Eine Lüge nach der anderen. Immer tiefer ging es. Ich habe nicht nachgedacht und war der Meinung, das Richtige zu tun. Ihm zu helfen. Dabei tat ich das falsche. Und brachte damit nicht nur ihn sondern auch mich in Gefahr.
Jasons Pov
Keine Schläge. Keine Menschen. Keine Angst. Nur Erschöpftheit. Kein Essen. Muss jemanden anrufen. Brauche Hilfe.
Scarletts Pov
Erst nachdem ich mit Cole am Telefon ausmache, mich mit ihm bei Jasons Haus zu treffen, auch wenn wir beide eigentlich der Meinung sind, dass er dort wohl eher nicht sein wird, fällt mir wieder ein, dass ich ja Hausarrest habe.
„Wer war das?“, höre ich meine Mutter aus der Küche rufen, die wohl gemerkt hat, dass ich das Gespräch beendet habe. Wahrscheinlich hat sie auch gemerkt, dass ich absichtlich weggegangen bin, damit sie nicht mithört. Sie ist misstrauisch. Ich wünsche mir nichts mehr, als mich an sie drücken und ihre die Wahrheit sagen zu können, aber ich weiß, dass ich ihr das nicht antun kann.
(Damals. Oma ist mal wieder da. Mama hat einen besonders schlechten Tag. Sie spricht nicht mit uns. Liegt den ganzen Tag nur im Bett. Ich möchte ihr helfen, aber ich weiß nicht, wie. Ich verstehe nicht, was sie hat, aber ich ahne, dass es irgendetwas mit ihm zu tun haben muss. Er ist jetzt weg, aber seitdem scheint es ihr nicht besser zu gehen. Eher im Gegenteil. Sie kommt überhaupt nicht mehr aus ihrem Zimmer.)
Nach kurzem Überlegen entschließe ich mich dazu, zu lügen. Ich merke, dass ich sehr viel lüge, seit ich hier in Stratford bin und dass das eigentlich absurd ist, weil ich es nicht wie früher mache, um mich mit Leuten zu treffen, die Mum nicht ausstehen kann oder auf Partys zu gehen, sondern einfach weil ich Jason helfen muss und Mum schützen möchte.
„Das war Lissy. Ich hab dir von ihr erzählt. Erinnerst du dich? Wir machen doch dieses Projekt zusammen. Sie hat mich gebeten, heute Abend noch einmal zu ihr zu kommen, damit wir mal endlich weiter kommen.“ Mit diesen Worten und hinter dem Rücken gekreuzten Fingern gehe ich zurück in die Küche. Auf dem Weg dorthin werfe ich mir schon meine Tasche um, sodass Mum erkennt, dass ich es eilig habe und vielleicht ein Auge zudrückt und mich gehen lässt. Meine Sorgen um Jason werden immer größer und ich denke nicht, dass ich es heute Abend zu Hause aushalten würde, ohne irgendwann doch noch heimlich abzuhauen.
„Ich würde gerne mal mit dieser Lissy sprechen.“ Mum blickt mir skeptisch entgegen. Aber ich muss ruhig bleiben. Darf nicht zeigen, wie nervös ich in Wirklichkeit bin.
(Damals. Ich gehe in ihr Zimmer. An ihr Bett. Spreche sie an. Keine Antwort. Stark sein, Scarlett. Das alles geht vorbei.)
„Klar.“, antworte ich deshalb und reiche ihr mein Telefon.
„Ihre Nummer ist in meinen Kontakten gespeichert.“ Ich hoffe, dass Lissy geistesgegenwärtig genug ist, mitzumachen. Sonst habe ich ein ernsthaftes Problem. Mum scrollt durch meine Kontakte, bis sie findet, was sie sucht und hält sich mein Handy ans Ohr. Mein Herz schlägt so laut, dass ich mir einbilde, unser Nachbar könnte es durch die Wände noch hören und ich blicke angespannt auf die Uhr, die direkt über Mum an der Küchenwand hängt. Fünf Minuten ist es erst her, dass ich mit Cole telefoniert habe. Trotzdem kommt es mir so vor, als wären seitdem Jahre vergangen. Außerdem habe ich mit ihm abgemacht, dass wir uns in zwanzig Minuten bei Jason treffen. Zehn brauche ich mindestens für den Weg dorthin. Bleiben also noch ungefähr fünf um das hier mit Mum zu klären.
„Ja Hallo. Spreche ich mit Lissy?“ Kurze Pause. Mum hört aufmerksam der Person am anderen Ende der Leitung zu.
„Sehr gut. Du triffst dich nachher mit Scarlett für euer Schulprojekt, richtig?“ Wieder Stille. Nur meinen eigenen Herzschlag kann ich hören. Lauter. Und lauter. Und…
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He Ain't All Bad
Fanfiction„Wer ist der da drüben?“, frage ich und deute quer durch den Gang auf einen tättowierten Jungen, der mir schon seit einigen Minuten aufgefallen ist. Ich merke, wie sich ein verträumter Ausdruck auf Lissys Gesicht breit macht. "Das ist Jason. Jason...