Kapitel 37

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In dieser Nacht schlief ich schlecht - sehr schlecht sogar. Von Albträumen geplagt wälzte ich mich auf dem harten Boden des Zimmers - oder vielmehr des Gefängnisses - herum. Es gab kein Bett, oder ein anderes Mobilar, in dem es sich bequem schlafen ließe. Nur den kalten Fußboden.

Eine Ewigkeit hatte ich geweint, bevor ich schließlich vom Schlaf übermannt wurde. Und viel zu früh wachte ich wieder auf. Ich fühlte mich ausgelaugt und fertig. Mein Mund brannte vor Durst und ich hatte einen ekelhaften Geschmack im Mund.

Völlig übermüdet setzte ich mich auf und rieb mir die Augen. Ich wusste nichte genau, was ich geträumt hatte, das mich schlussendlich zum aufwachen bewegte. Ich wusste nur, dass es ein Albtraum der übelsten Sorte gewesen war. Die Angst und der Schrecken saßen mir noch immer tief in den Knochen und haftete an mir wie eine Klette. Das einzige, an das ich mich in diesem Albtraum erinnerte, waren diese Gefühle. Doch nicht nur im Traum plagten mich diese Gefühle. Auch in der Realität begleiteten sie mich. Keine Chance ihnen zu entfliehen.

Eine gefühlte Ewigkeit verging, die ich mit angezogenen Beinen an die Wand gelehnt verbrachte, den Kopf mit halbgeschlossenen Augen auf die Knie gestützt. Irgendwann, es konnte Minuten, aber auch Stunden später sein, knackte das Schloss schließlich. Ich fuhr augenblicklich zusammen und kauerte mich noch enger an die Wand.

Die Tür schwang auf und prallte mit einem dumpfen Geräusch gegen die kahle Wand. Sinan trat ein. Sein bloßer Anblick ließ mich bereits zittern. Er trug eine Lederhose, schwere Lederstiefel und ein zerfetztes T-Shirt. Seine braunen Haare waren verfilzt und eine Sonnenbrille schaukelte auf seiner Nase. Sie ließ ihn noch unberechenbarer wirken. Man wusste nicht, ob er einen Anblickte, musterte.

Wieder einmal fragte ich mich, wie er sich so hatte ändern können. Bisher hatte ich ihn mit lieblich verwuschelten Haaren, weit hochgezogenen Schlaghosen und dicken Rollkragenpullovern gekannt. Und jetzt hatte sich ein und die selbe Person in einen Kriminellen der übelsten Sorte verwandelt.

Wortlos packte er mich am Arm und zerrte mich aus dem Raum. "Du hast genau eine Minute, um aufs Klo zu gehen!", knurrte er widerwillig und schubste mich in ein hellerleuchtetes Badezimmer. Es raubte mir den Atem. Der große Kronleuchter (ja, im Badezimmer!), die goldene Dusche und Badewanne, der mit Kristallen besetzte Spiegel, all das sah so unglaublich pompös aus. Doch es ließ mich nicht besser fühlen. Im Gegenteil. Es ließ mich winzig und schwach fühlen, zwischen all dem Prunk.

Und wieder einmal wurde mir klar, wie viel Kohle Jack mit seinen illegalen Spielchen scheffelte. Viel zu viel, wie man überdeutlich an diesem Badezimmer erkennen konnte.

Ich verwendete keine weitere Zeit darauf das Badezimmer zu bewundern, sondern nutzte es. In Windeseile ging ich auf die Toilette und wusch mir Hände und Gesicht.

Bevor ich den Raum verließ, sah ich mich noch einmal um. Diesen Luxus vergaß man nicht. Leider fiel mir bei dieser Gelegenheit auch auf, dass das Fenster keinen Griff hatte. Es gab keinen Grund anzunehmen, dass die anderen in diesem Appartement einen hätten. Wieder einmal wurde mir bewusst, wie aussichtslos meine Lage war.

Dennoch konnte ich es nicht lassen einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Einen kleinen Blick in die Freiheit.

Man sah von hier weit über die Stadt. Häuser reckten ihre Spitzen im matten Licht des Frühjahrs. gen Himmel. Auf der Straße waren vereinzelt Passanten unterwegs, die verärgt und gehetzt umher spurteten. Was sie wohl denken würden, wüssten sie, dass hier oben jemand vom eigenen Vater gefangen gehalten wurde. Würden sie mir einen bedauernden Blick zuwerfen und weiterlaufen? Oder würden sie mir versuchen helfen? Oder mich doch einfacn ignorieren?

Wirre Gedanken stoben durch meinen Kopf wie Funken, die darauf warteten ein Feuer zu entfachen. Nur eine einzige Sache wusste ich ganz ganz genau. Ich beneidete die Leute da unten allesamt um ihre Freiheit.

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