Scarletts Pov
Ich brauche jetzt wirklich ganz schnell eine Pistole. Ehrlich. Ich muss Josey erschießen. Sofort. Die kleine Schlampe ist so mies. Mum hat nicht wirklich mit mir geschimpft. Mich nur angeschwiegen und dann irgendwann ganz ruhig gesagt, dass ich eine Woche Hausarrest habe. Eine Woche. Hätte schlimmer ausfallen können. Vielleicht fährt sie ja jetzt einen Gang runter, weil wir umgezogen sind. In Toronto wäre ich niemals mit einer Woche davongekommen. Sie hat mir noch nicht einmal mein Handy abgenommen. Ist ja fast Luxus hier. Wirklich.
Wenn da nicht Josey wäre. Die natürlich will, dass ich ihre Matheaufgaben mache, wie ich versprochen habe. Nur leider sehe ich nicht ein, warum ich sie noch machen soll, weil ich ja aufgeflogen bin. Sie kann mich jetzt nicht mehr verpetzen. Also was habe ich zu verlieren? Ich greife nach dem aufgeschlagenen Heft, das sie mir auf den Schreibtisch gelegt hat und schmeiße es mit einer einzigen flüssigen Bewegung meines rechten Arms in den Papierkorb unter dem Tisch. So. Fertig.
Jasons Pov
Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, aber ich brauch das Geld. Mein Vater bringt mich sonst um. Es macht mich fertig, dass ich dafür einen der einzigen Menschen, die mich verstehen, betrügen muss. Aber es geht nicht anders. Es muss einfach sein. Verdammt. Warum musste ich auch wieder so doof sein? Er bringt mich um. Dieses Mal bringt er mich wirklich um.
Scarletts Pov
„Wo ist mein Heft?“ Josey kommt einfach in mein Zimmer gerannt ohne anzuklopfen oder sich anderweitig anzukündigen. Toll. Privatsphäre gibt es in diesem Haus wohl keine oder? Es ist sieben Uhr morgens und ich bin gerade dabei mich für die Schule fertig zu machen. Noch ungekämmt und ungeschminkt. Außerdem verstehe ich nicht, was meine Schwester von mir will.
„Welches Heft?“, frage ich deshalb genervt zurück. Sie verdreht die Augen. Denkt sie etwa, sie könnte mich beeindrucken oder verunsichern? In ihrem Cheerleaderoutfit kann sie sowieso niemand ernst nehmen.
„Mein Matheheft. Du wolltest meine Aufgaben machen.“, klärt sie mich auf. Achso. Das Heft.
„Wollen ist hier das komplett falsche Wort und deshalb habe ich sie auch nicht gemacht. Kannst dir dein Scheißheft aus meinem Müll holen.“, antworte ich und greife nach meiner Bürste um das Vogelnest auf meinem Kopf in Ordnung zu bringen.
„Das ist nicht dein Ernst oder?“ Sie glaubt es mir echt nicht.
„Seh ich so aus, als würde ich Späße machen?“ Nein. So sehe ich garantiert nicht aus.
„Du bist so eine dumme Kuh. Das erzähle ich Mum!“, sagt sie den Tränen nahe und stapft zu meinem Papierkorb um ihr Heft herauszufischen.
„Wirklich? Du willst ihr petzen, dass ich mich weigere mich von dir dazu zwingen zu lassen, deine Aufgaben zu machen? Ich bin mir absolut sicher, dass sie dich verstehen und unterstützen wird.“, sage ich und muss lächeln. Denn ich habe Recht. Josey würde damit niemals zu Mum rennen. Und selbst wenn. Ich würde keinen Ärger kriegen.
„Jetzt muss ich wegen dir ohne Hausaufgaben gehen. Ich hasse dich.“
„Oh nein wie schlimm“, lautet meine knappe Antwort. Ich habe absolut kein Mitleid mit ihr. Sie ist durchtrieben und wird es mir an anderer Stelle garantiert wieder heimzahlen. Aber für den Moment habe ich gewonnen. Josey verlässt türenknallend mein Zimmer.
Achtung.
Einsatz Mum.
„Knall deine Tür nicht immer so laut, Scarlett!“
Meine Familie ist so vorhersehbar.
Jasons Pov
Meine Kehle schnürt sich zu, als ich Scarlett über den Schulhof auf mich zulaufen sehe. Ruhig bleiben, Jason. Das ist nicht das erste Mal, dass du jemanden hintergehst.
Scarletts Pov
Ich bin mehr als erleichtert, dass Mums Arbeit heute angefangen hat und sie uns deshalb nicht zur Schule fahren konnte. Zu Fuß sind das zwar zwanzig Minuten, aber ich habe einen freien Kopf bekommen und musste mir nicht die ganze Zeit Mums vorwurfsvolles Schweigen anhören.
Als ich den Schulhof betrete, sehe ich Jason am anderen Ende auf der Mauer sitzen. Da ich Lissy nirgendwo erblicke, beschleunige ich meine Schritte und nähere mich Jason. Was soll ich auch sonst tun? Außer ihm und Lissy kenne ich hier niemanden.
„Und? Ich sehe du lebst noch.“, begrüßt er mich und hält mir seine Faust entgegen, damit ich einschlagen kann.
„Hab wohl Schwein gehabt.“, antworte ich und lasse mich neben ihn auf die Bank plumpsen.
„Ne im Ernst jetzt. Wars sehr schlimm?“, fragt er. Als ob ihn das interessiert.
„Eine Woche Hausarrest. Hätte schlimmer kommen können.“, murmele ich und ziehe meinen Stundenplan aus meiner Tasche um nachzusehen, welches Fach ich heute Morgen als erstes habe. Mathe. Passt ja zu Joseys ungemachten Aufgaben. Seufzend schiebe ich das Blatt zurück in die Tasche und lasse meinen Blick über den Hof wandern um nach Lissy Ausschau zu halten.
„Na? Was geht bei euch?“ Cole steht plötzlich vor uns und auch Jai nähert sich der kleinen Gruppe.
„Nichts Besonderes. Scarlett ist mit einer Woche Hausarrest davongekommen.“
„Respekt. Mein Alter hätte mich für den Rest meines Lebens eingebunkert.“ Ich schenke Cole ein gequältes Lächeln. Der Gedanke daran, dass er meine Schwester angemacht hat, lässt mich erschaudern. Widerlich.
„Wer bunkert hier wen ein?“ Jai tritt heran und wirft seinen Rucksack links neben Jason auf die Mauer.
„Jason bunkert Scarlett bald in seinem Bett ein.“, lacht Cole und fängt sich dafür einen Tritt von Mr Schulschläger ein.
„Halt die Fresse, Cole.“, entgegne ich und verspüre Erleichterung, als Lissy ihr Rad abschließt und sich suchend auf dem Schulhof umblickt. Um ihr die Suche zu erleichtern hebe ich meine Hände und winke ihr wild zu. Als sie mich erblickt, huscht Verunsicherung über ihr Gesicht. Klar. Die Jungs sind in der Vergangenheit nicht gerade zimperlich mit ihr umgegangen. Trotzdem zieht sie die Riemen ihres Rucksacks enger um die Schultern und läuft auf uns zu. Ich schenke ihr ein Lächeln um sie aufzumuntern.
„Was will die denn jetzt?“, sagt Jai und deutet auf Lissy. Arschloch. Ich will ihn gerade zurechtweisen, als Jason das Wort ergreift.
„Halt einfach deinen Mund, Jai. Sie ist in Ordnung.“ Jai zieht ungläubig die Augenbrauen hoch und schüttelt den Kopf als wollte er Jasons Worte irgendwie so zurechtrütteln, dass sie für ihn doch noch irgendwie Sinn ergeben.
„Morgen.“, grüßt Lissy uns unsicher und bleibt vor mir stehen. Weil ich das Gefühl habe, irgendetwas machen zu müssen, stehe ich auf und umarme sie zur Begrüßung. Um ehrlich zu sein bin ich mir jedoch nicht sicher, wer von uns diese Umarmung gerade dringender nötig hat. Lissy fragt nicht, wie es mit Mum gelaufen ist, weil ich sie gestern schon per SMS genauestens über alles unterrichtet habe.
„Lass uns mal losgehen. Ich muss noch an mein Schließfach.“, sage ich zu Lissy und ziehe sie hinter mir her auf das Hauptgebäude zu.
Jasons Pov
Alles kribbelt. Jai redet wieder irgendeinen Unsinn. Cole deutet auf ein Mädchen in Cheerleaderuniform, das ihm anscheinend gefällt. Scarlett und Lissy verschwinden im Hauptgebäude. Alles kribbelt. Es ist so weit. Ich stehe auf um den Mädchen in einigem Abstand zu folgen.
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He Ain't All Bad
Fanfiction„Wer ist der da drüben?“, frage ich und deute quer durch den Gang auf einen tättowierten Jungen, der mir schon seit einigen Minuten aufgefallen ist. Ich merke, wie sich ein verträumter Ausdruck auf Lissys Gesicht breit macht. "Das ist Jason. Jason...