Chapter 7|•Maybe never•

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"Ich bin hier."stieß Raven murrend hervor, als sie die kleine Arztpraxis betrat. Ihren schlanken Körper hatte sie in eine schwarze, elegante Lederjacke im Bikerstil gehüllt und blickte nun etwas angesäuert in dem Raum umher. Auf dem Boden lagen immer noch die Leichen und der Gestank der Verwesung hing in der Luft. 

Mit dem Anflug eines Lächelns registrierte Klaus, dass sie die Kette trug. Der Saphire schimmerte in der kleinen Kuhle zwischen ihren hervorstechenden Schlüsselbeinen, ihre zarte Haut spannte sich über den Knochen und er wurde an die Ereignisse des letzten Tages erinnert. Ihr Kampf, sie unter ihm, die Chance sie zu töten, wie er sie laufen ließ und ihr zu später Stunde die Kette schenkte. 

"Das waren keine Wölfe."sagte Marcel sachlich, stieß mit der Fußspitze gegen einen der leblosen Körper, der schlaff zur Seite fiel und ein starres, blutverschmiertes Gesicht zu Tage brachte. 

Raven neigte den Kopf und betrachtete die dunklen, leere Augen mit einem schwermütigen, herzlosen Blick. "Hexen."sprach sie gedehnt, hob elegant ihr Bein und stieg über den toten Körper. Die spitzen Bleistiftabsätze ihrer Schuhe machten klackende Geräusche auf dem Holzboden, als sie an den Leichen vorbei stolzierte, das Rückgrat durchgedrückt und den Körper lang gestreckt, sie hatte etwas majestätisches an sich, wie sie kerzengerade durch die abgenutzte Hütte schritt, einen eisernen Ausdruck in den Augen. 

Die beiden Männer kannten diesen abschätzig, kalten Ausdruck, der ihre Gesichtszüge verhärteten. Die Hexer waren ihr vollkommen egal, dieses ganze Treffen war für sie bloß eine lästige Angelegenheit und das vermittelte sie ganz ungeniert in ihrer steifen Haltung und dem desinteressierten Blick. 

Marcel knackte ungeduldig mit dem Kiefer, er fand ihre Show schon immer dekadent überzogen und wäre am liebsten schon zur Tür hinaus. 


1933, New Orleans

Durch den lichtdurchlässigen Spitzenstoff ihres, hautengen Kleides erkannte er die angespannten Fasern ihrer Rückenmuskulatur und wieder frage er sich, was sie wohl zu ihren menschlichen Zeiten getan hatte, um ihren Körper so zu definieren. 

Jedoch sprach sie nie ein einziges Wort über ihre Vergangenheit, er wusste nichtmal ihr Geburtsjahr, aber er hatte kein Problem damit. Er musste ihr nichts von seiner Vergangenheit erzählen, wenn sie ihm nichts von sich preisgab. Marcel kam sich fast vor wie ein neuer Vampir, als hätte er bei ihr ein ganz neues Buch angefangen zu schreiben und ihm gefiel das. Er konnte die Seiten schreiben wie er wollte, konnte sich ins rechte Licht rücken. Natürlich galt das Gleiche für sie, aber so hatte ihre Verbindung etwas herrlich frisches und ehrliches. Denn ein neues Buch hatte keine beschriebenen Seiten. 

"Was tu ich dazu?"fragte sie spitz, den Kopf nach hinten wendend, so konnte er nur die eine Seite ihres Gesichtes erkennen, konnte nur von der Seite sehen wie sie die Lider leicht gesenkt hatte, die roten Lippen sich kräuselten und sie vorwurfsvoll in seine Richtung sah. 

Der jüngere Vampir öffnete den Mund, bekam aber keinen Ton heraus. Ihre unverblümt ehrliche Abweisung warf ihn aus der Bahn, die anmutige Vampirin versuchte nicht einmal zu verschleiern, dass sie keine Lust hatte ihm zu helfen. Sie sagte es ihm auf eine aristokratisch distanzierte Weise offen ins Gesicht. 


Marcel's dunkle Augen bohrten sich gereizt in den Rücken ihrer Jacke, sie hatte ihren wenig zielführenden Rundgang beendet und stand nun in der Mitte des Massakers, wie ein Engel im lodernden Feuer. Heroisch und unnahbar. "Wie hast du sie alle umbringen können, wenn sie Magie anwenden hätten können?"wollte er harsch wissen. 

Raven, die mit dem Rücken zu den beiden stand, dehnte auf seine fordernde Frage hin theatralisch den Hals nach rechts und ließ auf eine Antwort warten, was an Marcel's Geduld zerrte. 

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