Ein schöner Tag?

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Ich weiß nicht, wie viele Tage ich schon bei den Kims gewohnt hatte und mit ihrem Sohn abgehangen war, als mir wirklich bewusst wurde, wie gut ich mich inzwischen mit Himchan verstand.
Fast war es, als würden wir uns schon ein Leben lang kennen.
Wie es so weit gekommen war, war mir allerdings selbst nicht wirklich klar...
Anfangs hatte ich mich immer noch sehr übertrieben höflich vor den Leuten gegeben, die mich bei sich aufgenommen hatten und war immer etwas zurückhaltend gewesen - schließlich wollte ich sie nicht noch mehr stören - aber mit der Zeit war ich irgendwie lockerer geworden und versteckte mich nicht mehr ganz so oft hinter einem schüchternen Lächeln.
Öfters alberte ich total bescheuert mit meinem Klassenkameraden herum und schon bald waren wir soweit, dass auch wenn mal niemand etwas sagte, die Stille nicht unangenehm war.
Und so merkte ich erst, wie sehr ich das vermisst hatte.
Dieses unbesorgte Träumen an der Seite von einer Person, die mich nicht verbiegen wollte.
Ja, Himchan war jemand, bei dem ich einfach der sein konnte, der ich wollte.
Er verurteilte mich für gar nichts...
...und anders herum war es natürlich das gleiche...

Himchan:
Es machte mich mehr als glücklich, dass Jongup und ich uns immer näher kamen.
Meine anfängliche Nervosität in seiner Nähe war fast komplett verschwunden und ich merkte mit jedem Tag, wie wir mehr zusammenwuchsen.
Er war auch der Grund, warum ich jeden Morgen schon mit einem Lächeln aufstand und beschwingter denn je durch die Wohnung flitzte.
Allein bei dem Gedanken an die folgenden Tage bekam ich wieder und wieder unschlagbar gute Laune.
So auch heute, als ich sogar noch früher als sonst erwacht war und jetzt leise im Schlafanzug über den Flur tapste.
Wie öfter in letzter Zeit machte ich vor der Treppe nach unten noch kurz halt und warf einen Blick zu dem Sofa, auf dem Jongup wohl noch schlief.
Jedenfalls sah es so aus, denn sein linker Arm hing schlaff über die Couchkante, während auf dem Rechten sein Kopf gebettet war.
Als ich einen vorsichtigen Schritt auf ihn zu trat, konnte ich auch in sein Gesicht schauen, dass einen friedlichen und entspannten Ausdruck trug.
Zufrieden grinste ich, dann schlich ich leise die Treppen hinab, um mir vom Wascheständer meinen Lieblingspulli zu holen.
Da Wochenende war und somit keine Schule, hatte meine Familie beschlossen, sich mit Jongup zusammen einen schönen Tag an der frischen Luft zu machen.
Was mir natürlich nur recht war...
Es würde sicher schön werden, mit den Menschen, die mir am liebsten waren, wieder stressfrei durch die Straßen zu laufen...
Vermutlich wie ein Idiot aussehendend schnappte ich mir mit einem Dauergrinsen meine Klamotten und beschloss kurzerhand, in das untere und größere Bad zu gehen – wenn auch nur, um meine Schwester zu ärgern.
Dort duschte ich mich in Ruhe, zog mich an und stylte meine Haare noch etwas.
Auch wenn kein Unterricht war, musste man ja nicht wie ein Penner herumlaufen...

Zu meinem Liedwesen hatte meine Schwester gar nicht gemerkt, dass ich mich in 'ihrem' Badezimmer fertig gemacht hatte...
Sie stand sogar erst auf, nachdem ich mit meiner Mutter schon gefrühstückt hatte...hierbei sollte man erwähnen, dass wir es am Wochenende nicht so streng mit dem gemeinsamen Essen nahmen...
Uppie hingegen war heruntergetapst gekommen, als ich gerade aus dem Bad trat, hatte aber betont, keinen Hunger zu haben.
Doch trotz unserer unterschiedlichen Rhythmen hatten wir es tatsächlich geschafft, alle pünktlich um elf unten vor der Haustür zu stehen und abfahrbereit zu sein.
Natürlich nicht ohne die Hilfe meiner Mutter...

Jongup:
Als mich Himchans Mutter heute früh weckte, hatte sie mir nicht gesagt, wohin wir fahren würden, sodass ich nun ganz ahnungslos neben Himchan auf der Rückbank ihres Autos saß.
Draußen wurden die Hochhäuser immer mehr von kleineren Gebäuden und dann von Wiesen und Feldern abgelöst.
Aufgeregt konnte ich meinen Blick fast gar nicht mehr vom Fenster abwenden.
Schon lange hatte ich nicht mehr die Stadt verlassen...das letzte Mal war wohl noch mit meinen Eltern gewesen...
In Gedanken versunken merkte ich nicht, wie der Wagen irgendwann langsamer wurde, erst als er schließlich auf einem kleinen Parkplatz zum Stehen kam, erwachte ich wieder aus meinen Träumereien.
Überrascht schrak ich also auf und folgte Himchan und seiner Schwester, die gerade dabei waren, auszusteigen.
Als auch ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte und mich ausgiebig gestreckt hatte, wanderte mein Blick zu Mrs. Kim, die gerade dabei war, ein paar Sachen aus dem Kofferraum zu holen.
Sofort lief ich zu ihr, um ihr zu helfen.
Dankend wurde ich angelächelt, als ich einen Korb und eine Decke entgegennahm.
Soso, wir würden also picknicken...
„Chanie soll auch was tragen..." hörte ich Himchans Schwester hinter mir quengeln und ein Blick über meine Schulter verriet mir, dass der Tochter soeben auch ein Korb in die Hand gedrückt worden war.
Ich grinste in mich rein.
Irgendwie war mir die Schwester trotz ihres vielen Nörgelns und ihrer Anhänglichkeit ganz sympathisch geworden...

Himchan:
Das Picknicken war einfach nur perfekt.
Und das lag natürlich nicht nur an den wahnsinnig guten Häppchen, die meine Mutter vorbereitet hatte...
Nein, es tat einfach gut, mit der Familie, zu der ich Jongup mittlerweile auch zählte, irgendwo in der Pampa zu sitzen und über alles zu reden, was nicht mit Schule zu tun hatte.
Viel zu schnell verging so auch die Zeit und niemand war wirklich begeistert, als die Fahrt nach Hause anstand.
Wer wusste auch, wann wir das nächste Mal die Gelegenheit zu so einem freien Tag hätten...?
Trotz alledem packten wir schließlich unsere Sachen zusammen und begaben uns schweren Herzens zum Auto.
Viel reden, taten wir allerdings nicht.
Es war eher so, als würde jeder für sich den Tag in Gedanken ausklingen lassen...
Erst als wir vor unserem Haus vorfuhren und ausstiegen, wurde die Stille gebrochen.
Und zwar von meiner Schwester.
„Wer ist das denn?" fragte sie verständnislos und löste so nicht nur bei mir Verwirrung aus.
„Wen meinst du?" lachte ich, doch sie zeigte nur zu unserem Haus.
Mein Blick folgte ihrem Finger und ich kniff meine Augen zusammen.
Tatsächlich...
...auf der kleinen Bank, die wir neben unserer Haustür aufgestellt hatten, saß jemand.
Mit fragendem Blick wandte ich mich zu meinen Eltern.
„Hast du jemanden eingeladen?" wollte meine Mutter da auch schon von meinem Vater wissen, doch der Angesprochene schüttelte nur mit seinem Kopf.
Stattdessen lag sein Blick misstrauisch auf der Gestalt, die sich nun erhob und durch unseren Garten mit zügigen Schritten auf uns zu kam.
Ich schaute zu meiner Schwester, wie ich, schien sie sich überhaupt nicht wohl zu fühlen...
Könnten wir nicht...?
Gerade spielte ich schon mit dem Gedanken, sie zu fragen, ob wir uns nicht ins Auto setzen wollten, da fiel mein Blick auf Jongup.
Und er schien noch mehr als wir alle geschockt zu sein.
Sein Gesicht war kreidebleich und er war wie erstarrt, während er mit aufgerissenen Augen den Mann beobachtete, der jetzt wohl noch drei Meter von uns entfernt war.
„Jongup? Ist was? Kennst du diesen Typ etwa?" fragte ich und wedelte mit meiner Hand vor seinem Gesicht herum.
Der Angesprochene drehte nur langsam seinen Kopf in meine Richtung.
Was ich dann jedoch sah, hatte ich weniger als alles andere erwartet...
Denn es war die nackte Panik, die alle anderen Gefühle in seinen Augen verdrängte...
„Jongup? Weißt du, wer dieser Mann ist?!" bohrte ich nochmal nach und bekam es auch langsam mit der Angst zu tun.
Der Kleinere nickte immer noch wie in Trance.
Dann antwortete er kaum hörbar:
„Er...er ist mein Vater..."

B.A.P - Protecting You (HimUp)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt