Kapitel 10: Thalassisch

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»Aufwachen...«, summte eine leise Stimme sanft in sein Ohr. »Los, los, wach schon auf.«
Sen blinzelte -und war über alle Maßen froh, dass er es konnte- und wandte sich der Sprecherin zu.
Es war eine Blutelfe, sie hatte ein pastellfarbenes Gewand an und fast weiße Haare, obwohl sie noch ziemlich jung aussah.
Sie lächelte ihn freundlich an. »Na bitte, es geht doch.«
Sen schwieg und lächelte schüchtern zurück.
Wie zum Kuckuck sollte er sich hier rausholen?
»Du kannst reden, ich weiß das. Sag mir, wie du heißt.«
»S...Sen...«, erwiderte er, und fragte sich, warum er auf einmal die Sprache dieses schönen Wesens vor ihm verstand.
»Und weiter?«
»Wie, und weiter?« Moment, wo war sein Dialekt geblieben?!
»Na, dein Nachname.« Die Blutelfe kicherte.
»Ich hab keinen.«
»Aber jeder hat einen. Ich bin Ophelia Sonnenläufer und er...« Sie deutete auf einen Elf, der ein wenig weiter weg stand. »...ist Palnor Sonnenläufer.«
Der Elf nickte ihm lächelnd zu und wandte sich wieder seiner Arbeit zu: Kochen.
Sen sah sich weiter um.
Weiter hinten im Raum stand eine kleine Kinderwiege, in der ein kleines Kind lag, in ein rotes Tuch mit goldenen Verzierungen gewickelt.
Sen stand auf und tippelte so leise wie möglich zu dem kleinen Kind, um es näher zu betrachten.
Ophelia trat neben ihn und ließ die Wiege schaukeln. »Das ist Nikaya, unsere drei Jahre alte Tochter.«
Sen schwieg, er durfte es jetzt nicht laut aussprechen, aber er fragte sich, warum dieses Kind in dasselbe Tuch gewickelt war, das er von Kizyizra zu einem Beutel genäht bekommen hatte.
Gedankenverloren nahm er den Beutel und legte ihn zu dem Baby, um die Tücher vergleichen zu können.
Es waren tatsächlich exakt die gleichen.
»Woher hast du das?«, fragte Palnor, der irgendwann zu ihnen gekommen war, interessiert.
»Das habe ich seit meiner Geburt.«, erwiderte Sen noch immer gedankenverloren.
»Wo wurdest du geboren?«
»Weiß ich nicht. Meine Eltern haben mich gefunden.«
»Und wo haben sie dich gefunden?«
Sen sah verwundert zu Palnor und Ophelia hoch, sie sahen plötzlich so aufgeregt aus. »An der Todesschneise, warum?«
Die Antwort war eine stürmische Umarmung von Ophelia.
Sowohl sie als auch Palnor weinten vor Freude.
»Was...habt ihr denn?« Sen versuchte sich aus Ophelias Klammergriff zu befreien, was allerdings recht erfolglos blieb.
»Weißt du, vor fünf Jahren haben wir unseren Sohn an der Todesschneise verloren, und er war auch in so ein Tuch gewickelt wie Nikaya.«, erklärte ihm Palnor. »Aus deinen Antworten zu schließen, bist du genau er...Zaeith.«
»Du könntest wieder zu uns kommen, Zaeith. Es wird dir bestimmt nicht schwerfallen, dich an die thalassischen Traditionen zu gewöhnen.«, fügte Ophelia hinzu.
»Aber meine Augen können rot werden.«, meinte Sen und zog seine Augen lang. »Also, wenn ich wütend bin.«
»Rot? Sowas geht?« Palnor sah überrascht aus. »Ich kenne das nur von den Amani, Zandalari und den Gurubashi, dass ihre Augen rot werden können...«
»Naja, meine Eltern sind doch Trolle!«, stellte Sen klar.
»Zaeith, wir sind deine Eltern. Du bist ein Blutelf, kein Troll.«
»Aber sie haben mich doch gerettet und aufgezogen...« Sen wurde leiser.
»Aber zu welchem Preis?«
Sen schwieg.
»Zaeith, bitte sag es uns. Erpressen sie dich?«
Sen schüttelte den Kopf.
»Was wollen sie dann von dir?« Ophelia sah beunruhigt aus.
»Darf ich nicht sagen.«
»Du musst, Zaeith. Es gibt Leute hier, die sogar Kinder töten, wenn nötig.«
Sens Augen färbten sich langsam rot. »Ich sage, ich darf nicht.«
Mit den Worten drehte er sich der Wand zu und kletterte an ihr hoch zu einem Deckenbalken, auf dem er sich unsichtbar machte und dann Richtung Tür lief, wo er dann ganz leise auf den Straßen Silbermonds verschwand.

Das Geheimnis kennt nur Quel'ThalasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt