Warum?

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Ich rannte.
Immer weiter den Flur entlang.
Als würde ich nicht mehr aufhören können.
Als würde ich nicht mehr aufhören wollen.
Was hatte Kookie getan...?
Warum hatte er dagestanden, mit J-Hope und warum hatten sie sich...
Als ich realisierte, dass der Flur in ein paar Metern ein Ende nehmen würde, bog ich scharf nach links ab.
Eine Stufe nach der Anderen sprintete ich herunter...als wollte ich aus einem brennenden Haus entfliehen.
Warum hatte Kookie das getan...?
Waren seine Gefühle mir gegenüber jemals echt gewesen?
Da war die zweite Treppe. Ich sprang einfach über die letzten Stufen.
Warum fiel ich nicht?
Warum stolperte ich nicht einfach?
Warum konnte ich weiterlaufen, wenn mir doch der Boden unter den Füßen weggezogen worden war?
Warum stürzte ich nicht einfach auch körperlich in ein schwarzes Loch?
Kaum hatte ich diese Gedanken geformt, lief ich beinahe in eine Brandschutztür.
Sie bremste mich.
Riss mich aus meinem blinden Rasen.
Warum? Warum...!?
Frustriert schlug ich gegen die gläserne Schutzmaßnahme, weil mich die Kraft wie auf einen Schlag verließ und ich mit meinen Händen nicht mal die Türklinge nach unten drücken konnte.
Dann sank ich an der Wand nebenan auf den Boden.
Warum?
Warum hatte er das getan?
Wütend über mich selbst vergrub ich mein Gesicht in den Händen.
Ich hätte wissen müssen, dass es schiefging, wenn ich mich nicht nur in meinen Kumpel verliebte, sondern auch mit ihm zusammenkam.
Und jetzt saß ich hier und merkte, dass mir die Tränen übers Gesicht liefen.
Warum...?
Ich zog die Beine an den Körper.
Hier im Treppenhaus wurde nicht so viel geheizt, was bewirkte, dass ich trotz meines langen Oberteils fröstelte.
Wie erbärmlich ich mir doch vorkam.
Da saß ich, weinend und zitternd und wusste nicht, was ich tun sollte...
Das fühlte sich so falsch an.
Ich war nicht so ein Mensch!
Warum konnte nicht alles sein wie früher?
Als ich noch nicht in Kookie verliebt war, als ich noch nicht bei BTS war und ein Sklave der Unterhaltungsbranche...
Verdammt!
Verzweifelt griff ich mir in die Haare.
Ich wusste genau, dass ich mir nichts anmerken lassen sollte.
Ich würde so weitermachen müssen wie bisher... immerhin entsprach der Spruch 'The Show must go on' doch der Wahrheit.
Das war nun mal in unserem Geschäft so...

Ich schreckte auf.
Da waren Schritte. Oben im Treppenhaus.
Und Stimmen.
Stimmen, die lachten und von Fröhlichkeit zeugten...
Mit einem Elan, den ich mir nicht im geringsten zugetraut hätte, rappelte ich mich auf.
Wenn mich jetzt auch noch jemand so sehen würde!
Mit all meiner Kraft drückte ich die Tür auf und zwängte mich durch den schmalen Spalt.
Ich musste hier weg!
Stolpernd betrat ich den Flur.
Wohin?!
Die Stimmen wurden lauter.
Hektisch sah ich mich um.
Warum kam mir dieser Ort so bekannt vor, die Art, wie sich der Flur rechts um eine Ecke Wand...mein Blick fiel auf die Zimmernummer vor mir.
261.
Konnte es sein, das....?
Mein Blick wanderte zur Decke.
Über mir, vor Zimmer 461 hatte ich gestanden, als ich J-Hope und Jungkook zusammen gesehen hatte.
War ich wirklich noch so nah bei den...Beiden...
Mein Kopf zuckte nach rechts und ohne weiter nachzudenken, nahm ich die Beine in die Hand und rannte.
Warum kam ich nicht weg von Kookie?
Ich stürzte bei der ersten Gelegenheit auf eine Toilette.
Schnell suchte ich den Raum nach anderen Personen ab.
Niemand.
Nur ich...allein...
Ich stütze meine Hände links und rechts auf dem Waschbeckenrand auf.
Eine einzelne Träne tropfte von meiner Wange.
Warum musste mir sowas passieren?
Warum?
Ich sah auf...und wurde sogleich mit meinem Anblick konfrontiert.
Wenn mich jemand so gesehen hätte...
Einzelne Strähnen meines braunblonden Haares hingen mir in mein blasses Gesicht und auch die Schminke schien sich schon längst verabschiedet zu haben.
Das war nicht ich...so sollte ich nicht aussehen!
Meine rechte Hand tastete sich zum Wasserhahn und öffnete diesen.
All das, ohne das der Augenkontakt zwischen der Person im Spiegel und mir gebrochen wurde.
Leise plätscherte die klare Flüssigkeit ins Becken.
Doch egal wie oft ich mein Gesicht unter dieser wusch...irgendwie konnte ich mich nicht reinwaschen.
Ich konnte meine Gefühle...meinen Schmerz...nicht einfach so wegspülen.
Verzweifelt rieb ich mir mit den Händen übers Gesicht.
Wann verschwand der hilflos verzweifelte Kerl, der in meinem Körper saß?
Wieder starrte ich in den Spiegel.
Wasser tropfte von meinen längeren Haarsträhnen.
Wer war ich?
Fast schon vorsichtig streckte ich meine Hand nach der Person im Spiegel aus und ließ meine Finger über die glatte Oberfläche gleiten.
Über mein Gesicht, dass noch immer tränenüberströmt wirkte.
Ich war versunken im Moment.
Da gab es nur mich und meine andere, verzweifelte Seite im Spiegel.
Wie gerne würde ich mich all den Gefühlen hingeben...
Wie gerne würde ich einfach loslassen und zulassen, dass mich alles übermannte...
Doch ich konnte nicht.
Ich konnte die Jungs nicht im Stich lassen.
Die Fans.
Generell. Ich konnte die Menschen um mich nicht vergessen.
Auch die hatten eine anstrengende Zeit hinter sich.
Da würde ich ganz sicher nicht rummeckern.
Entschlossen schnappte ich mir ein Papierhandtuch und wischte mir damit übers Gesicht.
Die Tränen sollten verschwinden...ich wollte sie stoppen!
Doch irgendwie...funktionierte es nicht...
Ich sah wieder in den Spiegel.
Und da war er.
Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich zu erkennen, dass Jungkook mich anstarrte.
Erschrocken wich ich zurück.
Er sollte mich in Ruhe lassen!
Ich stolperte und fiel hin.
Schnell wich ich zur Wand zurück.
Was geschah hier?
Ich wartete etwas, bis ich das Gefühl hatte, immerhin einigermaßen Herr über mich selbst zu sein.
Langsam rappelte ich mich wieder auf.
Mein Herz schlug schnell, als ich mich wieder dem Spiegel zuwendete.
Doch diesmal war da wieder einfach nur ich.
Der verheulte Park Jimin.
Ich hatte mir das nur eingebildet...
Viel zu zäh flossen meine Gedanken.
Ich hatte mir das nur eingebildet.
Ich wandte mich zur Tür.
In dem Moment war mir egal, ob mich jemand sehen würde.
Ich hatte mir das nur eingebildet.

So schnell wie ich vorher gerannt war, so langsam trottete ich nun durch die Flure.
Ich weiß noch, dass ich zu meinem Zimmer ging, doch als ich ankam, hätte ich nicht mehr sagen können, wie ich hierhergekommen war.
Da lag ich jetzt also.
Das Bett neben meinem leer...
Dort würde Jungkook schlafen.
Denn auch hier im Hotel hatten wir eigentlich ein gemeinsames Zweierzimmer...ob er wohl noch vorbeikommen würde?
Ob er hier schlafen wollte?
Ob er mich heute noch zur Rede stellen wollte?
Ich konnte es nicht mit Sicherheit sagen.
Genauso wenig wie ich wusste, ob ich all das überhaupt wollte...

BTS - Hold me Tight (JiKook)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt