Kapitel 14
Ein sanftes streicheln meiner Wange weckt mich auf.
Ich mache die Augen auf und sehe in Joshs braune Augen. Sein Atem kitzelt mich im Gesicht und ich lächle ihn zaghaft an. Er erwidert mein lächeln. Ich kuschel mich wieder an ihn ran und schließe die Augen.
Mir fällt auf wo wir uns überall berühren. Sein Arm liegt um meine Taille, sein Bauch ist an meinen gedrückt, mein linkes bein liegt zwischen seinen Beinen und mein rechtes liegt auf ihm. Wir sind uns so nah, er bräuchte nur seinen Kopf ein wenig runterbeugen und schon wären seine Lippen auf meinen.
Heißt das ich bin jetzt wieder gesund? Heißt das ich habe mein Trauma überwunden? Das kann nicht sein. Ich sollte mich ablenken sonst denke ich nur wieder über die Vergangenheit nach.
Ich nehme meinen Mut zusammen und lege meine Hand auf seinen Bauch, wobei mir erst jetzt auffällt das er obenrum nackt ist. Ich fahre mit meinem Zeigefinger die Konturen seines Sixpacks nach und öffne wieder die Augen. "Erzähl mir was", murmel ich, sodass ich schon dachte er hätte es nicht gehört.
Doch dann fängt er an zu reden: "Es war einmal ein kleiner Junge, der eigentlich ganz zufrieden mit dem Leben war. Er hatte eine kleine Schwester und einen großen Bruder. Seine Mutter und sein Vater waren glücklich zusammen. Doch eines Tages veränderte sich sein Leben. Die Mutter des kleinen Jungen verlangte die Scheidung von ihrem Mann. Und so bekam sie das Sorgerecht für den kleinen Jungen und das kleine Mädchen, doch das Sorgerecht des großen Bruders teilten sich die Eltern. Er zog zu seinem Vater. Der Abschied von ihm war.. komisch, sie Mutter war unendlich traurig und sauer zu gleich. Der kleine Junge und das kleine Mädchen verabschiedten sich von ihm mit Tränen. Er meinte: 'Hört auf zu weinen, es ist ja kein Abschied für immer.' Er hatte unrecht. Auf seinem Weg mit dem Taxi zu seinem Vater, gab es eine Massenkarambolage und" - er stockt kurz und seine Stimme wird immer leiser - "er wurde dabei tödlich verletzt.
Die Mutter stürzte daraufhin in sehr starke Depressionen und fing an den kleinen Jungen zu schlagen. Mit der flachen Hand zuerst nur, doch dann auch mit einem Ledergürtel und ab und zu warf sie nach ihm mit Gegenständen. Das kleine Mädchen beschütze er. Sie war der letze Mensch, der ihm geblieben war. Später als der kleine Junge älter wurde, kam aufeinmal das Jugendamt und nahm ihm seine kleine Schwester weg. Doch ihn ließen sie bei seiner, inzwischen alkolabhänigen, Mutter zurück.
Er freundete sich mit den falschen Leuten an und rutschte immer weiter in die Kriminalität. Irgendwann wurde er gefasst und da er noch minderjährig war, schoben sie ihn auf ein Internat ab."
Er atmet hörbar aus. Ich habe Tränen in den Augen und drücke mich fest an ihn. Er legt seinen Kopf an meinen Hals und schnieft einmal. Es ist seine Geschichte. Ich fahre mit meiner Hand beruhigend durch seine Haare. Ich spüre wie ein kleiner Tropfen auf meinen Hals von seinem Gesicht fällt und ich wünschte ich könnte seine Last zu meiner hinzufügen.
Ich wünschte ich könnte irgendetwas sagen, was ihn tröstet, doch meine Kehle ist wie zugeschnürt und ich wüsste nicht welche Worte dieser Welt ihn in diesem Moment wieder zum lächeln bringen könnten.
Eine kleine Ewigkeit später spüre ich seinen gleichmäßigen Atem der die dünne Haut an meinem Hals kitzelt. Ich löse mich behutsam von ihm uns stehe auf. Erst jetzt fällt mir auf das ja eigentlich noch Chris und Nick in diesem Zimmer sein sollten, doch ich kann keinen von beiden ausmachen. Gut so. Ich sammel meine Klamotten vom Boden auf und gehe mit etwas wackligen Knien zurück zu meinem Zimmer. Es ist das zweite mal, dass jemand sich mir so öffnet und es ist das zweite mal, dass ich danach einfach abhaue. Was bin ich nur für ein schlechter Mensch?
In meinem Zimmer angekommen seh ich Ashley, die zusammengekauert auf ihrem Bett liegt und leise vor sich hin schluchzt. Ich gehe zu ihr und nehme sie in meine Arme, sie lehnt sich in meine Umarmung und heult laut auf. " Ich bin so eine Idiotin", murmelt sie. Ich schüttel den Kopf und halte sie einfach weiter fest. "Ich bin doch hergekommen um meine Sexsucht endlich hinter mir zu lassen, doch nun verstoße ich sogar gegen das Gesetz nur wegen Sex." Ich streiche ihr beruhigend über den Rücken.
Schon wieder so eine Situation. Ich kann sowas nicht. Wie aufs Stichwort kommt in diesem Moment Herr Schmidt hinein, ich löse mich von ihr und er nimmt sofort meinen Platz ein und murmelt tröstende Worte. Ich werfe meine Klamotten, die ich immernoch in der Hand halte aufs Bett und verschwinde aus dem Zimmer.
Irgendwie lande ich wieder auf dem Dach, wo ich die frische Morgenluft meine Gedanken wieder klarer werden lässt. Auf dem Sofa liegen Nick und Chris. Vor ihnen ein paar verbrauchte Joints und reichlich Wodkaflaschen von denen die meisten aber noch zu sind.
Ich nehme eine und setze mich an die Kante.
Langsam öffne ich sie und nehme eimen ersten kleinen Schluck daraus. Ich fühle wie der Alkohol meine Kehle runter fließt und ein wohliges, warmes Gefühl in meiner Brustgegend. Ich exe den Rest der Flasche und hole mir leicht taumelnd die nächste. Mit dieser lass ich mir mehr Zeit. Ich genieße jeden einzelnen Schluck und lasse mich auf den steinigen Dachboden sinken.
Da kommt mir wieder sein Gesicht in den Sinn und ich schütte mich, sodass mir schwindelig wird und ich kurz ein paarmal laut nach Luft holen muss. Meine Mutter kommt mir in den Sinn und der kleine, lebensfrohe Steve. Ich schluchzte verzweifelt auf und exe nun doch den Rest der Wodkaflasche. Ich nehme die nächste, die fast nichtmehr auf bekomme, weil meine Hände zu sehr zittern und ich alles doppelt sehe.
Ich trinke sie in einem Zug zur Hälfte leer und denke an meinen kleinen Steve. Ich habe geschworen ich würde für uns beide leben, ich würde das Leben schätzen und nicht einfach wegwerfen.
Ich laufe wieder zu einer der Kanten des Dachs und übergebe mich.
Ja Steve, ich schätze das Leben, doch es schätzt mich nicht. Ich gebe mich auf, so wie du dich aufgegeben hast.
Ich übergebe mich erneut über die Kante und trinke den letzten Rest des Wodkas leer und stehe schwankend auf.
Ich möchte ja nicht mit Kotzgeschmack im Mund sterben. Dann fallen mir Joshs Sachen ein, die ich immernoch anhabe. Ich sollte sie ausziehen, sonst wird er noch sauer. Ich grinse schief und schaffe es mit sehr vielen Versuchen endlich das T-Shirt und die Shorts auszuziehen und stehe und mit wackligen Beinen in Unterwäsche da. Ich stelle mich auf die Kante, wobei ich das Gleichgewicht nur schwer halten kann. Die Sonne ist fast aufgegangen und scheint schadenfroh auf mich herab.
Der Himmel ist wunderschön, mit den rosa und orangen gefärbten Wolken. Das Leben ist wunderschön, kommt es mir plötzlich in den Sinn und dann wieder mein Vater. Mein Steve. Die Schmerzen. Der alte Polizist, der meinen Vater nicht verraten hat um sich selbst mit mir zu Vergnügen.
Ja.., denke ich. Wunderschönes Leben.
Und mit diesem Gedanken, versuche ich nicht länger mein Gleichgewicht zu halten und spüre wie ich langsam nach vorne falle.

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Glück.
Roman pour AdolescentsDie junge Alaska hat ein Trauma erlitten und wird auf ein Internat für seelisch gestörte Jugendliche geschickt, wo sie die drei Jungs Chris, Nick und Josh kennenlernt. Die Jungs nehmen sie sofort in ihre Mitte auf und das obwohl Alaska kein Wort red...