Kapitel 53

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Jemand rüttelte an meiner Schulter, um mich aufzuwecken. Langsam ließ ich meine Hand unter mein Kissen gleiten und suchte mein Messer.

Das Rütteln wurde intensiver. Innerhalb weniger Sekunden umschloss ich mit meiner Hand das kühle Metall, schlug die Augen auf und sprang auf. Wenige Augenblicke später hatte ich die Person, die mich wecken wollte, auf mein Bett gepresst, hockte über ihr und fixierte einen Arm auf dem Rücken, außerdem hielt ich dem, wie ich jetzt erkannte, Mädchen mein Messer an die Kehle. Ich knurrte etwas, aber als ich mich von ihr runter bewegen wollte, hörte ich es klicken. Eine andere Person, die gerade den Raum betreten hatte, richtete eine Schusswaffe auf mich.

Aus Reflex verstärkte ich meinen Griff und das Mädchen unter mir wimmerte auf. Mit meinen Knien hielt ich weiter ihre Hände wie sie waren. In meiner Linken erschien mein Dolch und ich richtete ihn auf den Neuankömmling. Es zischte etwas und der Dolch wandelte sich in eine Pistole.

Wir lieferten uns einige Augenblicke einen Starrwettkampf. Kurz darauf platzte Hel in die äußerst angespannte Situation.

„Wow ... Leute, Waffen runter." Ich glaube, der Gott und ich waren uns zumindest in einer Sache einig, denn wir warfen Hel äußerst tödliche Blick.

„Onyx, lass Eris frei und Ares! Waffe runter!"

„Und sie etwa nicht oder was?!"

„Sie wird nicht auf mich hören und jetzt ... raus!" Die Totengöttin packte den Kriegsgott am Kragen und zog ihn vor die Tür. Wenige Augenblicke später kam sie wieder rein. Hinter ihr sah ich, wie Ares auch reinkommen wollte, aber er hatte aber kurz darauf die Tür im Gesicht, da Hel diese einfach zugeschlagen hatte.

Langsam entspannte ich mich und ließ Eris oder wie sie auch hieß, los.

„Sorry.", murmelte ich und verkroch mich wieder ins Bett. Das Mädchen nickte kurz und verschwand augenblicklich. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf Hel. Sie stand mit einem Eiseimer und Popcorn vor mir und kaute schon auf irgendetwas rum. Ich schaute sie fragend an.

„Dora oder My little Pony?" Ich schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Zur Trauerbewältig-" Weiter konnte sie nicht sprechen, denn ich sprang auf und wandelte im Raum. Ich erinnerte mich an alles und konnte nicht länger still liegen.

Ich sprang durch die verschiedensten Zimmer, Kammern oder Gänge. In keinem konnte ich ihn finden. Mit jedem Sprung wurde ich verzweifelter und immer mehr Trauer überkam mich. Ich begann zu zittern und wollte gerade wieder durch den Raum hüpfen, als jemand mich in eine Umarmung zog. Ich begann immer heftiger zu zittern und wollte mich von der Person lösen, aber sie gab nicht nach.

„S-See...len.", krächzte ich und die Person strich über meinen Rücken. Ich krallte mich in die Kleidung der Göttin.

„Pscht~ ich habe keine Seele.", flüsterte Hel beruhigend, aber ich konnte das Zittern nicht unterdrücken und langsam verwandelte ich mich. Die Magie war zu hungrig und aufgewühlt, um herunterzukommen. Ich stieß mich von Hel und sprang in die Ecke des Raumes. Dort kauerte ich mich zusammen und versuchte weiterhin den Drang, Seelen zu essen, zu unterdrücken. Ich zitterte immer mehr, jemand der mich so auf der Straße finden würde, müsste denken, ich hätte voll eine an der Waffel.

Plötzlich stellte Hel vor mir etwas ab. Automatisch griff ich nach dem Gefäß. Mit meinen Finger strich ich über die feinen Metallverzierungen der Seelenlampe. Das Gefühl beruhigte mich etwas, denn in ihm schwang Erlösung mit. Mittlerweile wurde mein Körper nicht nur von Zitterkrämpfen sondern auch von Schmerzwellen erfasst. Mit zitternden Fingern versuchte ich den Verschluss zu öffnen. Aber wegen der immer stärker werdenden Schmerzen schaffte ich diesen Versuch nicht wirklich, meine Finger rutschten immer wieder ab. Hel wollte schon eingreifen, als es endlich klackte.

Das winzige Türchen der Lampe schwang auf und Licht strahlte aus dem Inneren hervor. Dieses Licht war das Ergebnis der vielen kleinen Seelenkugel, welche in dem Gefäß gefangen waren. Kaum war die Öffnung groß genug, strömten die kleinen Lichtkugeln zum Ausgang. Ich hielt eine Hand vor die Öffnung und hielt so die Seelen ab, in die Freiheit zu entfliehen. Die Seelen strichen sanft über meine Handinnenfläche, es kitzelte leicht, aber ich genoss dieses Gefühl. Es linderte den Schmerz ... zumindest etwas. Nach kurzer Zeit verloren ein paar der Seelen das Interesse an meiner Hand und schwebten wieder zurück in das Innere der Seelenlampe. Nun nahm ich kurz meine Hand von dem Ausgang und fünf kleine Seelenkugeln kamen herausgeflogen. Schnell schloss ich das Türchen und stellte die Lampe auf den Boden.

Danach betrachtete ich die kleinen Kugeln, welche immer größer wurden. Sie breiteten sich auf ihre Normalgröße aus. Nach wenigen Augenblicken flogen um mich herum fünf fußballgroße Lichtbälle. Ich hob meine Hand und ließ meine Finger durch die milchige Substanz der Seelen gleiten. Ich strich über ihre Oberflächen oder ließ einfach die Seelen an meiner Hand knabbern. Mit diesem Knabbern entzogen mir sie winzige Mengen an Magie, aber es bedeutete so viel wie, dass sie sich wohlfühlen.

Leider konnte ich nicht länger mit ihnen spielen und ich ließ meine Magie raus. Sie durchflutete meinen Körper und zog die Seelen in Reichweite. Dort sperrte sie die Kugeln ein, damit sie nicht mehr fliehen konnten. Danach streckte ich meine Hand zu ihnen und umfasste eine der Seelen. Da die Magie meinen Körper steuerte, konnte ich die Seelen zwingen, sich zu materialisieren.

Die kleine Kugel wand sich in meiner Hand, aber ich drückte immer stärker zu. Irgendwann war die Krafteinwirkung zu groß, es knackte und der Schutzpanzer der Seele zerbrach. Nun konnte ich die Energie über meine Handfläche aufnehmen.

Dies wiederholte ich mit allen Seelen und danach fühlte ich mich schon viel besser. Das Zittern hatte aufgehört und die Schmerzen waren erträglich geworden.

Ich schaute zu Hel, welche daraufhin aufstand und zu mir gelaufen kam. Flehend schaute ich die Göttin an, sie hockte sich zu mir und legte mir eine Hand auf die Schulter.

„Ich bringe dich jetzt zu deinem kleinen Freund, Liebes. Du solltest dich von ihm verabschieden.", flüsterte sie und ich nickte schwach. Hel zog mich auf die Füße und kurz darauf sprangen wir beide im Raum.

Eigentlich wollte ich nicht hier sein. Mein Verstand rief mir zu, dass ich das hier nicht aushalten würde, aber ich musste den Anblick aushalten. Für mich selbst und für ihn. Ich musste ihm diese letzte Ehre erweisen.

Mit zitternden Beinen ging ich zu der Trage und beugte mich, als ich an ihr angekommen war, leicht über sie.

„Warum ... Warum hast du das gemacht? Und ... wie?", flüsterte ich leise und strich meinem toten Freund die Haare aus dem Gesicht.

„Ich danke dir... für alles. Auch wenn wir selten miteinander gesprochen haben... du hast dich für mich geopfert ... diese Aktion ... der Mut, das verdient so viel Respekt... ich werde das zu Ende führen, wo du mir geholfen hast. Und ich werde ewig deine Tat und deinen Namen im Herzen tragen....", schluchzte ich. Die ersten Tränen liefen über meine Wangen und tropften auf den Toten. Ich weinte Stunden... nicht nur wegen dem Tod eines Freundes, sondern einfach auch nur wegen des Verlustes eines guten Wandlers.

Nachdem meine Tränen schon lange getrocknet waren, hob ich meinen Kopf und sprach zum ersten Mal seit dem Vorfall mit zitternder Stimme seinen Namen: „F-Felix ..."

(Not) WANTEDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt