Kapitel 17. /- „Warum wurde ich von dir gemobbt?"

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Als wir fertig gegessen haben trugen wir die Teller zurück in die Küche und gingen in unsere Zimmer.
Bevor ich jedoch ins Zimmer ging hielt mich ein Arm fest und drückte mich gegen die Wand. Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter.

Was wollt er denn? Hoffentlich sagte er den anderen nicht, wie ich gemobbt wurde. Ich wollte nicht als Loser hingestellt werden. Als kleines, feiges Kind, das sich nicht verteidigen konnte. Ich war so froh das hinter mir zu haben und wollte dies nicht nochmal erleben. „Was willst du?“, motzte ich ihn an und versuchte selbstbewusst und uneingeschüchtert zu wirken. Doch Leo grinste hinterhältig und kam mir näher. Es war kein freundliches Lachen, es war ein gefälschtes, böses Lachen. Er schüchterte mich ein. Die wichtigste Frage: >Was willt er damit bezwecken?<  „Angst?“, fragte er belustigt und einschüchternd. Ich schluckte einen Klos hinunter. Nun öffnete ich die Tür und trat hinein. Ich beschloss einfach mal ehrlich zu sein? „Was hab ich dir getan? Du hast mit dem Mobbing meine Kindheit zerstört! Was?“, fragte ich mittlerweile schon zornig und halb schreiend. „Du hast meine Halbschwester in den Rollstuhl gebracht!“, schrie er mich diesmal an. Autsch, das wollte ich jetzt nicht hören. Ich wusste nicht, dass sie seine Halbschwester ist. Ich hatte deswegen richtig Schuldgefühle. Wie konnte ich all die Jahre nicht einmal herausfinden, das Michelle seine Halbschwester war? Es musste Michelle sein. Ich hatte kein anderes Mädchen in den Rollstuhl gebracht.

-Flashback:-

Ich war acht Jahre und Michelle erst sieben. Sie wäre die nächsten zwei Tage acht geworden. Michelle und ich waren beste Freunde. Ich und sie wohnte in der selben Siedlung und trafen uns fast täglich. Wie waren unzertrennlich. Doch dann passierte etwas schreckliches. Wir spielten Fußball, als ich ihr den Fußball zugeschossen hatte, rollte er aber versehentlich auf die Straße. Michelle rannte den Ball sofort hinterher. Ich wollte ihr noch nach schreien, das ein Auto käme, doch sie rannte und rannte. Das dunkelrote Auto konnte nicht mehr bremsen und fuhr Michelle an. Ich habe heute noch das blutige Bild vor Augen. Wie sie dort hilflos und verletzt lag, und ich daran Schuld war. Hätte ich den Ball nicht geschossen, wäre sie jetzt nicht im Rollstuhl. Im Krankenhaus, stellte sich dann heraus, dass sie nie mehr gehen könnte. Ich durfte sie nicht mal besuchen. Ihre Mutter hatte mir den Umgang strengstens verboten. Sie wechselte sogar die Schule. Als einzige konnte mich Oma aufmuntern. Sie kümmerte sich um mich, wenn die Eltern arbeiteten, doch aß fasst nichts und wurde untergewichtig. Ich hasste mich selbst. Dabei war ich erst acht Jahre alt.

-Flashback Ende-

Ich hatte Tränen in den Augen und sah zu Boden. „Es war ein Unfall und ist lange her!“, versuchte ich langsam mich raus zureden. Ich konnte ihn nicht mehr in die Augen sehen. „Du hast doch keine Ahnung!“, rief er mir entgegen und wandte sich ab. „Du wirst dir wünschen nie geboren zu sein!“, rief er noch und verschwand. Langsam schloss ich die Tür und rutschte zu Boden. Dann zog ich die Füße an und legte meine Arme darauf.

Kurz darauf jedoch öffnete Tim die Tür. „Hey was ist los?“, fragte er besorgt als er mein verheultes Gesicht sah. Ich saß noch immer am Boden und schüttelte den Kopf. Ich war schuld, dass Michelle im Rollstuhl saß. Ich alleine. Er würde mich hassen. Langsam kam er auf mich zu und setzte sich neben mich. Ich drehte meinen Kopf weg und sah zu Boden. Warum musste er immer ausgerechnet dann da sein, wenn es mir mies ging? Ich lächelte ihn an was sagen sollte, dass er sich nicht sorgen musste und es mir gut ging, doch er schüttelte den Kopf und nahm mich in den Arm. Ich heulte mich jetzt richtig aus. Immer mehr Tränen flossen. Sein Shirt war mittlerweile schon ganz feucht von den Tränen.

„Danke!“, nuschelte ich nach geringer Zeit und setzte mich aufrecht. Eine ganze Weile saßen wir so da und sagten nichts. Ich war froh, dass er keine Fragen mehr stellte.

Plötzlich klopfte es an der Tür. War es Leo? Oder etwa Luca? Unsicher und auch ein bisschen ängstlich sah ich zur Tür. Soll ich sie öffnen?

Diese Entscheidung wurde mir dann aber von Tim abgenommen. „Ich geh schon!“, meinte er mitfühlend und öffnete die Tür. „Ist Jessica da?“, hörte ich eine vertraute Stimme. Augenblicklich lief sie auf mich zu und bergrüßte mich freundlich: „Hallo-o“ Ich erwiderte ihre Umarmung und setzte gezwungenermaßen ein Lächeln auf. Sie war jetzt so gut gelaunt, ich wollte ihr die Stimmung nicht verderben. „Wieso hast du eigentlich so gute Laune?“, fragte ich verwirrt und ein bisschen verwundert.   „Meine Eltern habeen Geburtstag und ich gehe dieses Wochenende nach Hauusee!“, sang sie schon förmlich und schon viel zu hoch. Ich freute mich natürlich für sie. Sie liebte ihre Eltern über alles. Genauso, wie ich meine.

„Oh!“, war das einzige was ich rausbekam. Das war für mich eine schlechte Nachricht. Wenigstens wären wir dieses Wochenende wieder im Internat, wo ich Melissa hatte. Fragend musterte sie mich:„ Hab ich irgendwo gestört?“ Du siehst irgendwie anders aus. Alles okay.“ Ich bekam nur ein knappes "Sicher", raus und nickte mit ein gezwungenen Lächeln. Die Vergangenheit hatte mich eingeholt. Sie würde mich hassen. Tim würde mich hassen. Einfach alle würden mich hassen, soviel stand für mich fest. Dann würde ich wieder gemobbt werden und schweife wieder zu Selbstmordgedanken ab. Aber so weit durfte ich gar nicht erst denken. Ich vertraute Jenny erst einmal, wir waren Freunde. „Halloo!“, wedelte Jenny mit ihrer Hand vor meiner Nase hin und her. „Hmm?“, gab ich von mir und widmete Jenny wieder meine vollste Aufmerksamkeit. „Ich gehe dann mal!“, räusperte sich Tim und ging wahrscheinlich zu seinen Freunden. Ich nickte wieder und sah Jenny durch dringlich an. „Jetzt sag schon!“, drängelte sie mich besorgt. „Es ist nichts!“, log ich weiter. Doch als ich sah, dass sie mir nicht glaubte fügte ich „Ich will darüber jetzt nicht reden!“ dazu. Für einem Moment blieb es still. Jeder hing seinen Gedanken nach. Hasst sie mich jetzt? „Okay!“, gab sie schließlich nach. Dankend lächelte ich sie an und umarmte sie. "Was ist sie nur für eine tolle Freundin? Womit habe ich sie und Melissa bloß verdient?", dachte ich mir. Wenn sie nur wüssten.

Eine kleine Träne lief mir die Wange hinunter. Die Schuldgefühle wegen Michelle fraßen mich auf, seit diesem Unfall. Ich hatte Angst es irgendjemandem zu erzählen. Aber die Worte von Leo schüchterten mich ein:

„Du wirst dir wünschen nie geboren zu sein!“, sagte er.

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Merry Chrismas! 🎄🎁🎀🎹
Hii, hier ist mal wieder ein neues Kapitel. Danke für die unglaublichen 945 Reads💙. Wie glaubt ihr wird die Story weitergehen? Was hält ihr von Michelle und Leo? Schreibt es mir in die Kommis.    🔽
Canonym (Carina)

1113 Wörter

Jessica  #wattys2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt