Part 11

10.9K 460 14
                                    

Scarletts Pov

Ist ja alles schön und gut. Lissy hat mir unter Vorbehalten vergeben. Wenn ich noch einmal Scheiße baue, ist es vorbei. Und ich bin meinen Nachtisch für eine Woche los. Aber damit kann ich leben. Das Essen in unserer Schulcafeteria ist sowieso nicht das, wonach ich mich sehnen würde, wenn ich auf einer einsamen Insel gestrandet wäre. Wirklich alles schön und gut.

Wirklich.

Nicht.

Zu Hause wartet auf mich. Mum wartet auf mich. Ärger wartet auf mich. Ärger über Ärger. Erstens habe ich sie nicht um Erlaubnis gebeten, auf die Party zu gehen. Zweitens bin ich vor der Schule nicht mehr nach Hause gekommen. Drittens habe ich ihre Anrufe heute im Laufe des Tages mindestens hundert Mal weggedrückt.

Natürlich ist es nicht das erste Mal, dass ich in der Scheiße stecke. In Toronto bin ich öfters mal von zu Hause abgehauen. Deshalb hat Mum mich ja auch hierher verfrachtet. Aber es ist das erste Mal, dass ich in Stratford Scheiße baue. Und das auch noch einen Tag nachdem die Schule angefangen hat. Super Timing. Mum muss vor Wut explodieren.

„Jetzt guck nicht so böse. Sie wird dich schon nicht umbringen.“ Jason hat gut reden. Er sitzt neben mir auf der Mauer vor der Schule während ich auf Mum warte. Lissy sitzt auf meiner anderen Seite. Sie hat nicht so viel Verständnis für mich. Verhält sich fast so wie eine zweite Mum.

„Du bist es selber Schuld. Ich hab dir direkt gesagt, dass ich es nicht gut finde, wenn du deine Mutter so hintergehst.“ Genervt verdrehe ich die Augen.

„Deine schlauen Sprüche retten mich auch nicht vor meinem Todesurteil. Ich darf bestimmt nie wieder vor die Tür treten, außer um zur Schule zu gehen.“ Jason lacht laut auf.

„Ich kenn dich zwar noch nicht lange. Aber ich würde sagen, dass dich solche Verbote nicht wirklich davon abhalten können, von zu Hause abzuhauen.“ Er hat Recht. Trotzdem. Oder vielleicht genau deshalb.

„Genau das ist das Problem. Ich würde mir nur noch mehr Ärger einfangen.“ Ich beobachte meine Schwester, die umzingelt von kichernden vierzehn jährigen Mädchen aus dem Hauptgebäude tritt. Beim Anblick ihres Outfits dreht sich mir der Magen um.

„Ich glaub es nicht.“, murmele ich vor mich hin.

„Was glaubst du nicht?“, fragt Lissy und folgt meinem Blick, bis auch sie Josey erkennt.

„Meine kleine Schwester geht gerade mal einen Tag auf diese Schule und hat es schon geschafft im Cheerleaderteam aufgenommen zu werden.“, kläre ich Lissy auf.

„Welche von denen ist deine Schwester?“, meldet sich nun auch Jason zu Wort. Klar. Wenn es um Cheerleader geht, nimmt er wohl an jedem Gespräch teil.

„Schminks dir ab. Die ist zu jung für dich.“, lautet meine knappe Antwort und ich erhebe mich, weil das Auto meiner Mutter soeben etwa zehn Meter vor uns gehalten hat. Ich blicke hinüber zu Josey, die sich lachend von ihren Freundinnen verabschiedet. Wie kann man nur so kontaktfreudig und gut gelaunt sein? Dann fällt mein Blick wieder auf Mum und den Wagen.

„Drückt mir die Daumen.“, sage ich zu Lissy und Jason und mache mich auf den Weg in die Hölle.

Jasons Pov

Ich weiß nicht, ob ich Scarlett auslachen soll, oder doch Mitleid mit ihr haben. Vielleicht sollte ich auch lieber mich selber auslachen. Denn aus irgendeinem Grund sitze ich jetzt mit diesem Lissy Freak zusammen auf der Mauer vor der Schule. Ganz schlecht, Jason. Ganz schlecht.

„Die mit den langen blonden Haaren.“, sagt Lissy plötzlich völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Verwirrt starre ich sie an.

„Was willst du?“, frage ich. Sie verdreht die Augen.

„Scarletts Schwester. Du wolltest doch wissen, welche sie ist.“, erklärt sie schließlich, was sie meint. Mein Blick schweift über den Schulhof und bleibt an der kleinen blonden Cheerleaderin hängen, die eindeutig auf das Auto von Scarletts Mum zugeht. Nicht schlecht sieht die aus. Guter Körper. Kein Wunder, dass sie so schnell ins Team gekommen ist. Und kein Wunder, dass Scarlett mich direkt gewarnt hat. Ich kann mir vorstellen, dass ihre Schwester kein Problem damit hat, Jungs auf sich aufmerksam zu machen.

Aber eins wundert mich extrem. Sie sieht aus wie das exakte Gegenteil von Scarlett. Verspielt, mädchenhaft, topmotiviert, das typische girly. Dass so ein Mädchen mit Scarlett verwandt sein kann, kann ich fast nicht glauben. Doch da steigen die beiden Mädchen auch schon ohne sich zu grüßen in den Wagen. Die kleine auf den Beifahrersitz. Die große auf die Rückbank.

Scartetts Pov

Ich weiß nicht, welche Strategie Mum dieses Mal verfolgt, aber ich finde sie definitiv beunruhigend. Sie spricht kein Wort mit mir. Keine Standpauke. Kein Rumgeschreie. Nichts.

„Du hast es also schon ins Team geschafft, Schatz? Ich bin stolz auf dich.“, ist ihr einziger Kommentar, als wir in den Wagen steigen. Und der ist ja wohl eindeutig an Josey gerichtet. Ausnahmsweise bin ich einmal froh, dass sie sich auf den Beifahrersitz gesetzt hat. So muss ich wenigstens nicht direkt neben Mum setzen. Ich kann ihre Enttäuschung im ganzen Wagen spüren. Sie schnürt mir die Luft ab. Das hier ist schlimmer als der heftigste Wutausbruch. Sie unterhält sich munter mit Josey über deren Erlebnisse in der Schule. Ein Junge namens Cole hat sie wohl nach ihrer Nummer gefragt.

Moment.

MOMENT.

„Sag das nochmal!“, rufe ich durch den Wagen. Mum und Josey halten in ihrem Gespräch inne.

„Ich wüsste nicht, was du hier zu sagen hättest, Fräulein.“, sagt Mum spitz und wendet sich wieder meiner Schwester zu.

„Nein. Ehrlich, Josey. Der heißt Cole?“, frage ich und lasse mich nicht davon einschüchtern, dass Mum scharf Luft einzieht.

„Ja?“, antwortet meine Schwester verwirrt.

„Geht er zufällig in meine Stufe und ist mit einem Jason befreundet?“, bohre ich weiter. Das darf doch nicht wahr sein. Dieser Mistkerl und meine Schwester? Das ist ja fast so schlimm, als hätte sich Jason an sie rangemacht.

„Keine Ahnung? Er ist älter als ich. Aber einen Jason hat er nicht erwähnt.“, gibt sie zurück.

„Jetzt ist Schluss. Scarlett, ich möchte nichts mehr von dir hören. Wir unterhalten uns zu Hause.“ Mum mischt sich ein. Na super.

„Aber..“, setze ich an, weil mich der Gedanke, dass Cole meine vierzehnjährige Schwester nach ihrer Nummer gefragt hat, schon ziemlich beunruhigt, doch Mum unterbricht mich.

„Kein Aber. Du hältst jetzt deinen Mund.“ Also muss ich den Rest der Fahrt über schweigen. Super.

„Beruhigt es dich, dass ich ihm einen Korb gegeben habe? Der Typ kam mir irgendwie gruselig vor.“, fügt Josey noch hinzu. Ja. Das beruhigt mich. Enorm. Wenigstens eine von uns beiden ist klug genug sich von der Gruppe um Jason herum fernzuhalten. 

He Ain't All BadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt