Chapter 35|•Jealous are the hurt ones•

195 6 0
                                    

1874, England

Röcke raschelten auf dem Boden, Absätze von Schuhen klackten auf dem Holzboden. Die Paare bewegten sich synchron auf der Tanzfläche und boten den umstehenden Menschen ein Menuett. 

"Dieser Tanz langweilt, finden Sie nicht auch?"fragte eine exquisite Schönheit mit dunklen Haaren, die sie zu einer verschlungenen Hochsteckfrisur arrangiert hat, ihren Tanzpartner. Einen Jüngling von 19 Jahren, der errötet war, als man ihm seine Tanzpartnerin gezeigt hatte. 

Auch jetzt zeichnete sich ein Hauch von Rot auf seinen blassen Wangen ab. "Keiner hört uns, MyLord."verführte sie ihn mit einem spitzbübischen Schmunzeln. Unwillkürlich lächelte er nervös. "Nun ich, ich muss gestehen, es ist ein wenig eintönig."brachte er zögerlich hervor Sie lächelte zufrieden. 

"Ich habe gehört, dass es einen viel aufregenderen Tanz gibt. Er stammt aus Buenos Aires und verbreitet sich in der Welt."schlug sie ihm mit gesenkter Stimme vor, während sie sich von ihm entfernte und wieder einen Tanzschritt auf ihn zumachte. 

"Sie meinen doch nicht den Tango?"stieß er atemlos hervor. Im prüden Europa hatte der Tango noch einen sehr schlechten Ruf. Ein Tanz für die armen Schlucker und Huren, aber wahrlich doch nicht für die gehobenen Bürger. 

"Doch genau den."hauchte sie ihm lasziv zu und drehte sich schwungvoll, zu schwungvoll für das schlichte Menuett. "Miss, es tut mir leid. Aber das kann ich doch unmöglich tun."erwiderte er aufgebracht, doch mit Flüsterstimme, damit niemand ihre frevelhafte Unterredung hörte. 

Ihr Gesichtsausdruck wurde hart, arrogant, sie sah auf ihn herab. "Nun, dann werde ich mir jemanden suchen, der Mann genug ist, mit mir zu tanzen." Ihre Worte waren kalt und setzten wie Schläge mit einer Peitsche. 

Mitten im Tanz ließ sie ihn auf der Tanzfläche stehen und stolzierte zwischen den anderen Paaren hindurch. Der Junge mit den kastanienbraunen Haaren blieb allein zurück.


Raven erwachte in einem einfachen Bett mit einem Holzgestell. Es hatte nichts von der Extravaganz, die ihr King Size Bett in ihrem Apartment hatte. Sie wickelte die Laken um ihren nackten Körper, als sie sich aufsetzte und sich in dem spärlich eingerichteten Zimmer umsah. 

Sie war allein in dem Schlafzimmer. Wie hatte es sie in einen der übelsten und ärmsten Teile New Orleans ins Bett eines Werwolfs verschlagen? 

Die Erinnerungen der vorigen Nacht spielten sich viel zu anschaulich in ihrem Kopf ab. Das war es. Die Vampirin wusste, dass auch die letzten Brücken eingestürzt waren. Es gab kein zurück mehr. Klaus und sie waren Geschichte. 

Die Erkenntnis versetzte ihr einen schmerzhaften Stich, wo ihr Herz schlug. Gleichzeitig spürte sie Wut, Wut auf ihn. Er hatte sie verletzt, nur weil sie ihn schützen wollte und das war der Dank gewesen. 

Raven fasste sich an die Kehle, wo er sie fest gepackt hatte. Sie hatte wirklich geglaubt, er würde sie töten. Das war das erste Mal, obwohl er sie schon so viele Male angegriffen hatte. 

Wieder war sie allein. Allein mit ihrer Trauer um ein Kind, was nie das Licht dieser Welt erblickt hatte. 

Bevor sie in ihre Trauer sinken konnte, betrat Roy den hellen Raum. Er trug eine Jeans, aber sein Oberkörper war nackt. Die Sonne schien durch das Fenster auf seine gestählten Muskeln und ließ die sonnenverwöhnte Haut glitzern. "Hier",er warf ihr ein graues Shirt hin,"vielleicht willst du das anstelle von deinem schicken Kleid anziehen. Frauen in schicken Kleidern werden hier in der Luft zerrissen." 

"Glaub mir, ich zerreisse eher sie. Aber ich werde jetzt gehen, das war keine gute Idee."entgegnete sie trocken und erhob sich mitsamt Decke, die sie wie ein altgriechisches Gewand um ihren Körper geschlungen hatte, vom Bett. "So kam es mir nicht vor."meinte er überrascht.

"Nimm es wie du willst, ich bin um Jahrhunderte älter als du und zu konventionell für sowas. Ich habe schon mehr Werwölfe getötet, als du in deinem Leben gesehen hast. Das war spaßig, aber ich bleibe nicht für Kaffee."seufzte sie matt und griff nach ihrer Abendrobe. 

"Ich dachte eigentlich, du seist die unkonventionellste von den Alten."forderte er sie spielerisch heraus und zuckte mit den Achseln. Daraufhin hielt sie inne und sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. "Es ist ein neues Zeitalter angeschlagen, hat das nicht Klaus gesagt?" Sie musterte ihn mit geneigtem Kopf, wie ein Tier, was sich nicht sicher war, ob der davor ihm zu Fressen oder den Todesstoß geben würde. "Er ist halb Wolf."knurrte sie abfällig und wollte ins Bad gehen. "Bleib und du bekommst die besten Pancakes im Universum."versuchte er sie zu überreden. "Du bist ja wirklich anhänglich."stöhnte sie, aber ohne jeglichen Groll. Der junge Wolf war erfrischend. 

Wenig später saß sie an einem simplen Holztisch und genoss eine Gabel fluffiger, süßer Pancakes mit klebrigen Ahornsirup. "Mh, du hattest recht."stöhnte sie und leckte sich den Sirup von den Lippen. Er beobachte sie schmunzelnd, mittlerweile trug sie doch sein Shirt. Dieses hing locker von ihren schmalen Schultern und ging ihr bis über die Oberschenkel. 

"Bereit die Konventionen über Bord zu werfen?"fragte er sie und fing ein süßes Lächeln auf. "Unkonventionell, ungebunden und ohne jegliche Verpflichtungen?" Argwöhnisch sah sie ihn aus dem Augenwinkel an. "Deal." 


Raven betrat das Rousseaus, nachdem sie bei sich zu Hause eine warme Dusche genommen hatte. 

Mit einem freundlichen lächeln setzte sie sich zu Davina. Dieses erstarb jedoch jäh, als sie die geröteten Augen ihrer Freundin sah. Tiefe Trauer sprach aus ihnen. 

"D! Was ist los? Was hat Kol getan?"wollte sie aufgebracht wissen und war bereit dem Vampir, der jetzt im Körper eines allzu menschlichen Hexers steckte, jeden Knochen zu brechen. "Er ist tot."antwortete sie mit tränenerstickter Stimme. Neue Tränen füllten ihre Augen. Ravens Gesichtszüge wurden milder, als sie die Antwort sacken ließ. Mitgefühl zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, während sie die junge Hexe in die Arme nahm. "Oh D. Es tut mir so leid."flüsterte sie wahrheitsgemäß und strich ihr beruhigend über den Rücken. 

Sie murmelte tröstende Worte und nahm dabei erst viel zu spät wahr, dass Klaus Mikaelson die Bar betrat. Ihr Körper versteifte sich, sie konnte den Blick nicht von ihm lösen. Auch er bemerkte sie und verkrampfte sie auf der Stelle. Er schürzte die Lippen und bedachte sie mit einem harten Blick, er hätte Granit brechen können. 

Die Umgebung schien merklich abzukühlen, während die beiden Vampire sich wortlos ansahen. Die hasserfüllten Blicke schmerzten, doch sie zuckte nicht zurück. Sie würde nie zurückzucken. 

Davina, die merkte, das etwas passiert sein musste, löste sich von ihrer Freundin und wischte sich verstohlen über die nassen Wangen. Langsam drehte sich um und fing den Blick aus seinen dunklen Augen auf, der so kalt war, dass es ihr schauderte. "Was ist denn bei euch passiert?"fragte sie an Raven gewandt, aber ohne den Blick von ihm zu nehmen. Klaus stand noch immer dort und machte keine Anstalten sich zu bewegen.

Raven sog die Luft ein und straffte die Schultern. "Nichts von Bedeutung."antwortete sie kühl und griff nach ihrer Tasche. "Brauchst du noch etwas?",fragte sie freundlicher, woraufhin die Hexe  den Kopf schüttelte,"dann muss ich gehen. Ich habe etwas neues ausprobiert, ich dachte, es sei mal an der zeit für etwas unkonventionelles."antwortete sie spitz und beobachte verstohlen Klaus, der dies hören sollte und zwar jedes Wort. 

Leise hoffte sie, dass immer noch der Geruch von Wolf an ihr haftete. Ihr verletztes Herz verleitete sie, ihm jedes einzelne Detail erzählen zu wollen. Es ihm dick aufzutragen und ihm es heimzuzahlen. 

Erhobenen Hauptes stolzieret sie direkt auf ihn zu und blieb wenige Zentimeter von ihm entfernt stehen. Mit kalter, arroganter Miene griff sie nach der Saphirkette, die er ihr vor einem Jahr geschenkt hatte und zog sie demonstrativ langsam hervor. Er hielt ihrem harten Blick mühelos stand. "Ich denke, es gibt nichts mehr zu danken."spie sie scharf hervor und riss das dünnen Kettchen von ihrem Hals. 

Best of meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt