Kapitel 54

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In der Schule geht es mittlerweile drunter und drüber.

Unsere Noten hängen nur noch von den Klausuren ab und die sind ja schon geschrieben. Die Lehrer versuchen noch aus unerfindlichen Gründen den Unterricht weiter am Laufen zu halten, aber es hat keinen Sinn. Niemand hört ihnen zu.

Immerhin ist jetzt schon meine letzte Stunde für heute.

Aber auch hier reden die meisten einfach nur miteinander oder schlafen auf ihren Tischen.

Ich hab meinen Kulli in der Hand und starre auf das leere Blatt vor mir, als es mir plötzlich weggezogen wird. Ich schrecke auf und schaue hoch.

„Wirst du krank?"

Ich blinzle Calum verwundert an und runzle die Stirn.

„Nein?"

„Hmpf", macht er und legt mein Blatt wieder vor mich. Er hat sich in seinem Stuhl umgedreht, einen Arm auf die Rückenlehne gelegt und rutscht jetzt näher an meinen Tisch. Er legt sein Kinn auf seinem Arm ab und schaut mich forschend aus seinen braunen Augen an.

„Ganz sicher, dass du nicht krank wirst?", fragt er wieder, aber diesmal etwas leiser.

„Ziemlich", gebe ich kurz angebunden zurück und lege meinen Kulli weg: „Wieso denkst du das?"

Er schenkt mir ein leichtes Lächeln und legt seine Hand auf meinen Tisch.

„Immer, wenn du krank wirst, dann wirst du ganz still und starrst nur noch ins Nichts... Hast du auch schon in der Grundschule gemacht und beim Fußball auch", erklärt er mir und muss auch ein wenig Lächeln.

„Wir kennen uns viel zu lang", sage ich und er lacht leise auf. Seine Hand dreht sich um und er lässt sie mit der Handfläche nach oben abwartend auf meinem Tisch liegen. Vorsichtig lege ich meine in seine und er schließt seine langen Finger um meine Hand.

„Bist du traurig?"

Ich zucke mit den Schultern. Ich will ihm nicht wirklich sagen, was los ist.

Ich kenne Calum. Wenn ich ihm sage, dass ich irgendwie traurig bin, weil er bald für eine ganze Weile weg sein wird, dann könnte es passieren, dass er aussteigt. Und das wäre das dämlichste, was Calum tun könnte. Ich würde das ihm und mir selbst niemals verzeihen.

„Sag schon, was ist?", fragt er und bringt mich zum Seufzen.

Ich suche in meinem Kopf nach einem Grund traurig zu sein, und der fällt mir auch ziemlich schnell ein.

„Ich will für immer Fußball spielen... Was ist, wenn mich wirklich nach dem FC Sydney kein Club übernehmen will? Was mach ich denn dann?", frage ich ihn.

Er drückt meine Hand ein wenig und als ich aufschaue, lächelt er mich aufmunternd an.

„Denk nicht so viel darüber nach, Tay. Du hast noch Zeit und es werden noch Angebote kommen... Ich kann mich nur wiederholen; die Angebote der anderen können auch wieder zurückgezogen werden. Eine Verletzung und sie sind raus", sagt er, aber so richtig aufmuntern tut es mich nicht.

„Und wenn ich mich verletze, kann ich es komplett vergessen. Dann kann ich Kassiererin werden", schnaube ich und rolle mit den Augen.

„Quatsch!", lacht Calum auf: „Das wird schon alles. Seit ich denken kann, hab ich dich auf dem Fußballplatz gesehen und das wird sich nicht ändern. Jeden den du fragst, der sagt, dass egal was kommt, du wirst später einmal für einen großen Club auf dem Rasen stehen und die Starspielerin sein."

Ich weiß, dass das nichts an meinen Chancen ändert, an eine Karriere ranzukommen, aber trotzdem tun seine Worte gut und obwohl es im Moment nicht das eigentliche Problem ist, bessert es meine Laune und ich kann Calum viel ehrlicher anlächeln.

Tomboy - Calum Hood FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt