30.

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Jason sieht erst zu mir, dann den Bruchteil einer Sekunde zu Alex und dann zu Dex. Bei ihm bleibt sein Blick auf der Stelle liegen. Seine Augen weiten sich. Er öffnet seinen Mund, doch spricht nicht.
Jason bleibt einige Meter vor uns stehen.
Dex ebenfalls. Er scheint seinen Augen nicht trauen zu wollen.
Entsetzt lässt er Alex los, die ich inzwischen auch nicht mehr halten kann und neben mir auf den Boden in sich zusammenfällt.
Doch keiner schenkt ihr Beachtung.

"J-Jason?", fragt Dex und seine Stimme zittert dabei heftig.

Was ist hier los?

"Dex.", antwortet Jason und er schluckt tief.

Ich sehe zwischen den beiden hin und her.
Und eins wird mir sofort klar:
Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht...

***

Jason und Dex kennen sich.
Sie haben eine Vorgeschichte, von der ich nichts weiß und mich wahrscheinlich auch nichts angeht.
Aber ich spüre die Spannung zwischen den beiden und es scheint, als wären sie nicht besonders gut auseinander gegangen.
Ich würde so gerne wissen, was in ihren Köpfen vorgeht, aber leider schaffe ich es nicht.
Die Jungsgruppe des Tisches in der hinteren Ecke der Bar hat inzwischen aufgehört zu reden und sieht interessiert zu uns herüber.
An der Decke flackert die LED-Lampe.

"Willst du mich gerade verarschen?", zischt Dex fast lautlos und dabei blitzen seine karamellfarbenden Augen gefährlich auf.

Jason antwortet nicht. Er sagt nichts.
Er reagiert rein gar nicht und starrt ihn einfach nur an.

Jason

Es ist unfassbar, aber er ist es. Ganz sicher. Ich habe ihn sofort erkannt.
Und jetzt steht er plötzlich hier vor mir, wahrscheinlich momentan mit dem wohlmöglich tiefsten Hass auf mich, den man sich vorstellen kann. Aber ist es ihm zu verübeln? Nein. Ganz und gar nicht. Ich versuche noch abzuwägen ob der Glanz seiner Augen Wut und Enttäuschung oder pure Erleichterung wiederspiegeln. Aber es ist schwer, nach all den Jahren noch sein Gesicht lesen zu können. Und das, obwohl ich es schon so oft getan habe.
Dabei hätte ich niemals, wirklich niemals geglaubt, dass wir uns noch mal in diesem Leben begegnen würden.
Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal an ihn gedacht habe. Die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Wege sich jemals noch einmal kreuzen könnten, war gleich Null.
Trotzdem habe ich ihn nie vergessen.
Dex. Dex Collins. Eigentlich Derek Collins. Aber ihm war der Name schon immer zu langweilig. Dex passte besser zu ihm.
Seine Haare sind kürzer, er hat sich einen Bart wachsen lassen und offensichtlich angefangen zu trainieren.
Er ist scheinbar in dieselbe Stadt gezogen, wie ich. Nicht weit entfernt von der alten.
Möglich war es also schon.
Egal, wie groß dieser Planet auch scheint, die Welt ist klein.
Es liegt mir auf der Zunge, mich für alles zu entschuldigen, aber ich weiß, dass ich es nicht kann. Ich muss auf seine Frage antworten.

"Dex, hör mir zu-", will ich anfangen, doch er unterbricht mich laut.

"Ist das dein scheiß Ernst gerade?" Sein aggressiver Blick zeigt deutlich, dass die Wut auf mich in ihm aufsteigt und die Überhand bekommt.
"ALTER, HAST DU EINE AHNUNG DAVON...KANNST du dir eigentlich vorstellen, wie es mir ging?" Er kommt bedrohlich nah an mich herangetreten.

"Tut mir leid. Ich musste das tun. Phil-"

"Phil ist mir scheißegal, Jason. Was ich von dir wissen will ist, war es wirklich nötig, mich anzulügen?"

Once upon a fuckboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt