Murrend schaltete ich meinen Wecker aus. Warum mussten wir auch direkt am 1.1. anfangen? Konnten wir denn nicht bis morgen warten? Oder wenigstens erst gegen Nachmittag anfangen? Gerade wollte ich aufstehen, als sich zwei starke Arme um meinen Bauch schlangen und mich wieder zurück zogen. Jimmy zog mich fest an sich und küsste meinen Nacken. So gern wäre ich noch bei ihm liegen geblieben, aber an meinem ersten Tag durfte ich auf gar keinen Fall zu spät kommen. Ich drehte mich also seufzend, dennoch lächelnd, zu ihm um und gab ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. „Ich muss aufstehen.", flüsterte ich ihm zu. Er öffnete langsam seine müden Augen und blinzelte ein paar mal. „Okay.", nuschelte er und drückte mich noch einmal fest an sich bevor er mich losließ und weiter schlief. Ich lief schnell ins Badezimmer und machte mich fertig, frühstückte und packte mir ein Brot für's Mittagessen ein. Ich wollte mir schon die Schuhe anziehen, als ich auf der Uhr sah, dass ich noch über 20 Minuten Zeit hatte. Seufzend ließ ich mich auf das Sofa fallen. Ich war total nervös und hibbelig. Das hatte ich schon lange nicht mehr. Das letzte Mal war ich so drauf gewesen, als Jimmy und ich uns das erste Mal getroffen hatten. Am See. Genauso wie gestern. Es war so schön gewesen. Abby und Josh waren mitgekommen, Harry natürlich auch, und wir waren bis zum Feuerwerk dort geblieben. Jimmy und Josh hatten ein Lagerfeuer gemacht und wir haben Würstchen und Stockbrot darüber gegrillt. Kein wirkliches Festessen, aber es war eines der schönsten der Silvester, das ich je erlebt hatte. Jimmy war kein sonderliches Naturtalent was Eislaufen anging, aber nach ein paar Stunden hatte er es einigermaßen drauf. Er war ziemlich beeindruckt gewesen, dass ich sogar rückwärts fahren konnte, dabei war das gar keine große Sache. Als ich ein Kind war habe ich im Winter praktisch jeden Tag am See verbracht und mit Abby zusammen geübt. Nach wenigen Minuten hatte ich es wieder raus. Sowas war einfach wie Fahrradfahren, man verlernt es nicht wirklich. Ich habe Jimmy an der Hand geführt und trotzdem ist er am Anfang direkt zweimal hingefallen. Ich konnte nicht anders als Lachen und er hat mich grimmig angesehen. Doch dann zog er mich zu sich nach unten und hat mich geküsst. Einfach so, vor allen anderen. Und damit meine ich nicht unsere Freunde, sondern auch noch andere Leute aus der Stadt. Das hatte er bis dahin noch nie gemacht und ich war so überrascht, dass ich mich schnell von ihm löste nur um dann sofort wieder unsere Lippen zu vereinen. Danach hab ich ihn wieder auf die Beine gezogen und vorsichtig vor mir hergeschoben. Überraschender Weise haben uns die ganzen anderen Leute in Frieden gelassen. Keiner hat in irgendeiner Weise versucht uns zu beleidigen. Vielleicht hatten sie an Silvester selber keine Lust auf schlechte Laune und Stress. Umso besser war es für uns gewesen. Ich lächelte während ich an gestern Abend dachte und sah ab und zu auf die Uhr. Es war jetzt Zeit zu gehen und meinem neuen Beruf entgegenzutreten. Ich zog mich also warm an und schnappte mir mein Fahrrad. Bis zur Straße musste ich es schieben und danach fuhr ich so schnell es auf der schneebedeckten Straße nunmal ging. Hoffentlich würden sie bis zum Nachmittag hier Streuen. Als ich bei der Werkstatt ankam schloss Mr. Higgins gerade die Tür auf. Mit quietschender Bremse hielt ich neben ihm und er zuckte bei dem Geräusch leicht zusammen. Als er mich sah lächelte er und begrüßte mich. Ich lehnte das Fahrrad an die Hauswand und folgte ihm in die Werkstatt. Keine Minute später kam auch Gavin herein und wir fingen, nach kurzer Organisation von Papierkram bezüglich meiner Anstellung, mit der Arbeit an. Gavin arbeitete gerade an einem wunderschönen Tisch, er glich schon bald einem Kunstwerk. Er war wirklich begabt im Schnitzen. Die Beine sahen aus wie Baumstämme mit feinen Ranken umschlungen und kleinen, fein gearbeiteten Vögeln und Eichhörnchen besetzt. Die Tischbeine gingen nahtlos auf die Tischplatte über, die so glatt geschliffen war, dass man darauf glatt hätte Eislaufen können. Ich fragte ihn, wer diesen Tisch bestellt hatte und er erklärte, dass irgend so ein reicher Unternehmer von außerhalb der Stadt ihn in Auftrag gegeben hatte. Der Mann hätte wohl einen Fable für solche Arbeiten, er habe Gavin auf sein Anwesen eingeladen, damit er sich ein Bild davon machen konnte, was der Kunde haben wolle. Er sei sehr freundlich gewesen, recht bodenständig für so einen reichen Kerl, aber Gavin meinte, dass man ihm dennoch ansehen konnte, dass er wusste wo er in der Gesellschaft stand. Er erklärte mir, dass der Tisch diese Woche fertig werden müsse und ich mich somit um die anderen Bestellungen kümmern solle, damit er schneller fertig wurde. Ich machte mich also an die Arbeit und Mr. Higgins zeigte mir alle Aufträge die wir hatten. Es waren nicht allzu viele und der Alte und ich würden wohl keine Probleme haben, sie rechtzeitig fertig zu kriegen. Die Arbeit war echt klasse. Ich hatte lange nicht mehr so viel Spaß beim Arbeiten gehabt. Erst recht nicht, seit Josh zu Abbys Vater auf die Arbeit gegangen war. Meine Kollegen vermisste ich nicht wirklich. Ich war zwar immer gut mit ihnen ausgekommen, aber wir waren keine wirklichen Freunde gewesen. Hier war das irgendwie anders. Es war so viel familiärer. Der Einzige, der mir ein wenig fehlte war Charles. Wir hatten immer zusammen die Mittagspause verbracht. Auch wenn wir nie wirklich Gespräche geführt hatten, haben wir uns immer gut verstanden. An meinem letzten Tag dort standen wir uns gegenüber. Ich hatte auf den Boden gestarrt. Ich wollte ihn nicht ansehen, doch er hob mein Kinn an und hatte mir viel Erfolg gewünscht. Ich wusste nicht was ich hätte sagen können, also habe ich ihn nur angelächelt und ihm die Hand geschüttelt. Unsere Beziehung war schon immer etwas merkwürdig gewesen. Obwohl wir uns gut verstanden, waren wir immer etwas distanziert voneinander. „Worüber denkst du nach?", riss Gavin mich aus meinen Gedanken. Wir saßen gerade bei der Mittagspause. Mrs. Higgins hatte uns was gekocht. „Ach nichts wichtiges. Bloß an meine alten Kollegen.", meinte ich kleinlaut. Die beiden Männer sahen mich mit hochgezogenen Brauen an. „Naja, ich hab nur gedacht, wie familiär es hier ist. Das hatte ich auf dem Bau nie. Wir kamen alle gut miteinander aus und haben am Ende einer Arbeit auch mal zusammen was getrunken, aber es war nie so wie hier. Das hier finde ich schöner.", ich sah die beiden an und meine Mundwinkel zogen sich automatisch in die Höhe. Auch die zwei lächelten jetzt. Wir unterhielten uns noch über die Aufträge, die wir zu erledigen hatten und ich wurde noch ein wenig ausgefragt über meine Fähigkeiten. Das Ergebnis war, dass Gavin mir Nachhilfe im Schnitzen geben wollte. Ich konnte Schnitzen, aber bei Weitem nicht so gut wie er und genau das wollte er wohl ändern. Am späten Nachmittag wurde ich dann entlassen. Mr. Higgins erklärte mir, dass er sehr zufrieden mit meiner Arbeit sei und wenn ich so weitermache, könne er sich gut vorstellen, mir den Betrieb als zweiten Besitzer anzuvertrauen. Gut gelaunt fuhr ich nach Hause. Meine Hose war voller Holzspäne und ich konnte selber nicht glauben, wie froh ich darüber war. Nach all den Jahren schien es langsam wieder bergauf zu gehen und ich erlaubte mir meine Sorgen und Skepsis für einen Moment beiseite zu schieben und einfach den Rest des Tages zu genießen.
Hallo :)
Neue Woche, neues Kapitel. Das hier hat mir echt Spaß gemacht zu schreiben, ich hätte immer weiter machen können wäre ich nicht so müde gewesen. Wie geht es euch so? Genießt ihr auch das Wetter? Ich hab zwar schon einen Sonnenbrand, aber damit kann ich leben :D
Hoffentlich hattet ihr Spaß beim Lesen und einen schönen sonnigen Tag noch,
eure MA4rt4.
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Was ist daran so schlecht?
FanfictionCharlotte "Charlie" Abbott ist allein verantwortlich für ihre kleine Schwester und ihren senilen, alten Großvater. Als sie sich eines Tages freiwillig für zusätzliche Arbeit bei einer Freakshow meldet um sich etwas dazu zu verdienen, weiß sie noch n...