Zu viele Fragen

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Wimmernd hatte ich mich auf dem Fußboden zusammengerollt.
Yongguk war endlich weg...
Endlich...
Ich blinzelte in der Hoffnung, der Raum würde aufhören sich zu drehen.
Warum tat Yongguk mir das nur an...?
Hatte er nicht mal gesagt, dass er mich davor schützen wollte, verprügelt zu werden?
Die Tränen nahmen mir die Sicht und ich versuchte erst gar nicht, mich zu erheben.
Wozu auch?
Gab es etwas, für das es sich lohnte, aufzustehen?
Gab es etwas, für das es sich lohnte, weiterzumachen?
Eigentlich nicht...
Ich unterdrückte ein Schluchzen.
Auch wenn Yongguk verschwunden war, hatte ich es nicht vergessen, dass er es hasste, wenn ich (oder generell irgendjemand) weinte.
Ein Zittern ging durch meinen Körper und ich versteckte mein Gesicht hinter meinen Händen.
Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie scheiße ich gerade aussehen musste...
Beinahe biss ich mir meine Lippe blutig, in dem Versuch, mein Wimmern zu unterdrücken.
Warum musste mein Körper nur so verdammt wehtun?
Warum sah mein Freund nicht, wann Schluss war...
...wenn er dabei war, eine Grenze zu überschreiten?
Warum konnte er sich nicht mal weniger wie mein Vater verhalten...?
Und dann konnte ich es einfach nicht mehr zurückhalten.
Mit einem Mal brachen all die Tränen aus mir heraus, die ich die letzte Zeit zurückgehalten hatte.
All die Gefühle...
All die Schluchzer...
Warum musste ich nur so erbärmlich sein?!
Schmerzvoll verzog ich mein Gesicht, als bei meinem verzweifelnden Versuch genug Luft zu bekommen, ein stechender Stich durch meine Rippe fuhr.
Ob sie wohl gebrochen war...?
Nach den Tritten war das gar nicht mal so unwahrscheinlich...
Mit einem unterdrückten Stöhnen streckte ich meine Hand zum Bettpfosten aus um mich zu dem Möbelstück zu ziehen und mich vorsichtig aufzurichten.
So konnte das ja schließlich nicht weitergehen.
Kurz glaubte ich, der aufkommende Schmerz würde mir endgültig den Atem rauben...
...doch die Dunkelheit, die über mich gekommen war, ließ mich wieder frei und ich lebte weiter.
Wieso auch immer...
Immerhin wurde ich ja nicht gebraucht auf dieser Welt...
Erschöpft und den Schmerz ignorierend lehnte ich mich mit dem Rücken ans Bett und versuchte, meinen Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Normalerweise ging das doch so leicht...
Ein...Aus...Ein...Aus...
Jede Bewegung höchst behutsam ausführend legte ich meine Finger um den Saum meines T-Shirts und schob ihn etwas nach oben.
Yongguk...was hast du nur wieder getan...?


Ich weiß nicht warum, aber ich konnte meinen Blick einfach nicht von meinem geschundenen Oberkörper abwenden.
Nun brauchte ich mir endgültig keine Hoffnungen mehr machen, dass alle meine Rippen heil geblieben waren...
Ich schluckte.
Warum war mich plötzlich so schwindelig?
Warum begann der Raum um mich wieder zu verschwimmen?
Normalerweise hatte ich doch auch kein Problem mit Blut...?
Ich schloss meine Augen.
Was sollte ich nur machen?
Wenn Yongguk nicht da war, wen sollte ich anrufen, wenn mir sowas passierte?
So schlimm mein Freund auch war, immerhin konnte ich mich normalerweise darauf verlassen, dass niemand mir auch nur ein Haar krümmte...
Nur was sollte ich jetzt tun...?
Wer war für mich da, wenn ich Hilfe brauchte?
Vorsichtig öffnete ich meine Augen wieder.
Früher war ich doch auch alleine zurechtgekommen...jedenfalls einigermaßen...
Ohne meinen Kopf überanstrengen zu wollen sah ich mich langsam um.
Irgendwo müsste doch noch mein Handy liegen...
Irgendwo...
Unachtsam wandte ich meinen Oberkörper nach links und wurde sofort mit einem Stechen in meiner Brust bestraft.
Ein leiser Fluch entkam mir.
Und meine Stimmung wurde nicht besser, als ich mir eingestehen musste, dass mein Handy nicht da war.
Ich überlegte fieberhaft.
Hatte Yongguk es etwa mitgenommen...?
Mir fielen seine Worte von vorher wieder ein.
-"Warum betrügst du mich?!"-
Doch wie kam er auf sowas?
Ich würde es niemals wagen, so etwas zu machen!
Immerhin hatte er mir eben klargemacht, was für Konsequenzen ich in so einem Fall zu erwarten hatte...
Er hatte den Verdacht doch nicht etwa, weil ich mich letztens nach dem Unterricht mit Himchan unterhalten hatte und der mich angestrahlt hatte, oder?
Immerhin wäre das ja lächerlich...
...solche Überreaktionen zeigte normal ja nicht mal Yongguk...


~

„Moon?" hörte ich eine Stimme leise zu mir durchdringen.
Langsam erwachte ich aus meinem Halbschlaf und blinzelte ein paar Mal, bis ich mich wieder komplett in der Realität angekommen war.
Noch immer saß ich auf dem Boden an das Bett gelehnt und traute mich nicht wirklich, mich zu bewegen.
Wie konnte mein Körper nur so weh tun...?
Früher hatte ich oft Sportverletzungen gehabt, die teilweise sehr schmerzhaft waren, (jedenfalls bis Yongguk verlangt hatte, dass ich mit solchen für mich 'gefährlichen' Sachen aufhörte), aber die Gefühle, die jetzt durch mich jagten, waren um Welten schlimmer.
„Moon, alles okay?" wurde ich wieder gefragt und ich ließ meinen Blick an der Person vor mir heraufwandern.
Es war Rosé, die Köchin der Bangs.
Ich brauchte einen Moment, bis mir wieder einfiel, dass sie mich etwas gefragt hatte.
Wie konnte ich nur so neben der Spur sein?
Aber warte...
...sah man mir denn nichts an?
Merkte man äußerlich etwa nicht, das Yongguk mich zusammengeschlagen hatte?
Die Köchin beugte sich zu mir herunter.
„Du hast doch nicht geweint, oder?" meinte sie plötzlich leise, ging vor mir in die Hocke und fuhr mir mit dem Finger über die Wange.
Ich versuchte verzweifelt, mir nichts anmerken zu lassen.
Warum musste Rosé jetzt so nett zu mir sein?!
Das hatte ich doch gar nicht verdient...
Obwohl ein Schmerz durch meinen Rücken und Nacken zuckte, schüttelte ich den Kopf.
Sie sollte aufhören, sich wie die liebe Mutter zu verhalten, die ich nie hatte...
...sonst würde ich ihr noch um den Hals fallen und mich noch mehr blamieren.
Prüfend musterte meine Gegenüber mich.
Es war offensichtlich, dass sie mir nicht glaubte...
...doch was sollte ich machen?!
Schließlich erhob sie sich mit einem leicht aufgesetzt wirkenden Lächeln und hielt mir ihre Hand hin.
Ich sah nur zu ihr auf.
Wenn ich alles in meinem Leben falsch machte, warum war sie dann da, um mir aufzuhelfen...?

B.A.P - Protecting You (HimUp)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt