Tränen

1.6K 132 5
                                    

Rap Monster:

Wie in den letzten Nächten wurde ich davon geweckt, dass Jimin aufstand.
Bisher war ich aus Müdigkeit immer einfach liegengeblieben und hatte mich damit beruhigt, dass er wohl nur mal kurz auf dem Balkon Luft schnappen wollte, doch seit zwei Tagen festigten sich meine Sorgen um den Jüngeren immer mehr.
Was wäre ich denn für ein Leader, wenn mir nicht auffallen würde, wenn etwas mit einem 'meiner' Jungs nicht stimmte?
Denn bei Jimin war eindeutig was faul.
Wenn ich nur genau wüsste, was...
Gut, natürlich hatte ich mir schon Gedanken gemacht, allein wegen seinem komischen Verhalten gegenüber Jungkook, doch ich traute mich einfach nicht, in Betracht zu ziehen, dass der Maknae allein für das Verhalten von Jimin verantwortlich war.
Ich mein...
Leise setzte ich mich auf und sah durch die Glastür nach draußen, wo Jimin am Geländer stand.
Die Ellenbogen hatte er aufgestützt und er starrte stur in die tiefe Nacht hinein, sodass er es auch nicht sofort bemerkte, als ich hinter ihn trat.
Ich würde ihn jetzt einfach auf das alles ansprechen...
...oder?
War das wirklich ratsam mit nur einer Vermutung auf ihn zuzukommen?
Fast schon vorsichtig stellte ich mich zu Jimin, der mich erst jetzt wirklich zu bemerken schien.
Im ersten Moment wurde ich einfach nur angestarrt, dann wandte er seinen Blick ab und fuhr sich in einer scheinbar unbewussten Geste mit dem Handrücken übers Gesicht.
Trotzdem hatte ich das Glitzern in seinen Augen gesehen.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Wie konnte ich ihm helfen?
„Jimin?" fragte ich schließlich einfach in die von unzähligen Lichtern erhellte Stadt.
Der Blick das Angesprochenen fand zu mir.
Sagen tat er jedoch nichts.
„Du weißt, dass du mir alles sagen kannst, oder?" meinte ich schließlich nach ein paar Sekunden des Schweigens.
Jimin sah auf die Straße viele Meter unter ihm, während ich ihn weiterhin nicht aus den Augen ließ.
„Mir ist kalt..." hörte ich ihn leise sagen und der Andere richtete sich auf, die Arme vor dem Oberkörper verschränkt.
„Gehen wir rein." beschloss ich, legte dem Jüngeren von hinten eine Hand auf die Schulter und führte ihn schon beinahe zurück in die Wärme.
Ich akzeptierte es, dass ich nicht die Antwort bekommen hatte, die ich mir erhofft hatte.
Denn wenn er sich mir nicht anvertrauen wollte, dann würde ich der letzte sein, der ihn dazu zwang...
...so gerne ich ihm auch helfen wollte.
Mit sanfter Gewalt brachte ich Jimin dazu, sich auf seine Bettkannte zu setzten.
Es schien nicht wirklich davon überzeugt, dass es das Beste war, zu schlafen.
Doch wenn ich ihn mir so ansah...hatte er es durchaus nötig, mal wieder ein bisschen zur Ruhe zu kommen.
Ich mein, wie lang ging das mit den nächtlichen Unruhen jetzt schon?
Auch wenn ich nicht mehr sagen könnte warum, blieb ich noch einen Moment neben Jimin sitzen, der sich hingelegt und die Decke bis zum Kinn gezogen hatte.
Irgendwie fühlte es sich einfach richtig an.
Als könnte ich so wenigstens irgendetwas für ihn tun...
...wie ich es doch hasste, wenn es Leuten die ich schätzte, schlechtging.
Leise erhob ich mich und legte mich in mein eigenes Bett.
Doch an schlafen war plötzlich nicht mehr zu denken.
Ich drehte meinen Kopf um zu dem Anderen herüberschauen zu können.
Und was ich sah ließ mich endgültig jeden Gedanken an einen Weg in die Welt der Träume vergessen.
Denn selbst in dem Halbdunkel des Raums konnte ich erkennen, dass Jimin Tränen die Wangen hinabliefen.
Ich stützte mich auf dem Ellenbogen auf und blickte nochmal genauer hin.
Das letzte Mal als ich Jimin weinen gesehen hatte, schien schon ewig her zu sein...
Ich schob die Beine über die Bettkante und schlich zu Jimin herüber, der immer noch die Lippen aufeinanderpresste.
„Jimin...?" fragte ich vorsichtig, als ich neben dem Bett in die Knie ging, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein. „Was ist los?"
Den Lippen des Anderen entkam nun doch ein kaum hörbares Schluchzen.
„Hey..." meinte ich mit leiser, sanfte Stimme und zog die Decke von seinem Kinn um sein komplettes Gesicht zu sehen.
Ich konnte mir denken, dass es ihm unangenehm war, doch im Moment ignorierte ich die Tatsache einfach.
Endlich wollte ich mit Sicherheit wissen, was los war...
„Du kannst es mir ruhig sagen..." bot ich ihm nochmal an und diesmal wirkte mein Zimmergenosse tatsächlich so, als würde er etwas loswerden wollen.
„Es...es ist wegen..." Ein erneutes Schluchzen unterbrach ihn.
Und langsam wurde ich mir in meiner Vermutung immer sicherer.
„...wegen..." startete Jimin einen neuen Versuch, doch irgendetwas schien ihn davon abzuhalten, es auszusprechen.
„Hast du dich mit Jungkook zerstritten?" fragte ich ihn schließlich geradeheraus, da es mir buchstäblich das Herz zerriss, den Jüngeren so zu sehen.
Leider reagierte er auf meine Worte nur heftiger, als ich erwartet hatte.
In seiner mittlerweile fast schon sitzenden Position krallte er seine Hände in die Decke und vergrub sein Gesicht fast schon dieser.
Deutlich hörte ich, dass er schwer damit zu kämpfen hatte, nicht endgültig loszuheulen.
„Ist schon gut..." beruhigte ich ihn und zog vorsichtig die Decke wieder beiseite.
Doch als ich sein Gesicht sah, seine Tränen, die unaufhaltsam sein Gesicht herabrannen und seinen vollkommen erschöpften Ausdruck wurde mir plötzlich so einiges klar.
Konnte es sein, dass...?
Nein.
Oder?
Meine Augen wanderten über Jimin.
Würde er so fertig mit den Nerven sein, dass er nicht mehr schlafen konnte und kaum noch was aß, wenn er in Jungkook...nur einen Kumpel sah?
Wohl eher nicht.
„Jimin?" fragte ich ihn zum dritten Mal, noch immer in der Hoffnung, er würde von alleine erzählen.
„Er...er...hat J-Hope geküsst..." hörte ich unerwartet und leise die Worte, die mir alles andere offen darlegten.
Jungkook und Jimin...
Jungkook und Jimin.

Fast schon reflexartig zog ich den Zimmergenossen in meine Arme.
Das war also los mit ihm...
Deshalb ging es ihm so dreckig.
Ich legte Jimin, dessen Tränen noch immer unaufhaltsam rannen, eine Hand auf den Rücken, die Andere an den Kopf.
Und mal wieder fühlte ich mich wie ein großer Bruder für den Jüngeren.
Wie ein großer Bruder, der es als seine Pflicht sah seine Familie zu beschützen...

BTS - Hold me Tight (JiKook)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt