Zwei Wochen vergehen.
Vierzehn Tage.
Dreihundertsechsunddreißig Stunden, in denen ich mühsam versucht habe, Jason gekonnt zu ignorieren. Im Unterricht war das nicht schwer. Immerhin schlief er da immer ein und erleichterte mir so die Vermeidung eines Blickkontaktes. In den Pausen ließ er sich nur selten blicken. Ich schaute ihn nicht an, sprach nicht mit ihm und schrieb ihm keine Textnachrichten.
Und ich wäre auch mächtig stolz auf mich über diesen riesigen Fortschritt, wenn es da nicht das ärgerliche Detail gäbe, dass es mich in den Wahnsinn treibt, ihn dabei zu beobachten, wie ihn meine Ignoranz am Allerwertesten vorbeigeht.Sie interessiert ihn nicht einmal!
Ich interessiere ihn nicht einmal!Und auf der einen Seite hat das ein Teil tief in mir ganz genau gewusst und schreit jetzt schon seit Tagen mein Gewissen an: "ICH HABS DIR JA GESAGT, DU IDIOT!"
Aber so langsam finde ich mich damit ab. Die Zeit vergeht und Graß wird drüber wachsen.Inzwischen ist es fast Herbst. Die Blätter an den Ästen im Park und in den Gärten sind dabei sich in ein leuchtendes Orange und Rot zu
verfärben und ein frischerer Wind weht durch die Straßen unserer Kleinstadt.
Der heiße September-Nachsommer ist vorrüber und so langsam beginnt sich der fröstelnde Oktober im Land breit zu machen.
Ich ziehe meinen dicken Schal enger, als ich aus der Tanzhalle komme und mir der kalte Wind ins Gesicht bläst.
Als ich gerade den Zebrastreifen, der auf die andere Straßenseite führt ansteuere, höre ich plötzlich jemanden hinter mir laut herrufen."He, du! Warte mal..."
Ich drehe mich herum.
Daniel Stevens -der kotzbrockige
TV-Choreograf kommt mir in seinen kreischgrünen Sportschuhen hinterhergehüpft. Er trainiert die Jugendstraftäter in der Hip-Hop-Gruppe, aus der Jason ausgetreten ist.
Sein strahleweißes
Werbe-Zahnpastalächeln blendet mich schon von weitem.
"Blair... richtig?"Ich bleibe stehen, nicke und wundere mich, dass er tatsächlich meinen Namen kennt.
Seit den spöttischen Bemerkungen gegenüber uns Balletttänzerinnen ist er mir schrecklich unsympathisch und ich könnte mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, dass er etwas mit einem von uns was zu tun haben wollen würde.
Und das beruht auf Gegenseitigkeit."Du hast es aber ganz schön eilig... wusste gar nicht, dass ihr so schnell aus euern Strumpfhöschen schlüpfen könnt.", grinst er und schmiert seine Schmalzlocke wieder nach hinten.
"Ich wollte mal eben mit dir über etwas sprechen.", erklärt er, als er vor mir steht und seinen dicken Fellmantel zuknöpft.Meine Haare fliegen mir um die Ohren und ich verspüre das Bedürfnis einfach zu gehen und ihm nicht zuzuhören. Aber so wurde ich nicht erzogen, deswegen bleibe ich. Zwar tobe ich innerlich, aber ich bleibe.
"Du weißt ja... meine Jungs und ich, wir haben ein ziemlich gutes Verhältnis. Es sind zwar pubertierende Kids, deren Leben ein einziges Wrack ist und bis zum Hals in Scheiße steckt, aber sie schätzen meine Aufmerksamkeit ihnen gegenüber auch sehr. Zum ersten Mal haben die Kids etwas, an das sie festhalten und glauben können. Freundschaft, Vertrauen und Gemeinschaftsgefühl.
Ich erkenne eine fantastische Entwicklung, ihnen alle scheint das Tanzen sehr Spaß zu machen."
Ich sehe kurz hinter ihm, um nachzusehen ob da nicht irgendeine Kamera steht, die alles mitfilmt und ich plötzlich in einer Unterhaltungsshow sitze, in der Daniel den Moderator spielt. Aber tatsächlich- da ist keine.
Er labert einfach nur drauf los."Worauf wollen sie hinaus?", frage ich kühl und stopfe meine Hände in die gefütterten Taschen meiner Jeansjacke.
Daniel räuspert sich kurz, bevor er weiter spricht. "Jedenfalls... reden wir auch ziemlich viel. Wir tauschen uns aus und erzählen alles."
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Once upon a fuckboy
Teen FictionGegensätze ziehen sich ja für bekanntlich an. Jedoch hat niemand je bestritten, dass sie sich nicht auch ausziehen können... "Und obwohl mir klar ist, dass er mir eines Tages das Herz brechen wird, erlaube ich ihm immer weiter, ein Stücken mehr davo...