Kapitel 48

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Kapitel 48

Bevor wir losgegangen sind, habe ich noch schnell meine Mutter angerufen.

Sie hat sich mit einer Arbeitskollegin angefreundet und so wie ich heraushören konnte, wohl auch eine kleine Schwärmerei für einen Mann den sie in einem Café kennengelernt hat.

Jedenfalls wünschten wir uns Frohe Weihnachten und redeten was wir noch die Tage tun würden.

Inzwischen sind wir gemeinsam auf dem Weg zu Nick und Samuel.

Mein Herz klopft laut in meiner Brust. Ich bin total aufgeregt.

Wegen Chris?

Endlich bei ihnen angekommen, werden wir herzlich begrüßt und bekommen Glühwein.

Ich puste in den Becher in meiner Hand und traue mich noch nicht herrauszutrinken.

Erwartungsvoll sehe ich mich unter den Menschen um, doch unter den lauter unbekannten Gesichtern kann ich ihn nicht erspähen.

Leo wird sofort von einigen Leuten begrüßt und ich werde allen vorgestellt.

Keinen Namen kann ich mir merken und ihre Gesichter, werden womöglich morgen schon wieder aus meinem Gedächtnis verbannt sein.

Ich will nur ihn sehen.

Wie es ihm wohl geht?

Wie läuft sein Abi?

Ich bin mitten im Gespräch, als ich höre wie die Tür aufgeht.

Mitten im Satz höre ich auf zu reden und sehe ihn!

Seine Augen wandern suchend im Raum unher. Bis seine Augen meine treffen.

Was ist nur los mit mir?

Ich unterbreche den Blickkontakt und wende mich wieder meinem Gesprächspartner zu, auch wenn ich mich kaum mehr an dem Gespräch beteilige.

Irgendwann kommt dann Leo wieder zu mir und legt einen Arm um meine Schulter und küsst mich schnell auf die Wange.

Ich kuschle mich an seine breite Schulter und versuche meine Gedanken zu ordnen. Vergeblich.

Was macht Chris nur mit mir?

Ich öffne meine Augen wieder und küsse Leo schnell auf den Mund, ehe ich mich von ihm löse und auf einen braunen Haarschopf zugehe.

Dieser besagte steht mit dem Rücken zu mir, also stelle ich mich auf Zehenspitzen und lege ich ihm meine Hände auf die Augen.

"Lucy?"

Lucy?

"Wer ist Lucy?"

Beim Klang meiner Stimme zuckt er kurz zusammen, doch dann dreht sich zu mir herum und nimmt mich freudig in den Arm.

Ich lache und küsse ihm schnell auf die Wange.

"Lucy ist meine Freundin", antwortet Josh endlich, über den Lärm hinweg.

Ich ziehe eine Augenbraue hoch und warte, dass er weiter erläutert, doch dazu kommt es nicht.

Eine Stimme, die durch ein Mikrofon verstärkt wird, schallt durch das Wohnzimmer: "Vielen Dank, dass ihr alle hier seid. Wir freuen uns sehr, dass ihr Weihnachten mit uns verbringen wollt. Draußen auf unserer Veranda gibt es ein Buffet und hoffentlich genug Sitzplätze."

Als die kleine Ansage von Samuel vorbei ist, knurrt wie auf Kommando mein Magen. Josh und ein paar andere, die um mich herum stehen, lachen kurz.

Ich ignoriere sie und steuere mit gesenktem Kopf auf die Veranda zu.

Draußen ist es kühl und ich ziehe meine Jacke enger um mich.

Außer mir ist noch niemand hier draußen.

Einen Teller nehmend stelle ich mich an das Buffet und überlege, was ich wohl nehmen soll.

Die Auswahl ist nicht sehr groß. Fleisch, Gemüse, Soße, Salate, Nudeln.

Ich entscheide mich einfach für ein bisschen Gemüse, Salat und Nudeln.

Aus den Behältern, die neben dem Essen stehen nehme ich mir noch eine Gabel und ein Messer.

Erst jetzt sehe ich mich richtig um.

Die Veranda ist ziemlich groß, dafür,  dass die beiden eigentlich nur eine kleine Wohnung haben.

Sie ist überdacht und bietet Aussicht auf einen Busch.

Es ist total schön geschmückt mit roter und weißer Weihnachtsdeko.

In der Mitte stehen zwei aneinander gestellte Biertischgarnituren.

Ich nehme in der Mitte von einem Platz, mit dem Rücken zur Türe.

Ich verstehe nicht, warum sie das Buffet hier draußen gemacht haben.

Okey, hier ist es geräumiger, aber drinnen ist es wärmer und das Essen wird doch kalt!

Ich beschließe einfach, Nick bei der nächsten Gelegenheit ein paar Vorwürfe dazu zu machen.

Langsam beginne ich zu Essen.

Nach kurzer Zeit lässt sich jemand neben mich fallen und ich spüre warmen Atem auf meiner Wangen, bevor jemand kurz seine Lippen darauf drückt. Ich zucke alamiert zusammen und lasse beinahe meine Gabel fallen.

Ich sehe neben mich und versuche die Situation mit einem künstlichen Lachen zu entschärfen.

Es klappt nicht.

Stattdessen sehe ich in wunderschöne blaue Augen, welche mich besorgt mustern.

Bei seinem Anblick, so nah bei mir, kommen mir fast die Tränen.

Er hat mir so gefehlt.

"Schön, dich wieder zu sehen", flüstere ich mit zittriger Stimme.

Chris runzelt einfach die Stirn und betrachtet mich ausdruckslos, ehe er anfängt das Fleisch in seinem Teller zu schneiden und anschließend in seinen Mund zu bugsieren.

Einen schönen Mund hat er.

Ich schüttle mich kurz und wende mich nun auch dem Essen wieder zu.

Schon wieder werde ich unterbrochen, da jemand sich auf meine andere Seite sitzt und seinen Arm um mich legt.

Eine Gabel sticht in eine meiner Nudeln und ich sehe ihr zu, wie sie schließlich in Leos Mund landet.

Leo. Er hat seinen Arm um mich gelegt. Mein Freund.

Ich schließe kurz die Augen und versuche, vergeblich, meine Gedanken zu ordnen.

Viel lieber würde ich in Chris' Arm sein, doch ich selbst habe ihn abgewiesen.

Er hat was besseres als mich verdient. Etwas viel besseres.

Ich küsse Leo schnell hart auf den Mund.

Chris soll sehen, dass ich ihn nich will.

Auch wenn es eigentlich nichts auf dieser Welt gibt, das ich außer ihm sonst möchte.

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