Am gleichen Ort, zu unterschiedlicher Mission

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Yongguk:

Schon sicher ein drei Vierteles Jahr war vergangen, seit Jongup das letzte Mal bei mir gewesen war.
Eigentlich war ich bis jetzt immer ganz froh gewesen, ihn nicht mehr an der Backe zu haben, doch langsam merkte ich, wie die altbekannte Langeweile wieder in mir hochkam.
Die Langweile, in der ich mir meinen Freund früher einfach hatte schnappen können...
Nachdenklich blickte ich mich in dem kleinen Park um, in dem ich mich auf eine Bank hatte fallen lassen, und beobachtete die Menschen, die - größtenteils gestresst aussehend - herumeilten.
Ich hatte nie verstanden, warum man sich das antat...
...warum genossen nicht mehr Leute ihr Leben, wenn es doch eh nur so kurz war...?
Ich wusste noch, wie ich mir früher sicher war, frei zu sein.
Frei von all dem, was andere Menschen zu solchen Maschinen machte.
Frei von Pflichten, denen ich nachzugehen hatte, um nicht unterzugehen.
Doch mit der Zeit hatte ich erkannt, dass das alles nur Lügen waren.
Meine Eltern hatten mir so viele Sachen abgenommen und versucht mir ein perfektes Leben bieten zu können...aber doch auch nur, dass ich später ohne zu nörgeln die Firma übernehmen würde.
Letzten Endes sollte ich also auch zu so einer Maschine werden...
Was bedeutete, dass ich jetzt noch das tun sollte, was ich wollte.
Und gerade in diesem Moment wusste ich eigentlich genau, was ich wollte...
Denn es war sicher nicht, hier gelangweilt herumzusitzen und sich anhören zu müssen, wie zwei ältere Mädchen ein paar Meter entfernt gerade so, dass ich es hören konnte, diskutierten, ob ich wohl Single war...
Entschlossen stand ich auf und zog im Gehen mein Handy hervor.
Es wurde Zeit, dass mich jemand von meiner Langeweile befreite...

Himchan:
In Gedanken versunken verließ ich auch heute Nachmittag wieder das Schulgebäude.
Die Worte meiner Mutter spukten mir immer noch im Kopf herum.
Wie hatte sie sich das alles bitte vorgestellt?
Sollte ich einfach zu meinem Schwarm laufen und ihn dazu zwingen, zuzugeben, von Yongguk verprügelt worden zu sein?
Nein...
Es war schon allein deshalb unmöglich, da Jongup immer noch viel zu viel Respekt vor der Familie Bang hatte, als dass er sie verraten würde...
Nur wie sollte ich das trotzdem schaffen...schließlich gab es ja keine anderen Zeugen, oder?
Obwohl, in der Villa liefen doch bestimmt Angestellte herum...vielleicht hatte da einer was gehört oder gesehen...
Hoffnungsvoll klammerte ich mich an dem Gedanken fest.
„Hey, hörst du mir überhaupt zu?" unterbrach plötzlich Daehyuns Stimme meine Überlegungen.
Überrascht wandte ich mich sogleich an ihn und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.
„Klar."
Mein Kumpel jedoch sah mich weiterhin an.
Schließlich seufzte ich.
„Ja Okay. Sorry. Was hast du gesagt?"
„Ich habe dich gefragt, ob ich noch mit zu dir kann, oder ob du noch mit zu mir möchtest."
„W...warum?" fragte ich verwirrt, schließlich hatte er mich in der letzten Zeit immer versetzt.
Daehyun verdrehte genervt die Augen.
„Vielleicht, weil wir schon ewig nichts mehr zusammen gemacht haben und ich dir was Wichtiges sagen will...!"
Verlegen fuhr ich mir über den Nacken.
Mag es auch egoistisch klingen, aber ich hatte überhaupt keinen Bock...
Schnell überlegte ich, was ich ihm sagen könnte, um ihn nicht allzu zu verletzten.
Da fielen mir die Angestellten im Hause Bang wieder ein.
„Sorry...aber ich habe schon was vor. Kannst du mir 'das Wichtige' nicht auch hier sagen?"
Mein Kumpel schüttelte energisch den Kopf, dann wurde sein Blick jedoch interessiert und misstrauisch gleichzeitig.
„Was hast du denn noch vor?"
„Äh..." krampfhaft suchte ich nach einer Ausrede.
Aber was zum Teufel sollte ich ihm denn sagen...?!
„Meine Mutter hat mich gebeten, etwas für sie zu erledigen."
„Und was?"
Innerlich fluchend verlagerte ich das Gewicht meines Körpers von dem rechten auf das linke Bein.
„Naja...das ist schwer zu erklären..." druckste ich herum.
Irgendwie konnte ich ihn einfach nicht anlügen.
„Also ich habe Zeit." meinte Daehyun hartnäckig, doch immer noch sträubte sich etwas in mir. „Komm schon, so schlimm kann es nicht sein...und außerdem sind wir doch Freunde." quengelte er schließlich und sah mich mit Hundeaugen an.
Wie ich es doch hasste, wenn er diese Freundschaftskarte ausspielte...
Schließlich seufzte ich niedergeschlagen.
„Na gut, aber du erzählst niemandem davon!"
Mein Kumpel nickte eifrig und wir schwangen uns auf unsere Räder, während ich anfing...
„Du erinnerst dich doch noch an den Streit, den wir vor nem Jahr oder so mit Yongguk und Jongup auf dem Flur hatten..."
„Wie könnte ich das vergessen! Ich hatte Todesängste in dem Moment." wurde von Daehyun eingeworfen, was ich aber gekonnt reagierte.
„Jedenfalls habe ich mich da schon gefragt, warum Jongup so schnell k.o gegangen ist. Und naja, als ich danach irgendwann einkaufen gegangen bin, bin ich ihm begegnet."
„Echt jetzt? Einfach so?" fragte mein Kumpel verblüfft und ich verschwieg ihm das Detail, dass ich in den Anderen quasi hineingerannt war.
„Frag nicht warum, aber ich habe ihn dann zu mir nach Hause genommen und meine Mutter hat sich um seine Verletzungen gekümmert. Weil laut ihren Beschreibungen waren die fast überall."
Daehyun lauschte mit großen Augen.
„Und dann?" wollte er wissen und sah mich neugierig an.
Da wir gerade an einer Ampel hielten, war das auch leicht möglich.
Nicht wissend, wie ich das beschreiben sollte, was daraufhin geschehen war, zuckte ich mit den Schultern.
„Naja, sagen wir so, nachdem meine Mutter und ich uns jetzt sicher sind, dass Yongguk Jongup öfters verprügelt hat, müssen wir das nur noch beweisen."
Mein Kumpel sah mich verständnislos an, während die Ampel auf Grün schaltete und wir wieder weiterfuhren.
„Warum müsst ihr das beweisen? Wollt ihr damit zur Polizei, oder was?"
Auch wenn das nur die Kurzfassung war und ziemlich vereinfacht, sich aber doch nach den Plänen meiner Mutter anhörte, nickte ich.
Daehyun sah geschockt zu mir herüber.
„Euch ist aber schon klar, dass ihr die Bangs damit nicht unterkriegen könnt, oder? Ich mein, die sind so ziemlich die reichsten Menschen die ich kenne!"
„Meine Mutter hat aber scheinbar noch andere Sachen gegen sie in der Hand."
„Ihr seid doch verrückt..." murmelte mein Kumpel und konzentrierte sich wieder aufs Fahren.
Nach einer Weile jedoch wollte er wissen:
„Was machen wir jetzt eigentlich?"
Ich grinste ihn an.
„Wir suchen Beweise."
Der Andere schüttelte nur mit dem Kopf.
Aber eigentlich hatte er ja auch recht...die ganze Aktion war durch ihre Spontanität mehr als fragwürdig.

Jongup:
Ich spürte mein Handy in der Hosentasche vibrieren und zog es umständlich hervor.
Eigentlich saß ich gerade entspannt im Bus auf dem Weg ins Industriegebiet, doch als ich sah, wer es war, der mir eine Nachricht geschrieben hatte, waren alle positiven Gefühle wie weggeblasen...
Es war Yongguk...
Zögerlich öffnete ich die Nachricht.
Wollte ich wirklich wissen, was er schrieb...?

Bang Yongguk (ja, ich hatte ihn wieder mit richtigem Namen eingespeichert...):
Ich habe noch Sachen von dir gefunden. Kommst du vorbei und holst sie ab?

Baff starrte ich auf mein Handy.
Er wollte, dass ich vorbeikam?
Nach all der Zeit, in der wir uns komplett aus dem Weg gegangen waren?
Unsicher las ich die Nachricht nochmal.
Auch wenn ich sein Gesicht nicht sehen konnte, um darin Gefühle zu suchen...irgendwie glaubte ich ihm nicht.
Außerdem wusste er doch ganz genau, dass eigentlich nichts von den Sachen in 'meinem' Zimmer gewesen waren, wirklich mir gehört hatte.
Also was wollte er von mir?
Hatte er nicht gesagt, er fände mich nervig...?
Welches Ziel verfolgte er?
Unwilkürlich spürte ich, wie sich zu der Unsicherheit Neugier mischte.
Auch wenn ich mir geschworen hatte, diesem Haus und deren Hältern nie wieder näher zu kommen...
...irgendwie spürte ich jetzt das Verlangen, doch wieder dort hin zu gehen.
Nur um zu schauen, was bei Yongguk los war...
Mein Blick wanderte zu der Anzeigetafel im Bus.
Wenn ich bei der nächsten Haltestelle aussteigen würde, wäre ich nach zehn Minuten Fußmarsch an der Villa...
Ich warf noch einen Blick auf mein Handy, dann erhob ich mich und als der Bus schließlich hielt, stieg ich fest entschlossen aus.
Mir war klar, dass es dumm war, was ich tat.
Mir war klar, wie sehr die Leute recht hatten, wenn sie mich als naiv bezeichnet hatten.
Aber meine fast schon kindliche Neugier hatte schon immer all meine Selbsterhaltungstriebe unterdrückt...

B.A.P - Protecting You (HimUp)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt