Kapitel 13

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Was machte der denn hier? Langsam wurde das ganze gruslig... Aus dem Auto war tatsächlich Nye Kingsten ausgestiegen. Ja, der mit dem ich letzten Samstag meine Nacht verbracht habe...

Er kam mit großen Schritten den Kiesweg hinauf. Ich kauerte mich in das Gras. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Hoffentlich fand er mich nicht...

Nye ging an mir vorbei und ging die breite Treppe hinauf. Ehrleichtert stieß ich Luft aus. So oft ich es auch verfluchte so klein zu sein, es hatte durchaus auch seine Vorteile.

Ich robbte ein bisschen näher heran um besser sehen zu können, auch wenn ich mir selbst nicht erklären konnte, woher mein plötzlicher Mut kam.

Nye drückte die Klingel und schnipste unruhig mit seiner Hand gegen die Wand. Die Pforte schwang auf und dieser Mr. Smith begrüßte Nye mit einem Händeschütteln. Fünf Sekunden später waren auch schon beide in der Villa. Ich starrte fassungslos auf die geschlossene Tür. Das konnte doch nicht wahr sein! Irgendwie war alles ineinander verstrickt und verknotet, aber ich bekam einfach nicht das Ende der Schnur zu fassen.

Ohne zu wissen, woher mein plötzlicher Tatendrang kam, fasste ich den Plan mich wenigstens mal umzusehen. Normalerweise war ich nicht sehr mutig, aber im Moment überwog einfach meine Neugier. Alle schienen mehr zu wissen als ich. Das konnte ich absolut nicht leiden!

Ich ging leise, so weit dies eben auf Kieselsteinen ging, den Weg, der durch den prunkvollen Garten führte entlang. Links und rechts von mir blühten die schönsten Blumen, die den Gärtner garantiert nicht arbeitslos machen würden. Zwischen ihenen standen Statuen und irgendwelche nackte Engel, die ganz klar Zeuge von Geschmacksverirrung waren.

Ich schlich weiter um die Villa und suchte nach irgendeinem Einstieg hinein. Woher meine plötzliche kriminelle Energie kam, konnte ich selbst nicht sagen, denn aufgetreten war sie bisher nur selten.

Ich bog um die Hausecke und war zugegeben ziemlich geflasht. Direkt hinter der Terasse erstreckte sich eine riesige Poollandschaft. Und mit riesig meinte ich auch eindeutig riesig! Ich war von Miranda einiges gewöhnt, denn auch ihr Pool war alles andere als klein, doch das übertraf alles!

Ich drehte mich sprachlos um und schaute mir den Rest an. Eine riesige Terassenfläche mit unzähligen Verziehrungen und...eine offene Terassentür. Logisch, dass ich mich für sie mehr interessierte, als für die Terasse.

Ich sprintete hinter eine Palme und duckte mich hinter sie. Vorsichtig lugte ich an ihr vorbei und musterte das nicht gerade kleine Wohnzimmer, welches sich hinter einer Glasfront erstreckte. Glücklicherweise war niemand anwesend und so schlich ich vorsichtig über die Terasse.

Mein Herz pochte wie verrückt und meine Hände schwitzten, als ich die Terassentür ein wenig weiter öffnete. Mit vorsichtigen Schritten trat ich in das Wohnzimmer und schaute mich sofort nach einem guten Versteck um. Schnell duckte ich mich hinter das Sofa, da es einigermaßen blicksicher aussah. Tja, die Versteckspiele, die ich früher immer mit Miranda gespielt hatte, zahlten sich jetzt aus.

Als sich nichts rührte, sprintete ich zur der Tür, die, wie ich bemerkte, in den angrenzenden Flur führte.

Stimmen drangen von dem oberen Stockwerk hinunter zu mir. Sofort beschleunigte sich mein Atem. Langsam schlich ich den mit Marmor ausgelgten Flur entlang und spähte vorsichtig die Treppe hinauf. Nichts rührte sich. Ich lief leise, Schritt für Schritt, die breite Treppe hinauf. Die Stimmen wurden lauter und ich konnte erkennen, wer sprach. Es waren, wie sollte es auch anders sein, Mr Smith und Nye, die scheinbar ein angeregtes Gespräch führten.

Entlang der Wand rutschte ich näher an das Zimmer heran, aus dem die Stimmen drangen. Mein Herz schien mir beinahe aus der Brust zu springen, während mein Rücken über den kalten Stein glitt. Meine schwitzigen Hände stießen gegen den Türrahmen. Ich holte einmal tief Luft, bevor ich mich näher heranzog.

Meine kriminelle Energie verließ mich und ich bekam Panik. Wieso nochmal musste ich in ein Haus einbrechen? Genau! Es gab keinen Grund! Was sie wohl mit mir machen werden, wenn sie mich entdecken?

Ich versuchte krampfhaft meine Atmung unter Kontrolle zu halten, während ich durch den Türspalt linste. Mit dem Rücken zu mir standen dort Nye und dieser Mr Smith, die wild mit den Händen in der Luft herumfuchtelten.

"Ich soll also die Tochter beschatten?", fragte dieser Nye. "Ja",sagte Mr. Smith, "Es ist sehr wichtig." Nye nickte, als wüsste er Bescheid, was er wahrscheinlich auch tat. Nur ich nicht!

Wer sollte beschattet werden? Und vor allem, wieso wollten sie das machen? Sie waren ja wohl kaum ein Kinder-Detektivclub, wie Miranda und ich mal einen hatten.

Es war verdammt gruslig, wenn zwei erwachsene Männer vor deinen Augen beschließen jemanden zu 'beschatten'. Denn es gab nicht sonderlich viele Gründe so etwas zu tun! Entweder man war Stalker, plante eine Entführung oder hatte sonstige kriminelle Ideen. Allerdings befand sich keine Einzige gute Möglichkeit unter diesen Dingen. Wusste meine Mutter etwas davon? Und wenn ja, was hatte sie damit zu tun?

"Und was ist mit Lindsay Havly?", fragte Nye während er sich auf seinem Smartphone Notizen machte. Mein Herz hörte eine Sekunde auf zu schlagen um dann gleich wie verrückt zu schlagen. Meine Atmung beschleunigte sich (leider) hörbar.

"Sie wird...", fing Mr. Smith an zu sprechen, als Nye ihn am Arm packte und damit zum Schweigen brachte. "Ich habe da irgendetwas gehört...", murmelte er. Respekt! Gutes Gehör, Junge! Allerdings war jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt über so etwas nachzudenken!

Ich verharrte in meiner Bewegung und hielt die Luft an. Hoffentlich bemerkte er mich nicht. Nyes Augen musterten jeden Gegenstand in dem Raum genau, während er sich langsam in meine Richtung drehte. Ich wusste, dass jetzt vermutlich spätestens der Zeitpunkt wäre mich umzudrehen und wegzurennen, doch ich war vor Angst wie gelähmt.

Nye drehte sich ganz zu mir um und sah mir direkt in die Augen. Panisch blickte ich mich um und suchte nach einem Ausweg.

Ich löste mich aus meiner Starre und sprintete den ersten Gang entlang, den ich finden konnte. Doch leider war ich keine gute Sprinterin und leider waren meine Beine verdammt kurz, weshalb ich mir vorkam wie eine Schnecke.

Die Schritte hinter mir wurden immer lauter. Ich keuchte, während ich in den nächsten Gang einbog. Laut schnappte nach Luft und versuchte noch schneller zu rennen, doch meine Beine schmerzten, als würde ich bereits Stunden rennen. Das erklärte wohl auch meine knappe Vier in Sport. Verdammte Ausdauer!

Die Schritte waren jetzt schon fast gleichauf mit mir. Heißer Atem strich über meinen Nacken, als ich am Arm gepackt wurde. Ich versuchte mich zu befreien und schlug um mich, doch mein Gegner jaulte nicht wie erhofft auf, sondern warf mich einfach über die Schulter! Ich zuckte vor Schreck zusammen und wehrte mich heftig.  Verdammt! Ich musste hier weg! Doch das war leider leichter gesagt als getan.

Ich wurde wieder in das Zimmer geschleift, in dem vorhin das Gespräch stattgefunden hatte und auf einen Stuhl gesetzt.

Vor Angst zitterte ich wie Espenlaub. Was würden sie bloß mit mir anstellen?

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