Kapitel 29

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Genervt drängte ich mich durch die überfüllte Flughalle, möglichst darauf bedacht niemandem die Füße zu zerquetschen, was in dieser Menschenmasse so gut wie unmöglich war. Es herrschte Hochbetrieb. Unzählige Menschen hetzten kreuz und quer herum, blockierten die Ausgänge und besetzten die Schnellrestaurants. Ein unverständliches Stimmengewirr hing im Raum, Ausrufe in fremdartigen Sprachen schwirrten mir um den Kopf.

Nye hatte ich bereits vor geraumer Zeit aus den Augen verloren und so musste ich mir allein den Weg durch das Gedränge suchen suchen. Gaaanz toll! (Sarkasums lässt grüßen.)

Ich quetschte mich eilig an einem älteren Herrn mit weißem, dichten Vollbart und winzigen Äuglein vorbei. Seine Hand zuckte leicht vor Schreck und Kaffee schwappte aus seinem Pappbecher - direkt auf meinen Fuß. Wohin auch sonst? Angewiedert lief ich weiter, ohne auf seine unverständliche (Portugiesisch? Chinesisch? Mexikanisch? Russisch?...) Entschuldigung zu hören. Zumindest glaubte ich, dass es eine war. Es war irgendein schneller Kauderwelsch, kaum aussprechbar, so wenig Vokale befanden sich in dem Satz. Definitiv kein Englisch.

Genervt drängelte ich mich weiter auf das große Schild zu, auf dem in breiten Buchstaben 'Exit' stand. Leider musste noch ein zerquetschter Fuß dran glauben, bevor ich an der großen Glastür in nach draußen ankam. Genauer gesagt war es der Fuß eines höchstens fünfjährigen Kindes. Eines sehr lauten fünfjährigen Kindes, wohlgemerkt. Es schrie und heulte so laut, als ich ihm ausversehen auf den Fuß trat, dass man es in der ganzen Halle hörte. Genervte und Vorwurfsvolle Blicke richteten sich auf uns. Ich wäre vor Scham am liebsten im Erdboden versunken. Es brauchte etliche Entschuldigungen und einen Schokoladenriegel, um das Kind zu beruhigen. Dafür lagen nun meine Nerven blank.

Ich stieß gestresst die Eingangstür auf und trat in Freie. Erleichtert holte ich tief Luft. Ein kühler Wind strich mir durch man Haar. Die Wolken hingen tief am Himmel, doch bisher regnete es noch nicht.

Ein kleiner Parkplatz erstreckte sich vor dem insgesamt eher kleinen Flughafen, welcher sich etwas auswärts von Wales Hauptstadt Cardiff befand. Leider ließ die kleine Größe nicht die Anzahl der Reisenden schrumpfen. Sonst hätte ich jetzt nämlich einen Kaffeefleck weniger auf meinen Schuhen und noch ein paar Nerven mehr.

Suchend hielt ich nach Nye Ausschau, bis ich ihn schließlich angelehnt an einen silbernen, unauffälligen Kleinwagen im hintersten Eck des Parkplatzes entdeckte. Erleichtert packte ich meinen Rollkoffer und eilte auf ihn zu. Mein Koffer ratterte laut über das holprige Pflaster, welches die Fußgängerwege markierte. Dennoch versuchte ich die stechenden Blicke der Leute zu ignorieren und möglichst nicht rot zu werden. Es blieb bei einem Versuch. Mein Kopf machte jede Tomate neidisch.

Als ich endlich bei Nye ankam, packte er wortlos meinen Koffer und warf ihn zu seiner Reisetasche in den Kofferraum. Seufzend öffnete ich die Beifahrertür und stieg ein. Nye folgte meinem Beispiel und setzte sich auf die Fahrerseite. Mit einem surrenden Geräusch ließ er den Motor anspringen und und düste mir hoher Geschwindigkeit, die ich dem Kleinwagen niemals zugetraut hätte, vom den Parkplatz. Wir bogen auf die Landstrase ab, fuhren allerdings sehr zu meinem Verdruss nicht nach Cardiff, sondern in die Gegenrichtung. Direkt irgendwo ins nirgendo.

Ich hatte tatsächlich gedacht zu wissen wohin wir reißen würden, nach dem ich 'Cardiff' auf meinem Flugticket gelsen hatte. Konnte ich leider nich ahnen, dass wir hier ein Auto hatten!

"Wohin fahren wir?", versuchte ich mein Glück, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass Nye mir keine brauchbare Antwort geben würde. Wegen Schweigepflicht des Geheimdienstes, zu meinem eigenen Schutz und so. Gequirlte Scheiße. Weil es mich ja auch so schützte, nicht zu wissen, wo ich war.

Tatsächlich lautete Nyes Antwort "Egal.". Wirklich sehr hilfreich! Ich verdrehte die Augen und starrte aus dem Autofenster. Die Landschaft wirkte heller, freundlicher, als die, welche man in Schottland vorfand. Nicht so rau und düster. Hier gab es Laubbäume und Felder, wohin man auch sah, welche sich auf der topfebenen Fläche aneinanderreihten. Nirgendwo dunkle Tannenwälder oder ruppige Berge. Eine ganz nette Abwechslung, auch wenn die Landschaft wenig interessant war

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