Part 44

2.5K 213 61
                                    

"Also erstmal musst du deine Beine beim Stehen mehr überkreuzen. Jegor war viel weiblicher.
Ja, genau so, jetzt nur noch - nein! Verdammt, kannst du nicht einfach so stehen wie ich es dir sage?!"

Ivan schnaubt gestresst und ich muss mich zurückhalten, dem Hünen nicht etwas Böses an den Kopf zu werfen. Ich bin nun schon seid einer Stunde in seiner Villa und die ganze Zeit tun wir nichts anderes, als meine Haltung und mein Benehmen dem von Jegor anzupassen.

Mittlerweile sind meine Nerven überstrapaziert, da Ivan mir nicht nur Angst macht, sondern ich auch nichts so hinkriege, wie ich soll.

"Nochmal. Geh jetzt den Gang entlang und komm wieder zurück. Los," weist mich Ivan an und ich verziehe missmutig mein Gesicht. Trotzdem versuche ich meinen Körper femininer zu bewegen, als ich es sonst tue, aber Ivan ist es wie immer nicht recht.

"Du sieht zu null Prozent sexy aus. Sicher das Zayn dann mit dir schlafen will? Du bewegst dich wie ein übergewichtiger Stein in einer Sandwüste. Nämlich einfach nur plump und unerotisch," gibt Ivan seinen unfreundlichen Kommentar ab.

Angepisst drehe ich mich zu ihm um und bin drauf und dran ihm an den Kopf zu werfen was für ein undankbares, egoistisches, widerliches, Psycho-Arschloch ist - aber der Hüne verschränkt nur seine Arme und sieht mich mit diesem einen Blick an. Dieser eine Blick, der ganz klar sagt: Ich bin der Boss und habe dich in der Hand. Widersetz dich besser nicht.

Ich schlucke meine bösen Wörter herunter und beginne wieder, den Gang weiter zu laufen. Diesmal mit noch mehr Popogewackel und ich habe das Gefühl, ich bekomme schon bleibende Schäden vom Hüfteschwingen.

Ich drehe um und laufe jetzt frontal auf Ivan zu, der schon viel zufriedener schaut.
"Und jetzt gib mir noch diesen einen Jegor-Blick," fordert er und sieht nahezu begeistert aus, als ich ihn verliebt - glücklich anlächele.

Mensch, Ivan hätte Juror bei Germanys Next Topmodel statt Drogenboss werden sollen.

"Ich denke, bei dem Laufen haben wir schon einen guten Anfang gemacht. Du siehst zwar immer noch unmöglich aus, aber es ist akzeptabel und geht in die richtige Richtung."
Ivan klatscht einmal in die Hände und ich würde ihm am liebsten ganz woanders eine klatschen.

"Üben wir jetzt deinen Akzent. Jegor war wesentlich mehr Russisch als ich und hat das 'R' auch deutlich mehr gerollt. Selbst in seiner letzen Zeit in Deutschland...also sprech mal mit mir," fordert er und ich sehe ihn gestresst an.

"Was soll ich denn sagen?," frage ich und er schnaubt genervt. "Irgendwas mit viel 'R'. Und du musst die Buchstaben manchmal verschlucken."
Ich fühl mich wie in einem Sprachkurs, nur das dir hier beigebracht wird, wie du es nicht aussprechen sollst.

"Rrosen grrünen nurr im Sommerr, Rrutschen brrechen immerr durrch, rrodelnde rrabauken nurr im winterr und rrasende rrowdys zwischendurrch."

Ich denke ich habe noch nie so einen unsinnigen Satz mit so vielen 'R's gesagt. Applaus bitte für meine spontanen Sprachkünste. Und es reimt sich sogar!

Ivan feiert mich scheinbar nicht so hart, denn sein Gesicht wird leicht rötlich und er schaut mehr als nur entsetzt.
"Was. War. Das? Du klangst wie ein Pole, aber nicht wie ein Russe!"

"Gibt es da denn einen Unterschied?," frage ich verwirrt und prompt beginnt meine Wange zu brennen. Ivans Hand ist zu einem zweiten Schlag erhoben, aber ich ducke mich schnell weg.

"Tut mir ja le-"
"Wie kannst du es wagen, Russland und Jegors Akzent so in den Dreck zu ziehen du mieses Stück Scheisse?," brüllt er und packt mich grob am Arm.

Seine gute Laune ist wie weggeblasen, stattdessen sehe ich wie er mit der Faust ausholt und kurz darauf mein Kopf beginnt wie verrückt zu pochen. Ich lege schützend eine Hand über mein Auge, aber werde sofort von Ivan gegen eine Wand geschleudert.

Ich zische schmerzerfüllt auf, als meine Wirbelsäule mit dem harten Grund Bekanntschaft macht und Rutsche zu Boden.
"Wag es nie wieder," flüstert Ivan, der mir bedrohlich näher gekommen ist.

Heiße Tränen wollen sich den Weg aus meinen Augenlidern bangen, aber ich halte sie gerade noch so zurück. Der Schmerz in meiner Wange ist unerträglich und ich schluchze einmal auf.

"Ivan? Ivan, lass der arrmen Junge in Rruhe!," ertönt auf einmal eine dunkle Stimme am anderen Ende des Flurs und ich erkenne sie sofort als Serejs. Mein Retter in der Not eilt auf mich und Ivan zu und schiebt den Hünen ein Stück von mir weg.

"Was soll das, lass das Sergej! Geh wieder arbeiten oder so!," brüllt Ivan und der Angesprochene zuckt einmal zusammen. Trotzdem hält er Ivans Arm weiterhin beruhigend fest und schüttelt den Kopf.

"Was verdammt willst du von mir, Sergej?," mault Ivan und sieht ihn angepisst an. Mich hat er kurz vergessen, sodass ich mich etwas aufsetzen kann und kurz meine schmerzende Wange reibe. Das wird ein blaues Auge geben, aber halb so schlimm.

"Lassen Junge in Frrieden. Finden besserre Puppe," meint Sergej beschwichtigend, aber Ivan zieht lediglich unbeeindruckt eine Augenbraue hoch.
"Wir müssen erstmal wen finden, der so ähnlich aussieht wie Jegor, und da gibt es nun mal nicht viele auf der Welt."

"Aberr Sie haben Geld fürr Operrationen," argumentiert Sergej und Ivan legt den Kopf schief.
"Das stimmt. Und Liams Akzent und Bewegung ist auch nicht das beste, man kann es schon als grauenvoll bezeichnen. Aber wir müssten erstmal wieder jemanden so in die Mangel bekommen, das der es gezwungenerer Maßen mit sich machen lässt," gibt Ivan zu bedenken.

"Vielleicht jemand machen frreiwillig?," meint Sergej hoffnungsvoll und Ivan lacht höhnisch.
"Warum sollte jemand freiwillig eine Kopie für mich werden?"
"Vielleicht...aus Liebe?"

Sergej schaut Ivan tief an und beißt sich einmal auf die Lippe. Das darf ja nicht wahr sein. Entsetzt blicke ich zu dem Russen, der aber nur Augen für Ivan hat. Dieser schaut ebenso wie ich und scheint keinerlei klären Gedanken fassen können.

Deshalb wollte Sergej mir also helfen, von Ivan loszukommen. Nicht, damit ich ein normales Leben führen kann, sondern damit er eine Chance bei dem Hünen hat. Und er wollte mich am Anfang los werden, weil ich mich zwischen ihn und sein Ziel gestellt habe.

Er würde für Ivan die Rolle von Jegor einnehmen und seine eigene Persönlichkeit aufgeben, nur um mit dem Hünen zusammen sein zu können. Das muss Liebe sein, denke ich, als mir das erste Mal auffällt, wie Sergej Ivan eigentlich immer angeschaut hat.

"Sergej...ich...," stammelt Ivan und ich sehe ihn das erste Mal verblüfft. Der Angesprochene senkt beschämt den Blick und lässt Ivan los, der aber sofort zu Sergejs Taille greift und diesen wieder dicht an ihn ran zieht.

"Du würdest also wirklich meine Puppe werden und mich so lieben, wie es Jegor getan hat?," fragt Ivan flüsternd und Sergej nickt bestätigend. Ich halte gespannt die Luft an, als ich sehe wie der Ivan sich langsam zu dem Kleineren runterbeugt und ihm beinahe zärtlich übers Gesicht streicht.

"Wir müssten gar nicht so viel ändern. Den Akzent, die Bewegung und die Liebe hast du. Fehlt nur noch das Gesicht, aber das kommt noch," murmelt Ivan und fährt mit den Fingerspitzen über Sergejs Lippen.

Dieser bekommt sofort eine Gänsehaut, das sehe selbst ich von meinem Platz vom Boden aus. Auf einmal habe ich das Gefühl, in etwas ganz Intimes reingeplatzt zu sein und möchte am liebsten meinen Blick abwenden, aber ich kann nicht.

Viel zu sehr bin ich gespannt auf Ivans Reaktion. Wenn er wirklich Sergej wählt, wäre ich frei und Sergej hätte sein Glück gefunden.

"Ich denke, du solltest gehen, Liam. Du brauchst nicht wieder kommen. Fahr mit dem Bus oder so, mein Serg- Jegor hat keine Zeit so jemanden wie dich zu fahren," murmelt Ivan und greift nach Sergejs Hand.

"Du weißt ja wo die Haustür ist," ruft er mir noch zu und zieht Sergej dann in eines der unzähligen Zimmer auf diesem Flur. Ich sitze immer noch total überfordert auf dem Boden und weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.

Ich bin Ivan los.
Danke Sergej.

Make Me LaughWo Geschichten leben. Entdecke jetzt