird dir helfen." „So lange sind wir doch noch garnicht zusammen Großvater.", unterbrach ich ihn doch er schüttelte den Kopf. „Ich bin mir sicher, dass er dir unter die Arme greifen wird wo er nur kann. Versprich mir nur eins für die Zukunft. Genieß das Leben ab und zu auch mal, anstatt dich immer nur zu sorgen. Verstehst du?" Ich nickte und lächelte ihn an, „Ja das mach ich." Dann gab ich ihm noch einen Abschiedskuss auf die Stirn und machte mich auf den Weg zur Arbeit. Ich grübelte über seine Worte nach. Es stimmte schon, ich hatte mir in letzter Zeit viele Gedanken über mein Leben gemacht. Ob es immer so weitergehen sollte, ob ich Lizzy irgendwann auf ein College schicken könnte oder sie einen guten Job und einen netten Mann finden würde. Was aus mir und Jimmy werden würde, schließlich lebte bei einem Wanderzirkus und sie blieben bestimmt nicht länger als ein Jahr. Total in Gedanken versunken wäre ich fast in ein Auto rein gefahren, das vor mir an der Ampel hielt. Auch während der Arbeit dachte ich noch etwas darüber nach, aber hier musste ich mich nun wirklich besser konzentrieren, denn so langsam ging es auf den Endspurt zu. Morgen würden wir mit dem Dach anfangen und dann war das Haus so gut wie fertig. „Charlie was ist denn heute los mit dir?", fragte mich Andrew, einer meiner Kollegen, nachdem ich fast in ihn reingelaufen war. „Tut mir leid, ich bin heute irgendwie nicht ganz bei der Sache.", murmelte ich nur und ging weiter. So verlief der Rest des Tages und als ich endlich nach Hause konnte hatten sich große Wolken vor die Sonne geschoben und so wurden tatsächlich die Straßenlaternen schon eingeschaltet. Es war kaum etwas los in der Stadt und ich beeilte mich auch nicht großartig. Lizzy blieb heute zum Spielen bei Harry und somit hatte ich genug Zeit. Ich bog auf die kleine Straße ein, die auf unseren Hof führte und hielt kurz inne. In unserem Haus brannte gar kein Licht. Ich stellte mein Fahrrad ab und öffnete leise die Tür. Es war absolut still und ich machte das Licht an um besser sehen zu können. Hier unten war niemand, ich lief ins Wohnzimmer und danach in die Küche. „Großvater?", rief ich. ,Bitte hat er sich nicht schon wieder draußen verlaufen.', dachte ich nur und lief schnell nach oben um zu sehen ob er nicht vielleicht in seinem Zimmer war. Ich öffnete seine Tür und schaltete das Licht an. Da lag er in seinem Bett, der Sabber lief seitlich aus seinem Mund und ich wartete darauf, dass sich sein Brustkorb hob. Doch nichts geschah. Panik ergriff mich. Ich lief zu ihm rüber und schüttelte ihn an seinen Schultern, schrie ihn an, aber er rührte sich nicht. Auf seinem Nachttisch stand eine leere Packung seiner Medikamente und ein halbvolles Glas Wasser. Deshalb war er heute morgen so komisch, er hatte sich verabschiedet. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag und ich sank neben seinem Bett zu Boden. Ich hielt mir die Hände vors Gesicht und versuchte die Erinnerungen zu verdrängen, die jetzt in mir hochkamen. Ich saß auf der Rückbank eines Autos, es ging alles so schnell und ehe ich realisierte was passiert war sah ich den zermatschten, vor Blut triefenden Kopf meines Vaters vor mir. Meine Mutter keuchte leise und wurde immer leiser. Ich schrie sie an was los war, sie sollte mir antworten, aber das tat sie nicht.
Dann passierte alles automatisch. Ich stand auf und ging wie mechanisch die Straße entlang zu den nächstgelegenen Nachbarn. Ich klopfte und als Mrs. Banks die Tür öffnete zuckte sie bei meinem Anblick erschrocken zusammen. „Dürfte ich bitte mal ihr Telefon benutzen, Mrs. Banks?", brachte ich trocken hervor und sie ließ mich herein. „Natürlich mein Kind, natürlich. Was ist denn passiert du siehst ja furchtbar aus. Möchtest du eine Tasse Tee?", fing sie an zu reden doch ich winkte ab und meinte nur: „Ich brauche nur ein Telefonbuch wenn sie eins da haben."„Selbstverständlich, es ist direkt hier im Schrank.", sie holte es aus der obersten Schublade und gab es mir. Ich suchte die Nummer des Bestattungsunternehmens und der Herr an der anderen Seite der Leitung meinte er würde sich beeilen. Danach rief ich noch bei Abby zu Hause an und fragte ihren Vater ob Liz vielleicht über Nacht bei ihnen bleiben könnte. Er wollte wissen wieso und als ich es ihm erklärt hatte bestand er darauf vorbei zu kommen und mir mit allem Nötigen zu helfen. Mrs. Banks stand die ganze Zeit neben mir und als sie verstanden hatte worum es ging hatte sie ihre Arme um meine Schultern gelegt. Doch ich bedankte mich schlichtweg bei ihr und machte mich wieder auf den Weg zum Hof. Vor dem Haus blieb ich stehen, ich wollte nicht hinein gehen, aber was sollte ich tun. Ein paar Regentropfen trafen mich im Gesicht, doch ich bekam es kaum mit. Der Regen wurde in meinem Kopf zu einem gleichmäßigen Rauschen und ich wusste nicht wieso, aber ich ging hinter das Haus und begann Holz zu hacken. Ich hackte einen Holzpflock nach dem anderen und alles um mich herum war wie in einem Nebel verschwunden. Von weitem hörte ich jemanden rufen, doch weder wusste ich wer da rief, noch wusste ich was er rief. Es war als würde ich träumen. Kein schöner Traum, eher ein Albtraum. Alles um mich herum wirkte grau und verschwommen, nur am Rand nahm ich wahr, dass mich jemand hochhob. Auf einmal hörte das Rauschen in meinen Ohren auf und und ich wurde eine Treppe heraufgetragen. Ich wurde auf etwas weichem abgelegt und jemand zog mir meine nassen Klamotten vom Körper. Etwas heißes legte sich neben mich und deckte uns zu. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich zitterte. Mir war sau kalt. Ich saß eingeklemmt auf meinem Sitz und versuchte mein Bein zu befreien. Ich weiß nicht wie lange ich hier schon feststeckte, aber es war verdammt kalt und ich fror. Es regnete durch die kaputten Scheiben des Autos und ich zitterte. Die Person neben mir drückte mich fest an sich und strich mir mit beruhigenden Worten durch die Haare. Doch es beruhigte mich nicht, ich war zu aufgewühlt und mit der Wärme die langsam zurück kam, kam auch der Schmerz zurück und ich schrie und ich weinte. Ich klammerte mich an den neben mir und weinte weiter bis alles um mich herum schwarz wurde.

So Leute,
ein etwas düsteres Kapitel und eine kleine Wendung in der Handlung. Ich hatte es ja ganz am Anfang schonmal angedeutet, dass er sterben wird und dachte mir wir hatten für's erste genug rosa-rote-Brille-Handlung.
Wie findet ihr den Part? Ich hoffe er gefällt euch trotzdem :)
Die Rückblenden (kursiv) sind von dem Autounfall, bei dem ihre Eltern gestorben sind, ich hoffe das war erkennbar.
Dann bis zum nächsten Part, danke für's Lesen und gerne voten wenn's euch gefallen hat,
eure MA4rt4.


Was ist daran so schlecht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt