Kapitel 9 - Wiedersehen

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Mike POV:

Ossama kommt gut gelaunt auf mich zu, als ich aus dem Auto steige und das große Gebäude betrachte. "Na, Mike, aufgeregt?"

Ich wurde nicht für einen 'Echo' nominiert. Von daher...

"Geht so." Ich zucke mit den Schultern.
"Amüsier dich heute Abend. Hier sind so viele hübsche Mädchen." Er zwinkert mir zu.
Ich lächle gezwungen zurück.

Ich will kein Mädchen. Ich will jemand anderen halten und in die Augen sehen. Eine andere Stimme in meinem Ohr hören. Eine andere Haut an meiner spüren. Ich will fühlen, was ich für jemand anderen fühle.

"Komm schon." Ossama packt meinen Arm und führt mich in den Ankleideraum.
Kurz vor dem roten Teppich werde ich noch geschminkt und sitze in der Maske, als ich im Spiegel Ossama heftig artikulierend beim Telefonieren beobachte.

Er scheint sich richtig aufzuregen.

Als Phil nach mir sieht, frage ich besorgt: "Alles okay bei ihm?"
Er winkt ab. "Du kennst ihn doch. Wenn etwas nicht ganz nach Plan läuft dreht er durch."
"Aha.", entgegne ich, weil mir nichts anderes einfällt.

Irgendwie glaube ich Phil nicht.

Nach einer halben Stunde kommt endlich Ossama und erlöst mich. "Ready?" Seine gute Stimmung ist definitiv verschwunden.
Ich nicke, dabei würde ich mich lieber unter dem Schminktisch verstecken und den Rest meines Lebens dort liegen bleiben.

Wir gehen einen Gang entlang und erreichen schließlich eine große Halle, in denen die Leute nur so ausschwärmen.

Neugierig sehe ich mich um. Ein paar bekannte Prominente fallen mir sofort ins Auge. Bei anderen frage ich mich, was sie hier zu suchen haben. Nicht böse gemeint.

"Die Kleider sind atemberaubend.", bemerkt Phil beeindruckt.

Manchmal sind Menschen wunderschön. Nicht in ihrem Aussehen oder in dem was sie sagen. Sondern nur in dem was sie sind.

"Okay, Mike. Wenn wir jetzt um die Ecke gehen, stehen da hunderte Interviewer und Fotografen. Versuch einfach du selbst zu sein... Nein, lass das lieber." Er lacht. "Versuch einfach zu lächeln. Mehr musst du nicht tun."

Nervös nicke ich und bin kurz davor den roten Teppich zu betreten. Ossama hat nicht übertrieben. Die Leute sind extrem laut.

Komm schon, das kriegst du hin! Wenn nicht du das hinbekommst, wer dann?

Entschlossen laufe ich auf den Teppich zu, doch dann höre ich ein Mädchen laut einen bekannten Namen kreischen: "Lukas!"

Auf der Stelle erstarre ich und sehe hoch.
Das kann nicht sein. Er kann nicht hier sein...

Inmitten all dieser Leute steht er.

Ich sehe ihn an. Er sieht wunderschön aus. Sein blondes Haar hat er braun gesträhnt. Er trägt ein rotes Hemd und eine enge weiße Jeans. Er hat sich stark verändert. Aber etwas hat sich nicht verändert.
Diese Augen... Diese grünen Augen. Die Augen sahen mich früher voller Freude an. Doch jetzt sehe ich sie nicht mehr. Sein Blick ist leer. Er sieht nicht glücklich aus.

Und als er meinen Blick bemerkt und wir uns ansehen, ich schwöre, kann ich nicht mehr atmen.

Jemand berührt meinen Rücken und reißt mich aus der Starre. Schnell wende ich meinen Blick ab. "Mike, du gehst jetzt zu Lukas und schüttelst ihm die Hand, verstanden?", bittet mich Ossama.
"Was?" Ungläubig sehe ich ihn an.

Das kann er nicht ernst meinen.

"Die Leute da draußen sollen sehen, dass ihr keine Feinde seid. Mach es für deine Fans."
"Das geht nicht-", protestiere ich.
"Nur die Hand schütteln. Mehr nicht.", knurrt er ungeduldig und schubst mich leicht nach vorne.

Er meint Gerüchte! Ich habe schon so vieles über mich gehört, dass ich selbst von mir nicht wusste.

Das war es also, was meinen Manager so aus der Ruhe gebracht hat. Ich werde ihn umbringen.

Nervös gehe ich auf Lukas zu, den Blick auf den Boden gerichtet.

Du schaffst das, Mike!

Als ich hochsehe stehen wir uns fast gegenüber.
Lukas überwindet die letzten Meter und bleibt vor mir stehen.
Wir sehen uns an wie Fremde. Fremde die viel über den anderen wissen.
Er kennt meine Geheimnisse, meine Schwächen und jetzt sind wir nichts weiter als Fremde mit Erinnerungen...

Als wir uns die Hand geben, bleibt die Welt für einen kurzen Moment stehen. Meine Haut kribbelt unter seiner Berührung.

Mein Herz pocht so schnell, dass ich Angst habe, es könnte mir aus der Brust springen.

Es ist, als wäre mit der Zeit eine Distanz aufgebaut worden. Wir sind nicht mehr dieselben. Trotzdem fühlt es sich so vertraut an.

Ich will ihm so viel sagen, doch ich entscheide mich für das Schweigen.

Was soll ich ihm schon sagen? Wie viele male ich wegen ihm geweint habe? Wie sehr ich ihn vermisst habe? Wie sehr ich seine Umarmungen und das Pochen seines Herzens vermisst habe?

Das Blitzen der Kamaras reißt mich aus der Starre. Schnell ziehe ich meine Hand zurück.

Ich will hier einfach nur weg. Denn sonst werde ich in allen Zeitschriften und im Internet heulend auf dem roten Teppich liegend zu sehen sein.

Tapfer kneife ich meine Lippen zusammen, damit mein Unterkiefer nicht zittert. Die Tränen halte ich zurück.

Ohne ein Wort drehe ich mich um und laufe zurück zu meinem Manager. Er wartet auf mich und streicht mir über das Haar. "Ich bin stolz auf dich.", flüstert er.
Diesesmal habe ich keine Kraft zu lächeln, ich nicke einfach.

Weil ich weiß, dass Lukas mich nicht vergessen hat...

Meinungen? 💞

Freue mich sehr über Vots und Kommis ❤

Bring mich wieder zum Singen | Mukas ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt