Kapitel 18

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Langsam tauchte ich aus der Welt der Träume auf und blinzelte leicht. Strahlend blitze das Morgenlicht durch die Spalten meines Rolladens durch.

Komischerweise fühlte ich mich topfit, und das, obwohl ich eigentlich ein Morgenmuffel war. Normalerweise nämlich wäre das erste, was ich jetzt tun würde, mich wieder stöhnend in meiner Bettdecke zu vergraben. Jetzt allerdings verspürte ich in keiner Weise dises Bedürfnis. Vielleicht sollte ich in Zukunft doch öfter mal früh ins Bett gehen. Es konnte nur gut sein, nicht jeden Morgen aufpassen zu müssen, dass man nicht in der ersten Stunde Unterricht einschlief, insbesondere in solch ermüdenden Fächern wie Mathe.

Ich zog mich schnell um und lief die Treppen hinunter, nur um schließlich alleine im Esszimmer zu stehen. Ein Blick auf die Uhr genügte, und ich wusste, warum ich nicht wie sonst die letzte war, die sich dazu bequemte aufzustehen. Es war gerade mal acht Uhr. Ja, es rentierte sich wohl wirklich früh ins Bett zu gehen. Man wachte nämlich auch früher wieder auf. Allerdings musste ich jetzt wohl oder übel zum Bäcker gehen.

Seufzend lief ich in unsere Gaderobe und fing an mir die Schuhe anzuziehen.

Plötzlich verdeckte ein Schatten das Licht. Erschrocken blickte ich auf und starrte direkt in das Gesicht von Nye. Dieser schien allerdings zu sehr damit beschäftigt zu sein, meinen Körper genauer unter die Lupe zu nehmen, als dass er bemerken würde, dass ich ihn ziemlich dämlich anstarrte. Spanner?!

"Ähm...", ich räusperte mich, "Was genau soll das hier eigentlich werden?" Ich sah Nye verständnislos an. Dieser schreckte aus seinen Gedanken und murmelte: "Ähh...Was?...achso...", er zog sich seine Sneakers an und sagte: "Na, ich muss dich nun mal begleiten." Och runzelte die Stirn und meinte spöttisch: "Ja, du MUSST mich begleiten. Ohne deine Hilfe würde ich den Bäcker ja niemals finden... Schlaf einfach weiter! Ich bring dir auch ein Schokocroisant mit." Nye beharrte weiter auf seine Meinung: "Nein! Ich MUSS dich begleiten. Das nennt sich Personenschutz. Wenn dir etwas passiert, werde ich dafür verklagt. Glaub mir, ich stehe nicht freiwillig um acht auf!"

Machte er Witze? Verdammt! Ich war achtzehn! Ich durfte mich frei bewegen! Ärgerlich winkte ich ab: "Warum halten mich nur alle für so schwach? Ich brauche keinen Babysitter! Auf dieser kurzen Strecke wird mir schon nichts geschehen!" Nyes Miene blieb eisern: "Egal. Es ist nun mal, wie es ist." Grrr! Dieses Geheimdienstgetue wurde langsam echt albern!

Ich seufzte und ging ohne ein weiteres Wort den Flur entlang. Sofort sprang auch Nye auf die Füße, als würde er befürchten, dass ich im nächsten Moment wegrennen und abhauen könnte. Da brauchte er sich nun wirklich keine Sorgen machen. Die Vergangenheit hatte gezeigt, dass dies reine Energieverschwendung war.

Eilig verließ ich das Haus. Kühler Nebel waberte durch die Gärten. Das hob die morgendliche Stimmung doch gleich mal...nicht! Es war schließlich verdammt kalt! Tja, das war eben Schottland!

Ich wollte Nye die Tür vor der Nase zuschlagen, doch er schien damit gerechnet zu haben und stoppte sie rechtzeitig. Arschloch! Verärgert marschierte ich aus der Hofausfahrt.

Grr, seit geschlagenen fünf Minuten lief ich nun schon mit Nye direkt hinter mir durch die Gegend. Ich fühlte mich so bescheuert. Als wäre ich ein Baby, dass man nicht einmal vor die Haustür lassen kann! Es kam mir so vor, als würde jede Person, der wir begegneten mich spöttisch belächeln. Allerdings KONNTE dies gar nicht stimmen, schließlich würde so ziemlich jedes Mädchen nur Augen für Nye haben und mich, mit meinen knappen ein Meter fünfundfünfzig, völlig übersehen. Selbst die Männer wären nach Nyes Auftreten viel zu sehr damit beschäftigt ihr Ego zu polieren, als dass sie mich beachten könnten.

Auch Nye schien es nicht so zu gefallen, dass er mit mir durch die Stadt dackeln MUSSTE. Ob das daran lag, dass er jetzt noch liebend gerne in dem Gästebett läge, welches Mum ihm bereitet hatte, oder daran, dass er sich mit jemandem wie mir abgeben MUSSTE, wusste ich nicht. Allerdings war ich mir auch nicht sicher, ob ich es überhaupt wissen wollte, denn höchstwahrscheinlich würde die Antwort nur mein Ego kränken, zumindest, wenn es Variante zwei war.

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