Der Regen prasselt auf die Erde nieder, als ich durch die Drehtür hinaus die Tanzhalle verlasse und die Stufen hinuntersteigen will. Ich ziehe meine Jacke als Schutz über den Kopf und tapse eilig über den Platz Richtung Parkplatz.
„Blair!", höre ich eine weibliche Stimme hinter mir rufen und ich blicke mich erschrocken herum.
„...Rebecca?" Ich traue meinen Augen kaum. Doch sie ist es tatsächlich. Der schwache Schein einer naheliegenden Straßenlaterne zeigt deutlich ihr hübsches Gesicht, welches sie unter einer dunklen Kapuze versteckt. Sie trägt einen übergroßen Hoodie, in deren Vordertasche sie ihre Hand vergraben hat. In der anderen hält sie einen riesigen, grünen Regenschirm.
Mit sanftem Lächeln kommt sie auf mich zugelaufen.
Ich traue mich kaum, etwas zu sagen. Was hat sie hier zu suchen? Seit drei Wochen wird sie als vermisst gemeldet und jetzt taucht sie einfach ohne Ankündigung vor der Tanzhalle auf?
Als Rebecca mich erreicht hat, hält sie den Regenschirm über unsere Köpfe, dass wir beide einen trockenen Platz unter ihm schaffen. „Man, ich dachte schon, dass ich dich verpasst habe.", seufzt sie erleichtert.
Wo sie jetzt so von Nahem vor mir steht und ich ihre Gesichtszüge erkennen, läuft es mit eiskalt den Rücken hinunter. Ich schlucke tief.Rebecca gehörte schon immer und ohne Zweifel zu den schönsten Mädchen der Schule. Sie war offen, fröhlich und hatte stets ein herzliches Lächeln auf den Lippen, aber davon ist gerade keine Spur mehr zu erkennen.
Ich wundere mich, dass sie gerade stehen kann, denn ihr Äußeres macht den Eindruck, als wäre sie in einer toten Hülle gefangen.
Rebeccas Augen umgeben tiefblaue Ringe, ihre sonst so rosige Haut ist leichenblass und Rebecca strahlt nicht mehr die positive und liebevolle Leichtigkeit aus, wie sonst.
Im Gegenteil. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, sie wär eine Halbtote.
Rebecca starrt mich mit leeren Augen an, die vollkommen ihren Glanz verloren haben. Ihre Finger sind spindeldürr und auch ihre Wangenknochen haben sich markanter herausgebildet. Ich erkenne ihre Figur unter dem Hoodie nicht ganz, aber dem Gesicht und den Fingern zu urteilen, kann ich mir vollstehen, wie abgemagert sie sein muss.Unter meinem Schock, bringe ich kein Wort heraus.
„Ich weiß, was du dir gerade denkst. Aber mach dir keine Sorgen, ich bin bereits wieder zuhause. Schon seit einer ganzen Weile." Sie sieht sich mit hektischen Blick um und scheint auch leicht zu zittern. „Ich bin das erste Mal seit meiner Rückkehr wieder alleine draußen und meine Eltern würden mich wahrscheinlich vor Sorge dafür umbringen, aber ich musste dich dringend sprechen. Und das allein. Hast du kurz Zeit?"
„Ich...äh... ja, klar.", stammle ich und sehe mich um.
„Wollen wir uns unterstellen?" Sie deutet auf das hervorstehende Dach über dem Eingang der Tanzhalle.
Ich nicke stumm und folge ihr dorthin.
Unter dem Dach, klappt sie ihren grünen Regenschirm ein und legt ihre Kapuze ab.
Ihre wunderschönen, langen, braunen Haare sind raspelkurz abgeschnitten.Als sie meinen irritierten Blick bemerkt, lächelt sie leicht. „Keine Sorge, das war ich selbst."
Ich starre sie an und mustere Rebecca einfach nur eine Zeit lang. Mir ist es wie ein Stich ins Herz. Man erkennt sofort, wie sie gelitten haben muss. Ihr geht es nicht gut. Sie will stark wirken, aber sie ist schwer gebrochen.
„Was...was ist passiert?", frage ich.
Rebecca starrt zu Boden. „Naja... das Schlimmste ist, dass ich dir selbst diese Frage kaum beantworten kann." Sie seufzt. „Ich bin eines Nachts allein von Jason nach Hause gelaufen, als ich nur einen weißen Transporter an der Straßeseite halten hab sehen. Da sind zwei dunkle Gestalten ausgestiegen, beide Männer waren vermummt, ich konnte ihre Gesichter nicht erkennen." Sie zückt zitternd ein Feuerzeug und eine Zigarette aus der Vordertasche ihres Hoodies und klemmt sich die Kippe in den Mund. Ich wusste nicht, dass Rebecca raucht.
Während sie weiterspricht, wird ihre Stimme immer leiser und ehrfürchtiger. Sie starrt geradeaus auf die Straße. Der Regen prasselt nebenher auf das Vorderdach und auf die Straße, aber er ist für mich, wie stunm geschaltet. Das einzige, was ich Aufmerksamkeit schenke, sind Rebeccas Worte und ihre in der Dunkelheit aufglimmende Zigarette. Sie zieht an ihr, als wären es ihre letzten Atemzüge zu leben.
Ich spüre, wie sie leidet, während sie erzählt. Ich spüre, dass es eine riesige Überwindung für sie ist, darüber zu sprechen.

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Once upon a fuckboy
Fiksi RemajaGegensätze ziehen sich ja für bekanntlich an. Jedoch hat niemand je bestritten, dass sie sich nicht auch ausziehen können... "Und obwohl mir klar ist, dass er mir eines Tages das Herz brechen wird, erlaube ich ihm immer weiter, ein Stücken mehr davo...