Kapitel 4

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"Autsch!", stöhnte ich und drehte mich in dem Deckengewirr um. Mein Kopf dröhnte, meine Glieder schmerzten und mir war übel.

Fuck, was hatte ich bloß angestellt? Ich versuchte aufzustehen, doch ich hatte einfach nicht genug Kraft in meinem Körper.

"Schon wach, Süße?", fragte eine Stimme neben mir.Ich hob schwerfällig den Kopf und drehte ihn zur Seite. Meine beste Freundin saß neben mir und reichte mir eine Flasche Wasser."Gegen den Kater.", lächelte sie. Ich wollte mich bedanken, doch meinem Mund entfloh nur ein heißeres Krächzen. Mein Hals brannte, als hätte ich in ihm ein Feuer entfacht. Schnell griff ich nach der Flasche und kippte mir das Wasser den Rachen runter. Das Schlucken schmerzte höllisch und ich biss die Zähne aufeinander."Oje, ist es so schlimm? Ich hol dir schnell Aspirin. Eine Sekunde." Mit diesen Worten sprang Miranda auf und rannte aus dem Zimmer.Bei genaueren Hinschauen bemerkte ich, dass ich mich auf Mirandas Bett befand, dass mindestens doppelt so groß und weich war, wie meins.Was war nur passiert, dass ich einen solchen Kater hatte? Dunkel erinnerte ich mich an grelle Lichter und laute Musik. Disco also. Doch warum hatte ich mich volllaufen lassen? Und was war danach passiert?

Miranda schreckte mich aus meinen Gedanken, indem sie sich neben mich kniete und fröhlich sagte: "Hier dein Aspirin."Wieso war sie so fröhlich, und vor allem so fit? War sie nicht besoffen gewesen?Ich schluckte brav das Aspirin und versuchte stöhnend mich aufzurappeln. Miranda half mir. Grinsend sagte sie: "Ich bin sooo stolz auf dich! Dein erstes One Night Stand!"

Moment mal! WAAAAAS???

"Und wie war es?", fragte sie mich aufgeregt,"Toll, oder?" Ich versuchte mich krampfhaft an den gestrigen Abend zu erinnern. Was war bloß passiert? Verdammt! Plötzlich schoss mir das Bild eines ungefähr zwanzig Jahre alten Mannes mit dunkelblonden gestylten Haaren durch den Kopf. Ohoh...wehe...Einzelne Szenen schossen mir durch den Kopf. Er und ich an der Bar...er macht mich an...wir sind im Gang....ich küsse ihn!.... und Schwärze. Mist! "Und du bist sicher, dass ich mit dem Typ ein one Night Stand hatte?", fragte ich vorsichtshalber nach. "Nun ja, ihr seid kichernd, mit verwühlten Haaren aus der Toilette spaziert.", grinste Miranda."Oh Mist! Hoffentlich bin ich nicht schwanger!", fluchte ich in plötzlicher Panik."Ach Quatsch! Nye ist einer der wenigen Männern, die auf so was achten!", meinte Miranda beruhigend."Nye?" "Nye Kingsten" So also hieß also der dunkelblonde Typ."Lass mich raten, es war auch mal eines deiner Betthasen (Batthäschen passte ja irgendwie nicht)?", fragte ich Miranda schmunzelnd. Sie war einfach unverbesserlich.

"Jup, und sogar einer, bei dem ich mir den Namen merken konnte!", kicherte Miranda.Ich verdrehte die Augen, musste aber grinsen.

Trotzdem wollte ich diesem Nye nie wieder begegnen. Es war nicht so, dass ich noch Jungfrau war, schließlich hatte ich mal einen Freund, aber dennoch war es mir peinlich, da ich normalerweise mich nicht so verhielt."Oh Gott, wohnt er hier in der Stadt?", fragte ich sie etwas panisch."Leider nein.", sagte Miranda. Ich atmete erleichtert auf."Im Vorort."Miiiiiist!!!

"Wie lief es eigentlich bei dir dir gestern Abend?", fragte ich Miranda , um von mir abzulenken."Ach...nicht so gut. Entweder ich 'kenne' die Männer bereits von früheren Nächten, oder es sind die totalen Loser. Ich hatte einfach schon alle Guten! Vielleicht sollte ich umziehen.", murrte Miranda.

Das Schlimme daran war nur, dass sie jedes Wort verdammt ernst meinte! In Sachen Jungs hatte ich sie noch nie verstanden. Ich lachte: "Nein, du bleibst schön hier. Ich brauch dich doch!" "Stimmt Süße.", lächelte Miranda,"Ohne dich könnte ich nicht leben!" "Aww.....aber ich bin nicht süß!", empörte ich mich."Neeeeiiin.", sagte Miranda ironisch, "Wie komme ich denn auf diese Idee? So abwegig, oder?"Ich verdrehte abermals die Augen.

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Ding! Dong!

Ich trat automatisch einen Schritt von dsr Tür zurück. Vermutlich, weil man bei meiner Mutter nie wusste, was sie in ihrem Enthusiasmus wieder zusammenbrodelte. Mal versuchte sie aus gekochtem (!) Essen ein Kunstwerk zu erschaffen, mal flutete sie den Flur, um das ganze Haus in ein Kunstwerk zu verwandeln. Vor allem bei letzterem hatte ich wenig gute Erfahrung gemacht, da ich vor der Haustür gestanden hatte und plötzlich Wassermassen auf mich eingeströmt waren...

Meine Mutter war kein Fall für die Psychatrie, falls ihr das denkt. Es ist nur so, dass sie wie ein Kind am laufenden Band irgendwelche absurden Ideen hatte und diese, sehr zum Leide ihrer Mitmenschen, ohne langes Nachdenken ausprobierte.

Die Haustür schwang auf und meine Mutter stand in einem weißen Hemd von Dad und einem Eimer Kleister in der Hand auf der Türschwelle."Halohooo!", begrüßte mich meine Mum fröhlich (Hatte sie denn jemals eine andere Stimmung? ... Nein!) Sie tänzelte leichtfüßig den mit Zeitungen ausgelegten Flur entlang und stellte den Eimer Kleister neben einem Berg Papieren ab. Wenn ich ehrlich war, wollte ich nicht mal wissen, was sie damit vorhatte.

Meine Mum drehte sich wieder zu mir um und lächelte mich beschwingt an: "Na, hattest du eine schöne Nacht? Wurde auch Zeit, dass du mal feiern gehst! Wozu ist man denn Teenie?" Ich könnte sie jetzt natürlich auch darauf hinweisen, dass ich gestern volljährig geworden bin...

"Hast du die ganze Nacht durchgemacht? Na ja, egal, gut siehst du aus!", fuhr meine Mum munter fort.

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Leider lag meine Mum falsch. Ich sah NICHT gut aus. Also, es sei denn, man findet, dass Menschen, mit riesigen Schatten unter den Augen, verzausten Haaren und verschmiertem Lippenstift (Gestern Abend hatte ich den noch nicht auf meinen Lippen!) gut aussehen.Schnell packte ich das Handtuch und wischte mir über mein Gesicht. Leider verteilte das meine sowieso schon verschmierte Schminke noch weiter im Gesicht. Juhuuuuuuu! Jetzt sah ich nicht mehr aus wie ein Pandabär, sondern wie ein ganz schwarzer Bär (Gibt's das überhaupt?).

Genervt schloss ich die Badezimmertür ab und entledigte mich meinen Kleidern. Dann sprang ich, geflissentlich ignorierend, dass die Schminke hinterher noch schlimmer (also falls das noch geht) aussehen würde, unter die Dusche.

Das warme Wasser tat gut. Ich musste die letzte Nacht erst mal richtig verarbeiten. Wie konnte ich es bloß so weit kommen lassen? Aber vor allem musste ich dafür sorgen, dass ich diesen Nye NIE wieder traf.

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Meine Haare trieften noch, als ich das Wohnzimmer betrat. Meine Mum legte wohl gerade eine Künstlerpause ein, denn sie lag mit geschlossenen Augen auf dem Sofa und summte fröhlich vor sich hin. Mein Dad saß in eine Zeitung vertieft neben ihr neben ihr. Ich warf mich müde auf den Sessel, allerdings nicht ohne gleich mal die erstbeste Vase vom Wohnzimmertisch zu fegen. Mein Vater schaute bei dem Scheppern kurz auf, schien sich aber nicht wirklich dafür zu interessieren, während meine Mum freudig (!) aufsprang und die Scherben aufsammelte. Glücklich hielt mir meine Mum sie unter die Nase und fragte glücklich: "Passt das nicht wundervoll zu meiner Skulptur, die ich gerade bastel? So als Panzer?" "Ähm ja?", meinte ich vorsichtig.

Meine Mum verschwand glücklich mit den Scherben auf dem Flur. Peinliches Schweigen im Wohnzimmer. Ich rutschte unbehaglich auf dem Sessel herum. Hoffentlich fand er mein nächtliches Wegbleiben ebenso wenig schlimm, wie meine Mum.Ich wollte gerade nach der Fernbedienung greifen, als mein Dad schließlich fragte: "Und, wie war die Party?"

Ohoh....falsches Thema mein Lieber..."Eigentlich ganz gut. Etwas zu laut, für meinen Geschmack." "Lass dich bloß auf niemanden ein, dass hat bisher nie gut geendet."

Zu spät....

Personal AgentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt