Kapitel 41

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Die Tage verstreichen.

Ich gehe zum Training, Calum, Luke und ich treffen uns zum Lernen, Lexa und ich skypen wieder mehr und immer öfter schalten wir jetzt auch Isa dazu. Am Wochenende darf ich jetzt nicht immer aber doch relativ oft in der Startelf stehen, wenn ich nicht von Anfang an dabei bin, werde beinah immer in der zweiten Hälfte eingewechselt und die Spiele gehen meist gut für uns aus.
Der Alltag geht weiter. Ich gewöhne mich immer mehr an meine neue Routine – vor allem schaffe ich es all meine Freunde und den Sport und die Schule und meine neue, große Familie immer besser unter einen Hut zu kriegen und dabei nicht verrückt zu werden und noch genug Zeit für mich zu haben.

Aber an eine Sache werde ich mich wohl nie gewöhnen: Obwohl ich jetzt meistens versuche meinen Kleidungsstil ein bisschen weiblich aber locker zu halten, habe ich angefangen mehr auf meine Umgebung zu achten. Mir entgehen nicht mehr die giftigen Blicke anderer Mädchen oder das unverschämte Starren von manch einem Hormongesteuerten Kerl.

Ich versuche, dass es mir nichts ausmacht, aber das klappt nicht so. Nicht zuletzt sind daran meine beste Freundin und auch mein Freund Schuld. Auch wenn Lexa sagt, dass es ihr besser geht und es sie nicht mehr interessiert, dass ich jetzt die hübschere von uns beiden bin – da habe ich heftig protestiert, aber Lexa hat einfach nur abgewunken – merke ich, dass ihr das nicht so ‚am Arsch vorbeigeht' wie sie es schon paar Mal gesagt hat. Ich sehe doch ihre neidischen Blicke, ihren traurigen Gesichtsausdruck, wenn sie auf sich selbst schaut, und mir ist auch nicht entgangen, dass sie sich selbst auf Diät gesetzt hat.

Außerdem macht es ihr trotzdem besonders viel Spaß mich kichernd darauf hinzuweisen, wessen Interesse ich so errege. Oft zupft sie an meinem Shirt und deutet kichernd auf einen Jungen oder ein Mädchen und wispert mir dann zu, dass er seinen Blick nicht von meinem Po nehmen konnte, oder sie beinahe so rot geworden ist wie eine Tomate...

Und das ist der Moment, wo meistens Calum ins Spiel kommt. Dann hält er mich nämlich immer noch fester in seinen Armen, oder schiebt seine Hand an meinen Po oder küsst mich, aber so, dass selbst dem letzten Dummbeutel klar ist, dass er nur zeigen möchte, dass ich seine Freundin bin.

Und er kann mir erzählen, was er möchte. Es mag sein, dass er es in Ordnung findet, dass ich meinen eigenen ‚Zwischenstil' gefunden habe, aber ich merke, dass es ihm nicht zu hundert Prozent passt. Wenn ich in meinen Jogginghosen rumlaufe und dazu nicht gerade ein weit ausgeschnittenes Shirt oder enges Top oder sowas trage, sehe ich die Enttäuschung in seinen Augen. Auch wenn er sich wirklich Mühe gibt es zu verstecken. Das schätze ich auch wirklich. Er will mir zumindest das Gefühl geben, dass er damit einverstanden ist und alles in Ordnung ist, aber ich weiß, dass das nicht so ist und das belastet mich.

Das alles ist einfach echt anstrengend.

Ich kann nicht gut mit Gefühlen umgehen und über sie reden oder sowas, genau deswegen finden viele, dass ich egoistisch rüberkomme und sie denken, dass mir alle anderen egal sind. Aber das stimmt absolut nicht.

Mir war früher die Meinung anderer Leute wirklich egal – mittlerweile nicht mehr ganz so, Lexa, Cal, Isa und Ash haben meine Sinne für andere Menschen wirklich geschärft – aber die Meinung von einigen Menschen war mir nie egal... und zwar war das schon immer die Meinung meines Dads und meiner engsten Freunde. Und das sind nun mal nur Alexa und Calum.

Ich will weder meinen Dad, noch meine beiden Freunde traurig sehen.

Genau deswegen bin ich zwei Monate später praktisch wieder am Anfang angelangt:

Ich ziehe nur noch die kneifenden Skinnyjeans und verschiedene – auch meine – Oberteile an.

Aber ich habe das Gefühl, dass meine Mitschüler sich jetzt endlich daran gewöhnen, dass ich anders aussehe. Ich werde gar nicht mehr mit verwirrten Blicken gemustert und die neugierigen oder neidischen Blicke von ihnen werden auch weniger und ich scheine nicht mehr das beliebteste Tratschthema unserer Schule zu sein.

Tomboy - Calum Hood FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt