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Ich werde wach und spüre zunächst meinen linken Arm gar nicht. Ich bekomme Panik. Mein Arm? Mario?
"Ist alles in Ordnung?", fragt mich eine Schwester plötzlich. Sie sitzt mit im Raum.
"Alles ok... Wo ist mein Freund?"
"Er darf hier nicht rein. Es ist der Extra-Aufwachraum. Hier darf immer nur das Personal rein. Wir werden Sie aber gleich auf ihr Zimmer bringen.
Wir warten noch die Erlaubnis vom Arzt ab".
Genau in dieser Sekunde kommt mal wieder der Arzt herein.

Wenig später liege ich auf dem Zimmer und Mario kommt rein.
"Wie geht es dir?", er beugt sich zu mir runter und küsst mich.
"Ganz gut, aber wir müssen reden!".
Mario nickt und setzt sich mit auf mein Bett.
"Ich habe diesen Mann kennengelernt, da war ich 19. Wir hatten uns schon mal in einer Fernsehshow getroffen. Und dann war da in Hamburg eine Preisverleihung. Er war dort mit seiner Freundin, beziehungsweise Ex-Freundin. Sie haben sich auf der Preisverleihung getrennt. Die Tage darauf haben wir uns in der Stadt getroffen und uns dann verabredet. Wir hatten viel Spaß und wir haben uns verliebt. Und dann haben wir eine Nacht miteinander verbracht. Dann musste er in sein Heimatland, wegen Terminen und seiner Familie. Wir haben uns drei Monate nicht gesehen und als wir uns dann wieder gesehen haben, da waren wir immer noch glücklich. Und dann kam heraus, dass ich schwanger war. Wir hatten zudem beide eine Einladung für die gleiche TV-Show. Es war echt super schön, diese Erfahrung mit der Show und ich habe ihn geliebt...", ich erzähle alles ruhig und auch Mario ist ganz ruhig.
Ich hole tief Luft, ehe ich weitererzähle: "Beim Finale der Show haben wir dann der Welt unser Geheimnis gezeigt und er hat mir einen Antrag gemacht. Und es war echt ein wundervoller Moment. Wir sind dann zusammen in sein Heimatland geflogen, haben dort Weihnachten verbracht und wollten einen Monat vor der Geburt wieder nach Deutschland zurück. Naja... es kam alles anders!", ich stocke.
"Willst du mir sagen, wer er ist?", fragt Mario.
"Ich erzähle es dir erst noch zu Ende. Aber ich werde es dir auch sagen, wenn es so weit ist. Und ich will, dass du weißt, dass ich Dich liebe! Das was passiert ist, ist ein Teil von mir. So wie deine Ex ein Teil von dir ist..."
"Auch wenn es nicht ganz so schön war!", Mario deutet auf meine Schulter.
"Ja, es war echt schön mit meinem Ex. Aber es ist noch schöner mit dir!", ich sehe ihn an. Er lächelt.
"Erzählst du weiter?", er sieht mir zu und nimmt meine Hand.
"Er hatte einen Termin und ich war allein bei ihm Zuhause. Und dann ging es plötzlich los. Ich habe ihn nicht erreichen können und ich konnte keinen der Ärzte verstehen, sie haben nur wenig Englisch gesprochen und ich konnte ihre Sprache nicht verstehen. Ich habe einfach nichts kapiert und auf einmal war mein Sohn da.
Er war so hübsch und...", ich muss schlucken.
"Ich glaube, du wärst eine super Mutter!", Mario sieht mich an, er lächelt.
"Einerseits, wäre das nicht passiert, wäre ich dir nie begegnet. Und ich hätte nie so einen wundervollen Mann kennen und Lieben gelernt. Ich wäre natürlich nicht unglücklich gewesen. Aber das wichtigste, ich hätte ein wundervolles Kind gehabt! Er ist gestorben! Nach einem Tag meinten die Ärzte, er hat eine unterentwickelte Lunge, eines der einzigen Dinge die ich kapiert habe. Es gab die Möglichkeit ihn auf eine Transplantationsliste zu setzen. Aber finde mal eine Lunge in so einer Größe! Und dann habe ich mich dafür entschieden ihn nicht leiden zu lassen! Ich habe meinen Sohn verloren! Er ist in meinen Armen gestorben!", die letzten Worte kommen nur unter Schluchzen aus mir raus. Die Erinnerung daran ist viel zu stark.
"Es tut mir so leid...", flüstert er.
Er drückt meine Hand.
"Wo war er?"
"Er ist am Abend der Geburt gekommen. Er hatte einen Termin und hat seine Ex getroffen. Ich war natürlich mega sauer, aber er hat sich nur noch einmal bei ihr entschuldigt und ein paar Dinge aufgeklärt, da die beiden auch beruflich noch was zu klären hatten. Und ich glaube ihm...
Danach war er auch da, auch wenn er mir geholfen hat alles zu verstehen, ich habe nicht richtig zuhören können. Ich konnte einfach nicht...", ich weine immer noch, "Und dann habe ich Schluss gemacht. Es war irgendwie nötig. Aber wir haben noch Kontakt...".
"Ich wusste nicht, dass du so eine Last mit dir trägst... Es tut mir leid, dass ich erst sauer war!", Mario küsst mich. Dann wischt er meine Tränen weg.
Plötzlich klopft es. Mario steht auf und öffnet die Tür.
"Hey!", Manu kommt rein, dicht gefolgt von Thomas, Basti und Jerome.
"Wie geht's?", Basti setzt sich auf das kleine Sofa im Zimmer.
"Schönes Zimmer!", Thomas schaut aus dem Fenster, "Privat Patient zu sein ist doch immer noch am tollsten!".
"Ihr seid so verrückt!", ich lache, doch mein Schulter schmerzt schon wieder.
"Alles ok?", fragt Mario.
"Es geht... meine Schulter tut nur weh!"
"Wie behindert kann eine Person eigentlich sein? Hat sie dich noch viel beschimpft?", Manu lenkt das Thema wieder auf den Grund meiner Verletzung.
"So wie immer halt. Aber ich will nicht mehr an sie denken. Ich werde sie anzeigen, vor Gericht gegen sie aussagen, ihr Verbote erteilen! Sie wird mir nichts mehr antun, denn jetzt werde ich konsequent sein!", ich halte meine Schulter fest. Der dicke Verband schützt sie zwar, dennoch tut sie weh.
"Wir helfen dir!", meint Jerome.
"Ist wirklich alles in Ordnung?", fragt Mario erneut. Er sieht, dass ich Schmerzen habe.
"Ich will nur was schlafen, es war ein anstrengender Tag...".

Liebe bekommt keinen ElfmeterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt