Bevor es losgeht wollte ich mich einmal kurz für die 200 Reads/Views bedanken.
Es scheint ja tatsächlich den ein oder anderen zu geben der sich das hier regelmäßig reinzieht, also vielen Dank :)Das war nun alles zwei Tage her und heute war der Tag der Beerdigung. Um 6 Uhr morgens klingelte mein Wecker und Jimmy knallte mit der Faust so hart auf den Nachttisch, er hatte den Wecker verfehlt, dass ich erschrocken hochfuhr. Müde hob er seinen Kopf, suchte mit zusammengekniffenen Augen nach dem Wecker und tippte dann ganz vorsichtig mit den Fingerspitzen auf den Knopf um ihn auszuschalten. Als der Wecker endlich ruhig war fiel sein Kopf mit dem Gesicht nach vorne wieder ins Kissen und ich musste schmunzeln. Er hatte darauf bestanden wenigstens bis zur Beerdigung hier zu bleiben und mir bei allem zu helfen. Nur jeden Abend fuhr er zur Aufführung der Freakshow. Er ging nicht einmal zu den Proben, sondern war den ganzen Tag lang hier. Er hatte Lizzy getröstet als ich es nicht konnte, weil ich noch mehr geweint habe als sie und er hatte mir die Axt abgenommen, als ich beinahe meine Hand mit abgehackt hätte weil sie noch auf dem Holzscheit lag den ich spalten wollte. Die ersten zwei Tage war ich total von der Rolle und bekam nichts richtig auf die Reihe, aber es nützt ja nichts. Irgendwann musste ich sowieso weitermachen wie zuvor, schließlich war ich die einzige Geldverdienerin in unserem Haus. Einen kleinen Vorteil hatte Großvaters ableben dann ja doch. Ich musste nun nicht mehr jeden Monat seine teuren Medikamente und die Arztbesuche bezahlen, außerdem Essen und was ein Mensch noch so alltäglich braucht war jetzt nur noch zum Preis für zwei Leute. Und von dem Geld, das von den Schmuckstücken die ich verpfändet hatte noch übrig war, konnte ich Lizzy ein schönes neues Kleid, einen Kuchen und sogar eine Karte für die Freakshow holen. Ich würde mich dann wohl oder übel nächste Woche mit den Freaks auseinandersetzen müssen und zeigen, dass ich es mit Jimmy ernst meinte. Total in Gedanken versunken hatte ich gar nicht gemerkt, dass er sich an mich gekuschelt hatte und nahm erst den Kuss wahr, den er auf meiner Wange platzierte. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und küsste ihn auf die Nasenspitze, woraufhin er lächelte. „Zeit aufzustehen meine Hübsche.", hauchte er und ich spürte seinen Atem auf meiner Haut. Ich nickte leicht doch anstatt aufzustehen blieben wir noch eine Weile so liegen. Es tat so gut ihn hier zu haben. Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte wäre er nicht für mich da gewesen. Der Morgen verlief relativ normal und fast schon als hätten sie darauf gewartet fuhr gerade als wir das Frühstück beendet hatten ein Auto auf dem Hof ein. Ich ging zur Tür und winkte meinem Onkel, meiner Tante und ihren zwei Kindern zu als sie aus dem Auto stiegen. „Max! Adam!", schrie Liz und quetschte sich an mir vorbei durch die Tür. Sie rannte auf die zwei Jungs zu und umarmte sie. Max war in meinem Alter und Adam war zwei Jahre älter als Liz. „Charlotte, du siehst ja so erwachsen aus.", begrüßte mich David. Eigentlich war er mein Großonkel, weil er Mums Onkel war, aber das war mir egal. Er umarmte mich kurz mit seinem rechten Arm, denn der linke war nicht mehr vorhanden, dann fasste er mich an der Schulter und musterte mich von oben bis unten. Wir hatten uns schon Jahre nicht mehr gesehen, da sie sehr weit weg wohnten. „Du bist eine wunderschöne junge Frau geworden, genau wie deine Mutter.", sagte er und schüttelte dabei ungläubig den Kopf. Als er mich das letzte Mal gesehen hatte war ich noch um einiges jünger und unreifer. Er war nach dem Tod meiner Eltern ein paar Wochen hiergeblieben um zu sehen ob ich auch wirklich zurecht kam. Ich war zu der Zeit noch sehr unbeholfen und mittlerweile war ich reifer geworden und hatte gelernt, was es heißt die Verantwortung zu haben. Als nächstes kam Amanda, seine Frau und umarmte mich ebenfalls. Auch sie musterte mich, dann sprach sie mir ihr Beileid aus und David schien plötzlich wieder einzufallen warum sie hier waren. „Wann müssen wir uns auf den Weg machen?", fragte er mich und wirkte nun auch ziemlich bedrückt. „Wir haben noch ein paar Stunden, um 11 Uhr geht es los.", erklärte ich. Nachdem Max und Adam Lizzy in ihrem Redeschwall unterbrechen konnten kamen sie auch zu mir und begrüßten mich. Ich führte sie ins Haus und als sie sich im Wohnzimmer niederließen und ich in Küche gehen und Tee machen wollte kam Jimmy von oben herunter. Er schlich sich, die Hände in den Hosentaschen, am Wohnzimmer vorbei zur Küche und flüsterte nervös: „Ich hab meine Handschuhe nicht dabei." „Die brauchst du nicht, keine Sorge.", versuchte ich ihn zu beruhigen und es schien zu funktionieren. „Ok, wenn du es sagst.", meinte er und lächelte matt. Auch wenn er mir vertraute war er immer etwas unsicher wenn um die Tatsache ging, dass er ein Freak ist. „Stellst du schonmal die Gläser auf den Tisch?", fragte ich und er zögerte. Ich konnte nicht anders als seufzen, ich wollte ihn nicht verletzen, er hatte die letzten Tage so viel für mich gemacht, aber es war mir einfach so rausgerutscht. Schuldbewusst sah er zu Boden, obwohl ihn ja gar keine Schuld traf. Ich nahm seinen Kopf in meine Hände und zwang ihn mich anzusehen, dann gab ich ihm einen kurzen Kuss und nahm die Sache mit den Gläsern selbst in die Hand. Zu meiner Verwunderung folgte mein Freund mir mit der Kanne woraufhin meine Verwandten überrascht aufsahen. Erst weil sie nicht mit ihm gerechnet hatten, dann weil sie seine Hände sahen. Aber ich wusste sie würden nicht voreilig urteilen. Seit David mit schweren Verbrennungen und einem Arm weniger aus dem Krieg zurückkam hatte er ebenfalls viel einstecken müssen. Er hatte mir mal erzählt, dass er oft Krüppel genannt wurde und Schwierigkeiten gehabt hatte einen neuen Job zu finden. Vor dem Krieg war er Lehrer und fand schließlich eine Stelle als Lehrer in einer Schule für Blinde. Denen schien es egal zu sein wie er aussah, sie konnten es ja sowieso nicht sehen. Seit diesen Tagen sprach er sehr hoch von blinden Menschen, weil sie andere nach ihrer Persönlichkeit beurteilten und nicht nach dem Aussehen. So gab es also keine Kommentare oder Berührungsängste als sie Jimmy zur Begrüßung die Hand schüttelten. Viel eher war Jimmy geschockt von Davids Aussehen. Nicht nur, dass ihm ein Arm fehlt, seine linke Gesichtshälfte oder besser seine gesamte linke Seite ist von Narben überzogen, die die Verbrennungen hinterlassen hatten. David bemerkte seinen Blick und lächelte ihn an. „Ich bin im Krieg von einer Granate übel erwischt worden.", erklärte er knapp. Er kannte das schon, er musste es so ziemlich jeder neuen Person erklären die er kennenlernte. „Und du?", fragte er dann und deutete auf Jimmys Hände. Dieser begutachtete sie kurz und antwortete dann: „Ich wurde so geboren. Die Leute nennen mich den Hummerjungen." Er ließ seine Finger wie die Zangen eines Hummers auf und zu gehen und lächelte leicht beschämt. „Interessant. Wo habt ihr euch kennengelernt?", harkte David nach und sah dabei nur ihn an. „Sie hat für die... die Freakshow bei der ich arbeite Sachen repariert." „Freakshow? Ist ja irre. Können wir uns die ansehen?", rief Max plötzlich dazwischen. Jimmy lächelte. „Ja klar, wir haben jeden Abend eine Show, wenn ihr wollt kann ich euch Karten reservieren." „Du musst sie dir ja schon tausend Mal angesehen haben, nicht wahr Charlie?", fragte Amanda auf einmal an mich gewandt. Ich öffnete meinen Mund, doch wusste nicht genau was ich sagen sollte. Ich hatte sie mir ja bisher noch gar nicht angesehen und das obwohl sie schon mehrere Wochen lief. Schließlich schüttelte ich nur meinen Kopf und mied den Blick meines Freundes, doch ich spürte ihn auf mir wie etwas heißes, dass mich durchbohren wollte. Nach ein paar Sekunden peinlicher Stille ergriff David dann wieder das Wort: „Wie ist das so beim Zirkus zu leben? Ihr zieht doch viel umher nicht wahr?" Und so ging das Gespräch immer weiter. Von Jimmys Leben, über Davids Arbeit und die Geschehnisse der letzten Jahre, bis hin zu Lizzys Wurfkünsten beim Baseball. Wir redeten fröhlich durcheinander, bis wir uns fertig machen mussten. Ich half Lizzy ihr Kleid anzuziehen, denn es war schon etwas klein, aber sie hatte kein anderes, das zu einer Beerdigung passte. Ich schickte sie runter ins Wohnzimmer, wo schon Max auf sie wartete. Nachdem ich mich im Bad umgezogen hatte ging ich in mein Zimmer wo Jimmy verzweifelt versuchte sich die Krawatte zu binden. Ich versuchte ein Grinsen zu unterdrücken, was aber nicht sonderlich gut klappte, denn Adam, der sich ebenfalls hier umgezogen hatte, grinste zurück. „Mhpf verdammt!" Jimmy gab auf und starrte wütend auf seine Hände. Er bemerkte mich und sein Blick wurde etwas sanfter, aber wirkte nun traurig. „Warte ich helf dir.", sagte Adam und drehte ihn zu sich. Doch auch er hatte Schwierigkeiten sie zu binden und ich musste laut lachen. Das hatte ich schon seit einigen Tagen nicht mehr gemacht und es fühlte sich so gut an, dass ich gar nicht mehr aufhören konnte. Die beiden sahen mich verdutzt an. „Es ist eine Sache, sich die Krawatte selbst zu binden, aber sie einem anderen zu binden, da muss man erstmal umdenken.", versuchte Adam sich zu rechtfertigen, was mich aber nur noch mehr zum Lachen brachte. „Und diese Klauen sind zu nichts zu gebrauchen.", tat Jimmy es ihm nach, doch auch das brachte mich nicht dazu aufzuhören. Letztendlich konnten die Zwei nicht anders. Sie sahen sich kurz an und prusteten dann los. Als Adam es dann endlich mal geschafft hatte Jimmy die Krawatte zu binden kicherte ich nur noch ein bisschen. Ich begutachtete die beiden und musste feststellen, dass ich Männer in Anzügen sehr attraktiv fand. Adam sah in dem Anzug sehr gut aus, er passte da irgendwie rein. War ja auch kein Wunder, er studierte Bankwesen. Auch Jimmy sah in dem Anzug umwerfend aus und hätte er darin nicht so fehl am Platz ausgesehen wär ich wohl wiedermal rot geworden. Stattdessen versuchte ich mir ein weiteres Grinsen zu verkneifen. Der Anzug stand ihm zwar gut, aber er war nicht der Typ für so eine Art von Kleidung. Ich nahm Jimmy an die Hand und wir drei gingen runter zu den Anderen, die bereits auf uns warteten.
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Was ist daran so schlecht?
FanfictionCharlotte "Charlie" Abbott ist allein verantwortlich für ihre kleine Schwester und ihren senilen, alten Großvater. Als sie sich eines Tages freiwillig für zusätzliche Arbeit bei einer Freakshow meldet um sich etwas dazu zu verdienen, weiß sie noch n...