Part 4

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Scarletts Pov

Nachdem ich ein paar Minuten die Gegend rund um das Schulgelände erforsche, stoße ich auf einen kleinen Park am Ende einer Straße. Wobei man es eigentlich nicht wirklich Park nennen kann. Eher ein öffentlicher Garten. Eine leicht vergammelte Bank steht in einer Ecke und Asphalt und Gras sind voller bunter Blätter, da es anscheinend niemand als seine Aufgabe ansieht, sie wegzuschaffen. Ich bin leicht überrascht, dass es hier so einen schönen Ort gibt. Vielleicht ist Stratford ja nicht ganz so schrecklich, wie ich am Anfang dachte. Ich steuere auf die Bank zu und setze meine Kopfhörer auf. Dann setze ich mich und schließe die Augen.

Ruhe. Endlich. Darauf habe ich den ganzen morgen lang gewartet. Lissys Geplapper kann einem echt auf den Geist gehen. Ich blende alles um mich herum aus und versinke in meiner Musik.

Jasons Pov

„Alter da sitzt jemand auf unserer Bank.“, sagt Jai, als wir den Park betreten. Im Ernst? Der kann was erleben. Mit mir legt man sich besser nicht an. Und schon gar nicht heute. Meine Laune war selten so schlecht wie gerade. Außerdem weiß einfach jeder, dass diese Bank uns gehört. Oder vielmehr mir und den Leuten, denen ich erlaube dort zu sitzen. Was normalerweise nur Cole und Jai sind. Und manchmal Ashley. Wenn sie mich zu sehr nervt. Als ich hinter Jai um die Ecke trete traue ich meinen Augen nicht. Da sitzt die kleine Schlampe, die es vorhin in Sport gewagt hat mich zu beleidigen. Sie scheint uns noch nicht bemerkt zu haben, da sie Kopfhörer trägt und die Augen geschlossen hat.

„Ich glaub es nicht.“, rufe ich deshalb laut. Sie reagiert nicht. Entweder sie hört mich wirklich nicht, oder sie ignoriert mich absichtlich.

„Was machst du denn bitte auf meiner Bank?“, rufe ich noch lauter. Jetzt schreckt sie auf und blickt sich verwirrt um. Ich winke ihr zu, damit sie merkt, dass ich mit ihr rede. Sofort versteinert ihr Gesicht und sie nimmt die Kopfhörer ab.

„Kannst du deine Fresse nicht woanders aufreißen?“, fragt sie, während ich mich ihrer, nein meiner Bank nähere. Jai läuft mir hinterher und sagt kein Wort. Mitläufer. Typisch.

„Wie bitte?“, frage ich, weil ich denke, mich verhört zu haben. Keiner spricht so mit mir. Schon gar nicht ein Mädchen.

„Hast schon richtig gehört. Du nervst. Ich will hier meine Ruhe haben.“, gibt sie zurück. Um ehrlich zu sein bin ich beeindruckt. Normalerweise gibt es genau zwei Möglichkeiten, wie Mädchen sich mir gegenüber verhalten. Die einen haben so viel Schiss und Respekt, dass sie ins Stottern geraten und mir aus dem Weg gehen. Die anderen benehmen sich wie Nutten und denken ich fände es geil. Aber so wie die hier ist mir noch keine gegenübergetreten. Respekt. Ändert aber nichts daran, dass sie auf meiner Bank sitzt und ich angepisst bin.

„Ich glaube, du hast hier was noch nicht verstanden. Ich bin der Boss und das ist meine Bank. Und wenn ich dir sage, du sollst verschwinden, dann tust du das gefälligst.“, kläre ich sie auf und setze mich neben sie. Unbeeindruckt blickt sie mir entgegen.

„Ich hab kein Schild gesehen, auf dem steht, dass diese Bank dein Eigentum ist.“, sagt sie. Die ist echt hartnäckig. Wäre sie ein Kerl, hätte ich schon längst zugschlagen. Aber ich schlage keine Mädchen. Verdammt.

„Schön. Da ich aber auch kein Schild gesehen habe, dass diese Bank als dein Eigentum beschreibt, musst du wohl jetzt mit mir und Jai Vorlieb nehmen.“ Ich lächele sie an und krame meine Zigaretten aus.

Scarletts Pov

Der hat echt Nerven. Der Junge hat Nerven. Zerstört erst meine Ruhe und ist jetzt auch noch so dreist neben mir rauchen zu wollen. Der kann mich mal.

„Das lässt du lieber bleiben.“, sage ich und deute auf die Kippe, die er sich gerade anstecken möchte. Fragend sieht er mich an.

„Zwingt dich ja keiner dazu hier zu bleiben.“, entgegnet er und macht sein Feuerzeug an. Eine Sekunde später steigt mir der widerliche Geruch in die Nase. Aber so leicht mache ich es ihm nicht. Wenn er Krieg will, bekommt er ihn. Ich lasse mich von so einem arroganten Widerling nicht verjagen.

„Gib mir auch eine, Alter.“, sagt der Typ, den Jason Jai genannt hat. Meiner Meinung nach der typische Ja-Sager. Genau der richtige Kumpel für einen Typen wie Jason. Dieser runzelt die Stirn und zieht die Augenbrauen zusammen.

„Bin ich deine Wolhtätigkeitsorganisation? Kauf die eigene.“, erwidert er und Jai verdreht die Augen. Ach ein bisschen Rückhalt hat er ja doch.

„Manchmal pisst du mich echt an, Jason. Deine sind auch geklaut.“, sagt er und geht wieder in Richtung Schule.

„Da hast du aber einen tollen Freund.“, sage ich, weil ich es mir nicht verkneifen kann, Jason eins reinzuwürgen.

„Halt deine Fresse und entspann dich. Der regt sich genauso schnell wieder ab, wie er sich aufgeregt hat.“, murmelt er und zieht an seiner Zigarette. Dann atmet er tief ein und bläst mir den Qualm ins Gesicht. Auf der Stelle fange ich an zu husten.

„Spinnst du?“, schreie ich und wedele wie wild mit den Armen vor mir herum um wieder Luft zu bekommen.

„Vielleicht.“, antwortet er und lehnt sich zurück. Was? Er versucht nicht zu kontern? Ist das ein indirektes Friedensangebot oder was? Und wer behauptet denn bitte von sich selber, dass er vielleicht spinnt?

Jasons Pov

Jai der Idiot ist einfach abgehauen und jetzt sitze ich hier alleine mit der kleinen Schlampe und kenne noch nicht mal ihren Namen. Ich habe zwar gehört, wie Elisabeth sie heute in Sport gerufen hat, aber ich habe es wieder vergessen. Ich bin zu stolz um sie danach zu fragen. Nachher kommt sie noch auf die Idee, ich würde mich für sie interessieren. Da ich aber auch absolut keinen Bock habe hier einfach nur dumm herumzusitzen, versuche ich irgendwie ein Gespräch anzufangen.

„Wo kommst du eigentlich so plötzlich her? Hab dich vorher noch nie in der Schule gesehen.“, sage ich ohne sie dabei anzugucken. Ich atme ein und blase den Qualm vor mich in die kalte Luft.

„Meine Mum ist der Meinung, dass ich in Toronto die falschen Freunde hatte. Ist nicht mehr mit mir klar gekommen. Deshalb sind wir hierher gezogen. Offiziell hat sie in Stratford einen besseren Job gefunden. Ich glaub aber das sagt sie nur um mich nicht noch mehr zu verärgern.“, antwortet sie ebenfalls ohne mich anzugucken.

„Und dein Dad?“, frage ich. Sie braucht einige Sekunden bevor sie antwortet.

„Den gibt’s nicht.“, murmelt sie und blickt nach unten. Jetzt richte ich meinen Blick doch auf sie. Ich habe Angst, einen wunden Punkt getroffen zu haben.

„Sorry. Wollte dir nicht zu nahe treten.“, sage ich deshalb und warte gespannt auf ihre Reaktion. Sie sammelt sich einen Moment lang, hebt dann ihren Kopf wieder und lächelt.

„Schon gut.“ Aus der Ferne höre ich ein Schellen und wundere mich, dass die Stunde schon vorbei ist.

„Ich muss dann wieder.“, sagt sie da auch schon und erhebt sich. Ich dagegen lehne mich zurück. Ich habe nicht vor heute noch einmal in die Schule zurückzukehren. Keine Lust.

„Klar.“, antworte ich und sie macht ein paar Schritte in Richtung Schule, bevor sie sich nochmal umdreht.

„Wir sehen uns irgendwann mal.“, sagt sie.

„Ich schätze schon. Spätestens in Sport.“, antworte ich leicht verwirrt und sehe ihr nach, bis sie zwischen den Bäumen verschwindet. 

He Ain't All BadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt