24.

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Es ist niemand in der Bibliothek außer der Bibliothekarin, die einen Wagen herumschiebt und Bücher in die Regale zurücksortiert. Ich frage mich, ob sie alleine lebt, Katzen hat, vielleicht sogar Kinder- ob sie glücklich ist.
Sie sieht jedenfalls nicht besonders kinderfreundlich aus und glücklich erst recht nicht. Ihre dicken Augenringe und dem grimmigen Blick zu urteilen scheint es so, als wär es heute nicht ihr Tag.
Und das schon seit achtundfünfzig Jahren.

"Also, wie viel Zeit muss vergehen, ehe du mir endlich erzählst, was du in diesem Wohnviertel zu suchen hattest?", fragt Zac und fächelt sich mit seinem Lehrbuch Luft zu.

Da draußen die Termometer vor Hitze fast explodieren und in der Schule heute die Klimaanlagen ausgefallen sind, ist es leider fast nirgendwo auf dem Campus mehr auszuhalten. Der einzige halbwegs angenehme Ort ist die Bibliothek. Doch zum Glück hat der Rest der Schule mittlerweile hitzefrei oder schwänzt den Nachmittagsunterricht, sodass nicht sehr viele mehr hier sind. Quinn ist beim Cheerleadertraining, Eddie beim Football und Grace gibt Nachhilfeunterricht in der unteren Stufe, sodass Zac und ich beschlossen haben, die Mittagspause gemeinsam zu verbringen.

Ich zucke mit den Schultern und hebe eine Anmerkung auf der Buchseite mit neonpinken Textmarker hervor. "Ich war bei einer Freundin."

Er reißt mir den Stift aus der Hand, der eine pinke Diagonale auf der Seite hinterlässt. "Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du die lausigste Lügnerin der Welt bist."

Seufzend sehe ich hoch. Langsam geht selbst mir meine Durchschaubarkeit auf die Nerven.
"Dann gib mir Nachhilfe."

Zac grinst.
"Im Lügen?"

"Ja."

"Na schön." Er lässt den Stift fallen und sieht mich an. "Regel Nummer Eins: Nicht rot anlaufen. Das könnte dich eventuell verdächtig machen."

Ich fasse mir an die Wangen.
"Ich laufe rot an?"

Lachend klappt er sein Buch zu und verschränkt seine Arme davor. "Wie eine überreife Tomate."

"So wie damals?"

"So wie damals.", erwiedert er lächelnd und mustert mich einen Augenblick lang mit einem komischen Gesichtsausdruck, als im nächsten Moment plötzlich die Tür aufgerissen wird und der gesamte Raum prompt nach dem neusten Chanel-Duft riecht.

Olivia, Polly und Pamela kommen in die Bibliothek hineinspaziert und sehen dabei aus, als wären sie wieder original irgendeiner Modezeitschrift entsprungen.
Wie gerne hätte ich für einen Monat ihren Kleiderschrank.
Olivia sieht sich prüfend um, während ihr blondes Gefolge kaugummikauend in ihren Handys versunken sind und dabei kaum darauf achten, wo sie eigentlich hinlaufen.
"Josh hat schonwieder Amber's Bild geliked.
Was für ein Loser. Was erhofft der sich, ganz ehrlich?", stört Pollys Quitschstimme die harmonische Stille. Ihre blonde Dauerwelle wippt dabei auf und ab.

Pamela zupft an ihrer sündhaft teuren Markenjeans und lässt dabei ihre Reifen-Ohrringe klimpern.
"Du musst ihm zeigen, was er verpasst. Poste ein Bild mit dem süßen Rock von gestern."

"Du meinst den aus Wildleder?"

"Ja, genau der."

"Wär das dann nicht zu schlampig?", fragt Polly und begutachtet ihren
Monumental-V-Ausschnitt, der ihre riesigen Brüste fast herausspringen lässt.

Once upon a fuckboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt