Kapitel 17

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Ich ließ mich fallen. Die Blitze verfolgten uns, aber ich fiel mit Tyr in den Klauen immer schneller in die Tiefe. Dem Wasser entgegen. Ich zog die äußeren Flügel nicht an und so flatterten sie neben meinem Körper, es musste so aussehen, als wäre ich von einem Blitz getroffen worden. Ich fiel aus der Wolke und sah die anderen Wandler, sie verfolgten den Fall gespannt. Es fühlte sich an, als würde ich eine Ewigkeit fallen, aber ich wusste, es waren nur ein paar Sekunden.

Kurz über der Wasserfläche drehte ich mich unauffällig auf den Rücken und legte die Flügel um meinen Körper, um Tyr mehr zu schützen. Ich schaute noch ein letztes Mal zu dem Wolkenmeer über mir herauf. Es sah aus wie ein riesiger, dunkler Palast.

Mit einem Krachen schlug ich in das Wasser ein.

Die Kälte um mich herum linderte den Schmerz auf meinem Rücken nur wenig, aber um mich und eventuell die Prinzessin zu retten ignorierte ich den Schmerz. Im Wasser tauchte ich immer weiter ab.

Ich sah wie die Wandler noch eine Runde über mir drehten und dann weg flogen. Sie dachten wahrscheinlich, ich hätte nicht überlebt, da ich mich nicht bewegt habe ... oder sie holten Wasserdrachen, die nochmal schauen sollten, ob ich tot war. Die feinen Himmelsdrachen machten sich doch nicht die Klauen schmutzig.

Ich drehte mich auf den Bauch und schwamm los. Ich musste so schnell wie möglich wegkommen. Geschickt änderte ich meine Form so, dass das Wasser um mich herum glitt.

Die äußeren Flügel öffnete ich und drückte mich mit ihnen im Wasser vorwärts. Mit geschickten Bewegungen mit meinem Körper steuerte ich, wohin ich schwamm.

Nach rund 15 Minuten sah ich Land, aber ich konnte nicht so aus dem Wasser. Ich verwandelte mich zurück und ließ -wie immer- nur einige Schuppen und meine Flügel draußen. Mit dem inneren Paar schützte ich immer noch Tyr. Ich glaube, er war in Ohnmacht gefallen. Er hat sich seit dem Gewitter nicht mehr gerührt.

Plötzlich spürte ich etwas. Wasserdrachen. Sie näherten sich uns. Ich schwamm nah an das Ufer und suchte eine geeignete Stelle. Schnell entdeckte ich eine Flussmündung und schwamm auf sie zu. Eine halbe Stunde verfolgte ich den Fluss. In einem bewaldeten Gebiet schleppte ich Tyr und mich raus.

„Alter, du bist echt schwer. Wärst du nicht irgendwie wichtig, hätte ich dich im Meer an die Haie verfüttert.", murrte ich. Mir war bewusst, dass die Prinzessin nicht antworten würde.

Ich versuchte Netos zu erreichen, aber ich konnte nichts fühlen. Ob er zu weit weg war? Da es langsam Nacht wurde, sammelte ich Feuerholz. Tyr war in der Zwischenzeit aufgewacht. Wir wärmten uns an dem Feuer.

„Wann bist du eigentlich ohnmächtig geworden?", fragte ich ihn.

„Im Gewitter.", murmelte er und drehte den Spieß mit seinem Fisch. Die Dinger hatte ich vorhin aus dem Fluss gefischt.

„Wie süß. Wir müssen morgen früh schnell weiter. Nicht das die noch nach uns suchen."

„Okay." Wir schwiegen danach noch eine Weile.

„Ähm ... Onyx?"

„Das ist das erste Mal, dass du mich mit meinem richtigen Namen ansprichst.", stellte ich erstaunt fest.

„Ach sei doch still, Kätzchen." murrte er sofort.

„Wie du willst, Prinzesschen."

„Auf alle Fälle Danke, dass du mich da rausgeholt hast."

„Kein Problem. Du bist ein Freund von mir." Ich wendete meinen Fisch.

„Wir sind Freunde?", fragte er erstaunt.

„Klar, warum nicht? Wenn ich dich nicht gerade aufspießen möchte, bist du ein Freund von mir, deswegen hab ich auch so ein Manöver hingelegt.", grinste ich ihn an, „An so einer Flucht muss doch was spannendes sein und Freunde haben da was Besonderes verdient."

Er lächelte mich schüchtern an: „Danke trotzdem, auch, dass du solche Risiken eingegangen bist, um mich da unverletzt rauszuholen."

„Wer sagt denn unverletzt? Immerhin konnte ich deinen Arm und deine Beine zerdrücken. Irgendwas muss doch für mich rausspringen."

„Von dir hab ich also die neuen, zahlreichen Schnitte und blaue Flecken.", murrte er.

„Gern geschehen. Für dich immer gerne." Ich grinste ihn an und er grinste zurück. Wir mussten beide anfangen zu lachen. Als wir uns langsam beruhigt hatten, schaute er mit einem gespielt bösem Grinsen zu mir rüber: „Darf ich was fragen, Kätzchen?"

„Natürlich, Prinzessin."

„Wenn wir morgen aufbrechen, trägst du mich da weiter? Das ist so entspannend." Er hatte fast einen Lachkrampf, als er mein Gesicht sah.

„Gefällt es dir etwa so sehr von einer gesuchten Verbrecherin herum getragen zu werden?" Ich musste auch wieder lachen.

„Nein, aber du musst dich anstrengen." Er lächelte zu mir rüber.

„Nah, du bist ein Fliegengewicht."

„Wenn du meinst, aber du bist keine Verbrecherin."

„Ich bin eine Ausgestoßene und kämpfe im Untergrund, habe dort Sponsoren, lasse illegale Wetten auf mich abschließen, trage nicht registrierte Waffen mit mir rum, habe den zweiten Prinzen der Dunklen verletzt, schmeiße mit Drohungen um mich, in mir ist ein wichtiges Artefakt, ich habe den Lichtpalast in die Luft gesprengt, einen Tod vorgetäuscht und bin mit einem verlobt, der mich nicht haben sollte.", zählte ich auf.

„Na gut, du hast vielleicht Recht, aber du bist die Prinzessin der Lichten. Und das kann niemand abstreiten. Woher hast du deine Waffen eigentlich? Sie sind heute einfach so aufgetaucht, warst du das?"

„Die Waffen gehörten meiner Großmutter. Sie hat mir neben ihren Waffen auch ihr gesamtes Vermögen und eine Wohnung vermacht. Was ich noch alles vererbt bekommen habe, weiß ich nicht. Die Waffen hat sie mir bei unserem letzten Treffen gegeben und meinte, sie werden kommen, wenn ich sie brauche. Ich solle täglich mit ihnen trainieren und solange ich nicht will, dass jemand sie sieht, werde nur ich sie sehen."

„Darf ich sie mal sehen? Das klingt sehr interessant." Ich machte die Waffen sichtbar und nahm sie von der Halterung an meiner Hüfte. Ich strich einmal über die Schneiden und flüsterte ein Danke an meine Oma, dann überreichte ich Tyr die Klingen.

Er betrachtete sie von jeder Seite genau. „Weißt du, was für Klingen das sind?" Er schaute mich ernst an, ich schüttelte meinen Kopf.

„Diese Klingen sind verlorene Klingen. Sie stammen aus dem ersten Drachenkrieg. Der Stahl aus dem sie gefertigt sind, existiert heutzutage nicht mehr, er wurde früher Götterstahl genannt. Niemand kennt noch seine Herstellung. Den Klingen wohnt eine unbekannte Macht inne, die Runen und die schwarze Farbe sind nur ein Zeichen. Die Runen bedeuten so viel wie „sonniger Schatten", das ist der Name der Klingen."

„Sonniger Schatten?"

„Wenn ich richtig übersetzt habe, es könnte aber auch „feuriger Schatten" sein. Aber das ist nicht wichtig, vielleicht später. Aber eigentlich lösen die Namen der Waffen nichts aus. Deine Klingen sind sehr gut geschmiedet. Dünn und gut biegsam und trotzdem werden sie nicht so leicht brechen. Sie stecken voller Magie und du bist scheinbar ihre Meisterin. Deswegen kannst du sie rufen."

Tyr erklärte mir noch viel über die Klingen, aber wir wurden beide Müde und gingen schlafen.

***

Am nächsten Morgen blinzelte ich, ich hatte etwas gehört. Ich richtete mich auf und trat Tyr wach. Während er mich an maulte, weil er weiterschlafen wollte, scannte ich die Umgebung. Woher kam das Geräusch gerade eben?

Wieder knackte es und aus dem Wald trat jemand.

„Ruhig, Kleine. Ich will nichts von deinem Freund." Die Person stand im Schatten und ich konnte nichts von ihr erkennen. Es war eindeutig eine Frau.

„Warum bist du dann hier?", zischte ich. Ich versuchte mit meiner besonderen Sicht etwas zuerkennen, aber wo die Person stand war nichts. Leere. Kein Schimmern. Kein Zeichen auf eine Seele. „Was willst du?"

„Dich."

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(Not) WANTEDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt