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~POV Sebastian~

Auch wenn ich mir äußerlich kaum etwas anmerken liess, hatte ich unfassbare Angst. Angst, das zu sehen, was mich gleich erwartet.
Angst, nicht immer für Max dagewesen zu sein.
Angst, meinen kleinen Bruder zu verlieren.
Er war immer der wichtigste Mensch in meinem Leben gewesen.
Aber auch für Luca war er die wichtigste Person. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gesagt, er liebt Max.
Ich musste jetzt einfach für ihn da sein, sowohl für Max als auch für Luca.
Max war auch immer für mich da, als ich ihn brauchte.
Schon bei Lucas Anruf fror mir das Blut in den Adern und mein Herz schlug schnell, doch bei jedem Schritt, dem wir uns Max näherten, wurde es schlimmer.
Ich fühlte mich schon ganz kalt, spürte beinahe nichts mehr.
Als Luca meine Hand loslies und sie auf die Klinke zu Max' Zimmer legte, schlug mir mein Herz bis zum Hals.
Luca drückte die Klinke herunter und stieß vorsichtig die Tür auf.
Wir gingen zusammen in das Zimmer.
Ich sträubte mich innerlich, wollte Max nicht anschauen.
Ich wollte meinen kleinen Bruder nicht ansehen, wie er hier im Koma liegt und um sein Leben kämpft. Ich ertrug es doch schon kaum, wenn er eine kleine Verletzung hatte, wie sollte ich das dann ertragen?
Ein leises Schluchzen von meiner Mutter erklang, das mich zusammenzucken ließ.
Ich drehte mich endlich zu Max und sah ihn an. Dieser Anblick brach mir endgültig mein Herz, ließ meine ganze Beherrschung verschwinden, und mir traten die Tränen in die Augen.
Mit zittrigen Beinen trat ich langsam an Max' Bett, legte seine schlaffe Hand vorsichtig in meine und drückte sie sanft.
Sekundenang wartete ich auf eine Reaktion, doch es kam nichts.
Wieder drückte ich seine Hand, doch auch diesmal reagierte er nicht.
Ich gab es auf und legte meinen Kopf auf seine Brust. Meine Tränen liefen auf seine Bettdecke.
Ich war schuld, sonst niemand.
Ich hatte mich in letzter Zeit zu wenig um ihn gekümmert, hab kaum etwas mit ihn gemacht und war fast nie für ihn da.
Als er sich so komisch verhalten hat, habe ich nur an die Uni gedacht, nur an mich.
Als Luca dann bei Max war, war es zu spät.
Ich hätte früher da sein können, Max' Tat verhindern, ihm sein Leben retten.
Jetzt war es zu spät, die Chance, dass er wieder aufwachte, war gering.
Meine Eltern und Luca fingen an leise miteinander zu reden, doch ich bekam das gar nicht mit, ich hörte die Geräusche kaum.
Es fühlte sich an, als wäre ich unter Wasser. Wie in Trance sah ich Max an, meine Sicht war von den ganzen Tränen verschwommen.
Ich saß einfach bei ihm, redete kein Wort mit den anderen.
Das machte ich so lang, bis wir schließlich gehen mussten, die Besuchszeiten waren um.
Ein letztes Mal umarmte ich Max sanft und drückte seine Hand erneut, bis ich leicht taumelnd aufstand.
Ich wischte mir die Tränen aus den Augen.
Ich hauchte noch ein leises "Max, ich brauche dich, bitte wach auf", bevor mich mein Vater sanft aus dem Zimmer schob.
Die ganze Fahrt nachhause bekam ich kaum mit, weder, wie sich meine Eltern von mir verabschiedeten, noch, wie ich die Treppe zu meiner WG nach oben lief.
Ich realisierte nicht, wie mir meine Mitbewohner die Tür öffneten, wie ich ins Bett ging, einschlief, aufwachte. Am nächsten Morgen stand ich nach einer erholungslosen Nacht auf und tappte gedankenverloren ins Bad.
Ich machte mir die Haare, was aber komplett schiefgelaufen ist, da ich immernoch abwesend war.
Fluchend warf ich das Haarwachs, mit dem ich versucht hatte meine Haare zu bändigen, auf den Boden.
Ich liess mich ebenfalls auf den Boden sinken, schlug mir die Hände vor das Gesicht und brach erneut in Tränen aus.
Ich hatte einfach zu viel Angst um Max.
Plötzlich klingelte es, und da keiner meiner Mitbewohner Anstalten machten die Tür zu öffnen, raffte ich mich selber auf und öffnete die Tür. Zum Glück war dort Luca.
"Hi Seppel. Ich wollte dich zur Uni bringen, weil du ja gestern ein bisschen abwesend warst..." , erklärte er mir verlegen und kratzte sich am Hinterkopf. Ich musste anfangen zu grinsen. "Hattest du Angst, dass ich eine Unfall baue?"
Luca grinste ebenfalls und nickte leicht.
Ich nahm ihn in den Arm und sagte danke, bevor wir schließlich losfuhren.
In war echt froh, dass Luca mich abgeholt hat. Ich wäre vermutlich wirklich zu abwesend gewesen, um zu fahren. Die ganze Zeit in der Uni saß ich einfach ab, ohne zu realisieren, was der Dozent eigentlich gerade redete. Auch als mich Luca wieder nachhause fuhr, war ich abwesend.
Wieder Zuhause angekommen, brach ich erneut in Tränen aus. Ich hielt das einfach nicht aus. Max wacht nicht mehr auf, da war ich mir sicher. Ich war jetzt schon ein emotionales Wrack, was passiert wohl, wenn Max endgültig tot ist?
Ich konnte den Gedanken gar nicht vollenden.
Zu gross war der Schmerz und die Angst, die mich durchfuhren.
Die nächsten zwei Wochen gingen so weiter, ohne das Max aufwachte.
Die Angst meiner Familie und von Luca wurde immer grösser, und auch wenn es niemand zugeben wollte;
Insgeheim hatten sich schon alle von Max verabschiedet.

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Faith. || MauzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt