Das Vorstellungsgespräch

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Hermines Sicht:

Wie viele Vorstellungsgespräche muss ich denn noch über mich ergehen lassen...? Leise seufzend nehme ich einen weiteren Stapel mit Bewerbungen. 10 Leute waren schon da und haben sich vorgestellt, aber so richtig gut war niemand. Entweder hatten sie nicht die entsprechenden Qualifikationen oder die falsche Einstellung.

Warum nur finde ich niemand passenden? Langsam wird mir die Arbeit zu viel. Ich brauche eine Hilfe, der ich vertrauen kann.

Ich sehe mir die nächste Bewerbung an. Susan Bott, 34 Jahre, ausgebildete Aurorin. Hört sich vielversprechend an. Ich nehme ein Stück Pergament und eine Feder und lade sie für morgen zu einem Vorstellungsgespräch ein. Meine kleine braune Eule Wilma nimmt die Pergamentrolle und fliegt davon.

Die übrigen Vorstellungsgespräche hat mein Chef, Mr. Monroe, verabredet. Heute stehen noch drei in meinem Terminkalender.

Der erste ist Tilo Wilks. Er müsste in 2 Minuten da sein. Genau als ich das denke, klopft es auch schon an der Tür.

Ein Blick auf den etwa 50 Jährigen genügt um zu wissen, dass er nicht in unser Team passt. Er hat doch sehr altertümliche Ansichten über die Arbeit bei der magischen Strafverfolgung. Mit einem Lächeln verabschiede ich ihn bereits nach 10 Minuten und sage ihm, dass wir uns melden.

20 Minuten habe ich bis zum nächsten Termin. Genug Zeit, um schnell in das Café im dritten Stock zu verschwinden und mir einen Kaffee und ein Stück Kürbiskuchen zu besorgen. Den Kaffee trinken ich bereits auf dem Weg zurück in mein Büro. Der Kuchen muss warten, denn mit Erschrecken stelle ich fest, dass bis zu meinem nächsten Termin nur 5 Minuten bleiben und ich mir die Akte noch gar nicht angeschaut habe.

Ich eile aus dem Fahrstuhl als dieser auf meiner Etage hält und renne dabei fast jemanden um. Hastig entschuldige ich mich und blicke auf.

Dann erstarre ich. Vor mir steht plötzlich Draco Malfoy.

"Malfoy?", frage ich überrascht.

Auch er schaut verwirrt, als er mich erkennt.

"Hallo Granger! Was machst du denn hier?", antwortet er perplex. "Ich arbeite hier", entgegne ich. "Und was machst du hier?"

"Nicht das es dich was angeht, aber ich habe ein Vorstellungsgespräch für eine Stelle bei der magischen Strafverfolgung", meint er schnippisch und mustert mich von oben bis unten.

Mir bleibt der Mund offen stehen. Malfoy war mein nächster Termin? Das kann doch nicht wahr sein. Was hat sich Mr. Monroe nur dabei gedacht, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Der hat doch nie im Leben die richtigen Qualifikationen, außerdem war er ein Todesser.

"Hat es dir die Sprache verschlagen, Granger?", fragt mich Malfoy überrascht.

Plötzlich finde ich meine Worte wieder. "Genau genommen geht es mich sehr wohl etwas an, dass du hier bist. Ich führe dein Vorstellungsgespräch."

Jetzt ist es an Malfoy mich mit offenem Mund anzuschauen. "Du arbeitest in der Abteilung für magische Strafverfolgung und führst mein Vorstellungsgespräch? Das kann doch nicht wahr sein." Den letzten Satz flüstert er nur noch und schüttelt den Kopf.

"Ich bin professionell genug über unsere Vergangenheit hinwegzusehen, wenn du es auch bist", entgegne ich trocken. "Können wir dann jetzt starten?" Er nickte benommen und ich weise ihn mit einer Handbewegung in Richtung meines Büros. Ich setze mich hinter meinen Schreibtisch und bitte ihn davor Platz zu nehmen.

Nervös blickt er sich um. "Also warum hast du dich für die Stelle beworben?", beginne ich mit meinen Fragen. "Ich habe in den letzten zwei Jahren die Ausbildung durchlaufen, allerdings in den USA", beantwortet er meine Frage.

"Warum hast du deine Ausbildung nicht hier gemacht? Und was hast du in den Jahren zwischen der Schule und der Ausbildung gemacht? Hast du deinen Schulabschluss eigentlich nachgeholt?"

"Ja, ich habe ihn nachgeholt, allerdings von zu Hause aus. Meine UTZ-Prüfungen habe ich hier im Ministerium abgelegt. Danach habe ich eine Weltreise gemacht. Ich wollte einfach raus, meine Vergangenheit hinter mir lassen und allem entfliehen. In den USA bin ich hängengeblieben und zwar in Washington. Dort wurde mir ein Ausbildungsplatz angeboten."

"Warum kommst du jetzt zurück?"

"Ist das wichtig?" Kurz starre ich ihn an. "Natürlich ist das wichtig."

"Nun gut, mein Vater ist in Askaban gestorben. Und das hat er auch verdient. Aber meine Mutter ist ganz allein. Ich vermisse sie und ich vermisse meine alten Freunde."

Diese Antwort habe ich nicht erwartet, muss ich gestehen. Ich bin ein bisschen perplex. Ich richte meinen Blick auf seine Akte die ich herangezogen habe und überfliege sein Zeugnis der Ausbildung. Perfekter Abschluss. Überall Bestnoten. Empfehlungen von -ich zähle schnell durch- 5 Professoren. Plötzlich stutze ich. Da ist ein Brief. Die Handschrift kommt mir bekannt vor.

Lieber Mr. Monroe,

Mit diesem Brief sende ich Ihnen meine persönliche Empfehlung. Mr. Malfoy wäre der perfekte Kandidat für die freie Stelle bei der magischen Strafverfolgung. Er hat alle nötigen Qualifikationen, er scheut nicht vor Arbeit und durch seine Vergangenheit hat er die richtige Einstellung für diesen Beruf. Es wäre schön, wenn Sie ihn in Betracht ziehen.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. M. McGonagall

Schulleiterin von Hogwarts

Ich kann es nicht fassen. McGonagall hat ihm ein Empfehlungsschreiben geschrieben? Sie weiß doch, wie er ist. Ich starre immer noch auf den Brief.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist. Plötzlich räusperte sich Malfoy. "Wirst du mir noch weitere Fragen stellen oder weiter auf meine Akte starren?"

"Ich bin nur überrascht über deine Akte", sage ich. "Und warum?", entgegnet er. "Das Empfehlungsschreiben von Prof. McGonagall."

Jetzt sehe ich, wie er eine Augenbrauen hebt und mich fragend ansieht. Ich bin überrascht. Er scheint nicht zu wissen, wovon ich spreche. Ich reiche ihm den Brief und beobachte gespannt seinen Gesichtsausdruck. Ich sehe wie er die Zeilen liest und ein ungläubiger Ausdruck auf seinem Gesicht erscheint. Er scheint wirklich nicht gewusst zu haben, dass Prof. McGonagall ihm diese Empfehlung geschrieben hat. Langsam lässt er das Stück Papier sinken und starrt mich an.

"Ich verstehe das nicht. Warum hat sie das geschrieben?"

"Sie scheint in dir etwas zu sehen. Und ich frage mich was?" Er blickte mir in die Augen. "Malfoy, ich sehe, dass du gute Noten hast und viele Empfehlungen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob du der richtige für die Stelle bist. Ich denke,..." Malfoy unterbricht mich: "Ich dachte du würdest die Vergangenheit außen vor lassen." Ich starre in perplex an. Da hat er Recht, das wollte ich. Aber es fällt mir schwer. Schließlich haben wir uns in der Schule verabscheut. Er hat mir das Leben zur Hölle gemacht. Bei jeder sich passenden Gelegenheit hat er mich beschimpft oder als Schlammblut bezeichnet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir zusammen arbeiten können. Ich muss meinen Kollegen schließlich 100 prozentig vertrauen können.

"Hör zu Malfoy, hältst du das wirklich für eine gute Idee hier anzufangen. Du müsstest mit mir zusammenarbeiten und mir vertrauen. Und wir beide wissen ja, wie sehr du mich hasst. Ich bin ja nur ein dreckiges wertlosen Schlammblut." Malfoy zuckt zusammen als ich meine Worte ausspreche. "Ich habe mich geändert." Ist seine schlichte Antwort. Er merkt wohl, dass mir das nicht reicht. "Ich bin nicht wie mein Vater und seit er in Askaban ist, kann er mir auch nicht mehr seinen Willen und seine Denkweisen aufzwingen. Ich lege keinen Wert mehr auf die Abstammung. Ich habe gelernt, dass es wichtigere Dinge gibt. Ich möchte diesen Job unbedingt. Es ist mein Traum, meine Fehler von damals wieder gut zu machen." Er macht eine kurze Pause und wiederholt noch einmal leise: "Ich bin nicht wie mein Vater."

Ich bin ehrlich überrascht, diese Worte aus Malfoys Mund zu hören. In mir sind immer noch Zweifel, aber McGonagall scheint zu glauben, dass er sich geändert hat. Malfoy sitzt auf dem Stuhl und starrt auf seine Hände.

"Ich habe noch zwei Vorstellungsgespräche. Morgen werde ich mich bei dir melden", sage ich und stehe auf.

Malfoy sieht mich immer noch nicht an. "Danke, Granger." Mit diesen Worten verlässt er mein Büro. Verwirrt Blicke ich ihm hinterher.

Das Leben danachWo Geschichten leben. Entdecke jetzt