An und In der Villa der Bangs

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Das mulmige Gefühl in meinem Bauch meldet sich wieder, als ich schließlich die Klingel neben der Haustür drückte.
Tatsächlich habe ich nur zehn Minuten von der Bushaltestelle bis zur Villa gebraucht, doch leider war die Zeit lang genug, alle möglichen Szenarien in meinem Kopf entstehen zu lassen.
Immerhin habe ich ja nicht die geringste Antwort, was mich gleich erwartet...
Nervös, aber auch ungeduldig huschen meine Blicke umher.
Wieso dauert das nur so lange?
Ich will jetzt endlich wissen, was los ist...!
Wie aufs Stichwort öffnet sich die Tür vor mir und Yongguk grinst mich an.
Bei seinem Blick huscht mir sofort ein unangenhemer Schauer über den Rücken.
„Du bist wirklich gekommen..." schnurrt er und tritt bei Seite um mich einzulassen.
Ich jedoch sage weder etwas, noch bewege ich mich einen Milimeter.
Mein Gegenüber mustert mich kurz und ich glaube fast so etwas wie Belustigung in seinem Blick zu erkennen.
„Du hast nicht wirklich gedacht, ich würde dir nur 'deine' Sachen geben und dann könntest du wieder abhauen, oder?"
Ich schlucke.
Das habe ich zwar wirklich nicht gedacht, aber jetzt, wo ich hier stehe, ist all meine Entschlossenheit und all mein Mut wieder verschwunden.
Was für ein Déjà-vu...
Zögerlich öffne ich meinem Mund, um etwas zu erwidern, da hat er mich auch schon am Ärmel geschnappt und schnell in die Wohnung gezogen.
Ehe ich mich auch nur ansatzweise wehren kann, hat er die Tür hinter mir geschlossen.

Daehyun:
Auch wenn ich nie geplant hatte, dass der Nachmittag so verlaufen sollte, musste ich doch zugeben, dass ich echt neugierig war.
Nachdem mir Himchan die wesentlichen Infos gegeben hatte, warum wir das hier überhaupt taten, war ich jetzt irgendwie selber scharf darauf, schmutzige Geheimnisse über die Bangs herauszufinden...
Natürlich war mir klar, dass das, was wir hier taten, dumm und hirnrissig war - immerhin hatten wir nicht mal einen richtigen Plan - aber eigentlich hieß ich die Möglichkeit, mal wieder was mit meinem Kumpel machen zu können, freudig willkommen.
Wenn ich nicht auf normalem Weg seine Aufmerksamkeit bekommen konnte, dann könnte ich ihm vielleicht nach der 'Mission' einen kurzen Moment klauen...
...denn ehrlichgesagt brannten mir die neuesten - zu erzählenden - Ereignisse aus meinem Leben schon auf der Zunge.

Ich merkte, wie Himchan langsamer wurde und sein Fahrrad schließlich bei einer großen Villa zum Stehen kam.
Erstaunt ließ ich meinen Blick über das Gebäude wandern.
Dann wandte ich mich zu meinem Kumpel, der sein Fahrrad schon hinter einem Busch auf der anderen Straßenseite versteckte.
Ohne zu zögern tat ich es ihm gleich und wunderte mich nicht groß darüber, dass er sich wohl schon gut hier auskannte.
"Soll ich einfach klingeln?" riss mich plötzlich eine Frage aus meinen Gedanken und ich blickte erstaunt zu Himchan.
Sollte ER das nicht wissen...?
Unschlüssig zuckte ich mit den Schultern.
Irgendwie hatte ich gehofft, er hätte sich in den letzten Minuten noch einen Plan zurechtgelegt...
...aber da wurde ich wohl enttäuscht.
"Was willst du denn überhaupt fragen?" wollte ich in die entstandene Stille wissen und er sah mich kleinlaut an.
Ich seufzte nur.
Das war so klar...
Typisch Himchan.
In meinem Kopf begann es zu rattern.
"Wie lange ist es denn her, dass du den Streit belauscht hast?"
"Schon ne Weile..."
"Also wäre es komisch, wenn wir uns vor den Hausmädchen als Nachbarn ausgeben, die behaupten, von einem Streit 'letztens' gestört worden zu sein, oder? Weil sonst könnten wir unauffällig fragen, was denn los war..."
Mein Kumpel schüttelte den Kopf.
"Dafür ist das zu lang her..."
Nachdenklich standen wir eine Weile da.
Gerade wollte ich meinen Mund für einen weiteren Vorschlag öffnen, da hörten wir es...

Himchan:
Ruckartig hob ich meinen Kopf.
Gerade noch hatte ich verzweifelt versucht einen Plan zurechtzulegen, doch jetzt verschwendete ich keinen Gedanken mehr an dies.
Weder Daehyun noch ich regten uns und lauschten.
Doch nur eine Sekunde später hörten wir es wieder.
Nur ganz leise, zwischen den Geräuschen einer Großstadt kaum auszumachen...
...ein Schluchzen.
Ohne das ich nachdenken konnte, trugen mich meine Füße auf die Villa zu.
Überall hätte ich diese Stimme erkannt...
Im Augenwinkel nahm ich war, dass Daehyun mir zögerlich folgte, doch auch ohne ihn wäre ich sicher nicht stehengeblieben.
Fast wäre es, als hätte ich keine andere Wahl als mich näher auf die Geräusche zuzubewegen.
"Jongup..." hauchte ich kaum hörbar und suchend wanderten meine Augen über die Fassade der Villa.
Jongup...
...warum bist du hier...?
Meine Schritte beschleunigten sich, als ich die Auffahrt hinauflief und nach kurzem Lauschen nach links um die Hausecke huschte.
Normalerweise wäre ich nun wohl überwältigt stehengeblieben und hätte den prächtigen Garten bewundert, den man schon von diesem Seitenstreifen ausmachen konnte, doch nicht heute.
Ich war wie in einer eigenen Welt, als mein Blick auch auf der linken Hausseite auf und ab fuhr, bis ich das offene Fenster entdeckte.
Es lag im ersten Stock, doch endlich schien das Glück mal auf meiner Seite zu sein:
Eine schmale Feuerleiter, die vom zweiten Stock bei seinem Zimmer vorbeiführte, war an der Wand befestigt worden.
Zielstrebig lief ich darauf zu.
In diesem Moment waren mir die Konsequenzen egal.
Sollten die Nachbarn doch glotzen...
Sollte man doch die Polizei rufen...
Hauptsache dieses nun viel lautere Schluchzen hörte auf.
"Das willst du jetzt wirklich durchziehen?" drang plötzlich eine Stimme zu mir durch, doch während ich mit meinen Händen die Leiter ergriff, antwortete ich nur tonlos:
"Ja..."
Und dann kletterte ich auch schon los.

Mit gemischten Gefühlen erklomm ich Sprosse für Sprosse.
Deutlich merkte ich, wie meine Hände zitterten, doch mit dem Gedanken, umzudrehen, spielte ich schon lange nicht mehr.
Dafür war meine Sorge zu groß.
Meine Sorge und meine Angst, dass Yongguk Jongup mit jeder Sekunde mehr schadete.
So blickte ich auch nur einmal hinab zu Daehyun, der mir mit seinen Blicken folgte und wirkte, als wäre er allzeit dazu bereit, mich aufzufangen.
Was hatte ich nur für ein Glück, einen Freund zu haben, auf den ich mich immer verlassen konnte...
...und warum konnte ich nicht einfach so ein Freund für Jongup sein?
Entschlossen sah ich wieder nach oben.
Noch zwei Sprossen, dann wäre ich auf der Höhe des Fensters...
Angespannt überwand ich den letzten Abstand und lehnte mich auf der Leiter etwas nach rechts.
Und dann lugte ich vorsichtig über das Fenstersims...

Daehyun:
Gebannt beobachtete ich Himchan.
Er war oben angekommen und angespannt verfolgte ich, wie er sich zur Seite lehnte, um einen Blick in den Raum erhaschen zu können.
Nichtmal zu blinzeln wagte ich.
Schließlich könnte ich ja was verpassen...
Wie gerne hätte ich ihm die Frage zugerufen, was er denn sehe...
Doch wenn man dieses Schluchzen schon bis hier unten hörte, bezweifelte ich, dasss mein Ruf von den Menschen in dem Raum ungehört geblieben wäre.
Und dass Himchan aufflog, wollte ich nun wirklich nicht.
Jener jedoch zuckte just in diesem Moment plötzlich zusammen und klammerte sich fest an die Leiter.
War er entdeckt worden?
Leichte Panik überfiel mich, als ich keine Ahnung hatte, was bei ihm los war.
Meine Gedanken wirbelten nur so in meinem Kopf umher, und das, obwohl es nicht mal ich war, der da oben kauerte.
Wir hätten nie unvorbereitet hier her kommen sollen...
Hektisch sah ich mich um.
Wenn man Himchan entdeckt hatte, wäre es hier unten auch nicht mehr sicher.
Kurzentschlossen zog ich mein Handy hervor und schrieb meinen Kumpel an:

Was los?

Ich beobachtete, wie er mit einer Hand ungelenk sein Handy hervor zog und kurz einen Blick zu mir warf, bevor er antwortete:

Chanie:
Polizei. Sofort.

Ich riss die Augen auf.
Was ging da oben bitte ab?!
Meinte er das wirklich ernst?

°o°

Nur eine Sekunde später bekam ich Himchans Antwort:

Chanie:
Mach! Unsere Chance!

Ich legte meinen Kopf in den Nacken und als ich sah, wie sich mein Kumpel immernoch fast schon panisch an die Feuerleiter klammerte, zögerte ich nicht mehr.
So rief ich also zum ersten Mal in meinem Leben die Polizei.

B.A.P - Protecting You (HimUp)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt