Alkohol hat bei vielen so eine Wirkung. Ein Gläschen fällt bei einigen meist noch gar nicht auf, aber spätestens nach dem vierten entfaltet er seine Kraft. Manche Menschen können es ganz gut verbergen.
Andere wiederum werden total ausgelassen.
Wie beispielsweise meine Familie.Und es ist offensichtlich, dass das geringe Alkoholverträgnis bei uns in den Genen liegt.
Aber zugegeben- Jason's Idee mit dem Wein war nicht ganz dumm.Meine Mutter hatte die Pizza weggeworfen, bevor er auch nur ein Stück davon probieren konnte. Als Entschädigung bestand sie auf ein Gläschen guten, alten Rotwein, den vorallem meine Großmutter sehr hoch setzte.
Doch aus einem Glas wurden dann schließlich zwei. Aus zwei drei und aus drei irgendwann fünf Gläser.
Und während meine Mutter jeden Satz mit einem Schluckauf beendete, mein Vater plötzlich jede Kleinigkeit als absoluten Kracher des Abends empfand und meine Großmutter nur noch Stuss vor sich hinredete, blieb Jason total unberührt und neutral, aber dennoch belustigt über meine Familie.
Ich hatte nichts getrunken. Nicht nur allein aus dem Grund, das ich bereits nach meinem ersten Glas auf den Tischen tanzen würde, sondern auch, weil mir Wein einfach nur nach Metall schmeckt und ich lieber nüchtern in Schamgefühl ertrinke.Aiden hat sich ebenfalls zurückgenommen. Er hat mich und Jason den ganzen Abend über prüfend und total seltsam bemustert, bevor er dann irgendwann wortlos in seinem Zimmer verschwunden ist.
Meine Grandma und ich sitzen im Wohnzimmer, sie auf der Polstercouch und ich im Sessel neben ihr, während im Plattenspieler irgendwelche alten, klassischen Schnulzwalzer abspielt werden und meine Granny dazu beschwingt im Takt hin und her wippt.
"Sommer 1945. Zu diesem Lied haben dein Großvater und ich uns im alten Stübchen eines Bootsverleihs in San Francisco kennengelernt." Verträumt starrt sie lächelnd Löcher in die Luft. In ihrem Kopf spielt sich offenbar gerade ein Flashback ab. "Meine Freundin hatte dort damals ihren Geburtstag gefeiert. Ich wollte zunächst nicht hin, doch irgendwie hat sie es dann doch geschafft mich zu überreden."
Sie hört auf sich zu bewegen und ihre Augen beginnen zu funkeln.
"Und dann stand er da. Wir haben die ganze Nacht zu diesem Lied getanzt." Sie hebt besinnt ihre Augenbrauen. "William war wirklich ein Prachtkerl. Ein Charmeur. Er wusste, wie man mit Frauen umgehen musste. Er wusste es ganz genau." Sie sieht zu mir. "Das hat mich wahrscheinlich so verrückt gemacht. So verrückt, dass ich nicht mehr aufhören konnte an ihn zu denken. Er war meine erste große Liebe. Und wenn ich ehrlich bin, daran bereue ich nichts."Mein Herz geht auf, sie so zu sehen.
Ich habe meine verbissene Grandma selten so schwärmend und melancholisch erlebt. Normalerweise spricht sie hasserfüllt und schrecklich schlecht von dem Vater meiner Mutter.
Mein Großvater hat sie vor zwanzig Jahren ungefähr für eine andere, jüngere Frau verlassen, während sie in Italien einen Erfolgssprung hinlegte.
Ich weiß nicht genau, wo er jetzt lebt, aber vielleicht ist das auch gar nicht mal so wichtig."Er hat dich gern, mein Täubchen.", wirft sie plötzlich ein.
Ich schaue meine Großmutter irritiert an und laufe wahrscheinlich gerade knallrot an. "Wer?"
"Der Junge, den du mitgebracht hast.
Julien...Jean...Jacob...""Jason?"
"Genau der."
Ich muss kurz kichern.
"Da spricht der Wein aus dir, Grandmom.""Nein, da spricht die ungehemmte Ehrlichkeit aus mir. Blair, sieh mal." Sie schlägt ihre Beine übereinander und lehnt sich zu mir rüber, sodass nur ich hören kann, was sie mir jetzt zuraunt, obwohl wir die einzigen im Raum sind. Meine Mutter ist oben, um ihren Schluckauf zu bekämpfen und die Bluse mit dem roten Fleck zu wechseln, der höchst wahrscheinlich nie wieder heraus gehen wird.
Dad und Jason versuchen im Garten mit schwerer Mühe den alten Grill aufs Laufende zu bringen, nachdem meinem Vater die geniale Idee kam, ein menschenwürdiges und richtiges Abendessen servieren zu können. Sein Lieblingsabendessen.
Fleisch und deutsches Bier.
Und Aiden ist... ja... keine Ahnung wo der schon wieder ist.
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Once upon a fuckboy
Teen FictionGegensätze ziehen sich ja für bekanntlich an. Jedoch hat niemand je bestritten, dass sie sich nicht auch ausziehen können... "Und obwohl mir klar ist, dass er mir eines Tages das Herz brechen wird, erlaube ich ihm immer weiter, ein Stücken mehr davo...