Kapitel 7.

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*Pheobes Sicht*

Habe ich gerade richtig gehört? Oder wollte mir mein Gehör ein Streich spielen?

Doch als ich in Jakobs Gesichtsausdruck schaute, zeigte er mir nur, dass mein schlimmster Traum wohl wahr geworden ist.

Vielleicht ist es zwar nicht der dritte Weltkrieg ausgebrochen, aber einer von meinen wichtigsten Personen in meinem Leben wird zu Mindestens verletzt und dies musste ich irgendwie verhindern. Also rannte ich los, ohne noch etwas zu antworten, Richtung Schulhof. Ich spürte nur die verwirrten Blicke auf meinen Rücken von meinen Freunden und den anderen Schülern, weil ich ja wie so eine Verrückte durch die Schule lief, als würde ich vor einem wilden Tier wegrennnen. Aber alles schien in diesem Moment vollkommen egal, nur eins zählte, rechtzeitig einschreiten bei meinen Lieblingmenschen. Wahrscheinlich würde ich mich noch später dafür Ohrfeigen, aber ich schob den Gedanken weit hinten in mein Gedächtnis und lief weiter.

Wieso sind die Jungs so blöd und prügeln sich? Was ist nur geschehen, dass sie sich so hassten? Warum prügelt man sich gleich wegen jeder gottverdammten, kleinen Sache? Hatten die nicht was Besseres zu tun? Ich werde es wohl nie verstehen...

Ich werde Jungs nie verstehen...

Ich rannte noch den letzten Flur entlang und erreichte draußen den vollen Schulhof. Es ist noch kälter geworden, denn die Kälte zog in meine Knochen und ich zitterte. Vielleicht war es aber auch die Anspannung, die mich quälte, was ich dort vorfinden würde.

Warte voll? Sonst war der Schulhof nie voll! Nervös blickte ich über den Schulhof und erkannte die Menschenmenge, die sich als Kreis um das Geschehen gebildet hat, was ich am Liebsten nie gesehen hätte. Ich schubste die anderen, gaffenden Schüler zur Seite, um das Geschehen live mit ansehen zu müssen.

Luka saß auf Leon drauf und schlug mit seiner Faust immer wieder auf ihn ein. Dieser hatte schon ein blaues Auge und einige Schürfwunden, dafür hatte Luka anscheinend eine gebrochene Nase, an der Blut runter lief. Sind die bescheuert? Haben den jemand ins Gehirn geschissen? Ich fiel vom Glauben ab. So viel Aggressivität in Lukas Augen. Sein Ziel klar vor Augen, wie in Trance schlug er immer weiter.

Atmen nicht vergessen Pheobe! Ich zitterte am ganzen Körper und stand dort, unfähig eine Bewegung auszuführen, die das Geschehen hätte stoppen können. Ich spürte wie mir alle Farbe entwich und meine Kraft aus den Beinen nachließ. Was sollte ich tun?

Jetzt trat Luka Leon immer wieder in seine Magengegend und aus Leons Mund kam Blut rausgequollen.

Ich drehe hier durch! Keiner der Anderen kümmerte sich darum, dass sie aufhörten, sie feuerten sie nur an! In mir bildete sich ein Kloß und ich brauchte viel Kraft um ihn runterzuschlucken.

,,Stop! Seid ihr eigentlich jetzt total bescheuert?!", mischte ich mich jetzt schreiend ein.

Sie hörten ruckartig auf und warfen mir einen Totesblick zu, weil ich ihnen ja die Tour versaut hatte. Sie brauchten ein Moment, als sie erkannten wessen Stimme es war, die sie zum Aufhören verdonnert hatte. Beide setzten sie eine Mitleidsmiene auf und ließen von einander ab.

Nicht mit mir Freunde!

,,Habt ihr jetzt total den Verstand verloren!? WAS SOLL DAS?", schrie ich weiter hysterisch rum. Vollkommend überfordert mit der Situation stand ich mit zitternden Händen vor ihnen und ich spürte die Blicke der anderen Schülern auf mir.

Luka hielt seine Hände vor seiner Nase und kam auf mich zu. Unaufhörlich lief Blut an seinem Kinn runter. Einige der anderen Schüler gafften immer noch uns an, andere gingen ihrer Wege, weil der spannende Teil ja nun vorbei war .

Leon spuckte Blut, mein Herz machte ein Aussetzer. Der Schnee färbte sich dort rot, wo der Tropfen aufkam. Alles drehte sich und ich musste mich kurz fangen. Es war einfach alles zu viel. Mein bester Freund kippte vor meinen Augen um.

,,Leon!!!", kam es aus meiner Kehle krachtzig.

Oh mein Gott! Wie schlimm sind seine Verletzungen? Ich kniete mich neben ihn und ich bettete sein Gesicht auf meinen Schoß.

,,Luka, was hast du getan?!", schrie ich ihn wütend an. Doch dann spürte ich eine Bewegung unter mir und ich sah in die offenen Augen meines besten Freundes.

,,Hey", sprach ich leise. Ich spendete ihn ein freundliches, warmes Lächeln und strich ihm ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Er lächelte zurück und antwortet: ,,Hey." Erleichter atmet er aus. ,,Mir geht es gut, lässt du mich aufstehen?"

,,Soll ich nicht lieber ein Krankenwagen rufen?", fragte ich mit Sorge in meiner Stimme. Verzweifelt blickte ich ihn an.

Auf sein Kopfschütteln, half ich ihm hoch. Er hatte wieder die komplette Kontrolle über sein Körper zurück erlangt.

Ein verachtendes Schnaufen ließ mich mein Kopf wenden und mir fiel wieder ein, warum wir hier waren. Das Schnaufen kam aus Lukas Ecke. Ich schaute ihn an, sein Gesicht war angespannt und er wischte sich mit seiner rechten Hand das Blut ab: ,,Wenn du jetzt mit ihm gehst, dann ist es zwischen uns aus! Dein toller von bester Freund ist nämlich auf mich losgegangen, wie ein Irrer." Der Kreis um herum ließ ein Raunen los.

Diese Worte zerrissen mein Herz in tausend Stücke. Wie konnte er nur sowas sagen? Er sah doch, dass es Leon schlechter ging und ich mit ihm zur Schulkrankenschwester musste. Doch Luka sah mich ernst an. In meinen Augen bildeten sich Tränen. Hier ging es mir nicht darum wer angefangen hatte, sonder wer meine Hilfe benötigte.

Er verlangte von mir, dass ich mich für einen von beiden entschied, aber das konnte ich nicht. Mir waren beide einfach zu wichtig. Ich liebte Luka, aber genauso liebte ich Leon wie meinen Bruder.

Leon stützte sich an meiner Schulter ab und ich musste mein Gewicht ausbalancieren um nicht, samt ihm, umzufallen.

Lukas Blick lag immer noch auf mir und ich sah ihn mit Tränen in den Augen an. Seine Augen glitzerten mich zornig und verletzt an. Doch da ich ihm nicht antwortete und ich immer noch bei Leon war, drehte er sich um und verschwand zwischen den Anderen.

Es war also aus zwischen uns...

Ich unterdrückte meine Tränen und wollte stark sein, aber wie kann man das, wenn in einem gerade die Welt zusammenbrach? In meinem Herzen bildete sich ein schwarzes Loch, aber ich konnte meine Wahl nicht bereuen. Leon war mein bester Freund, er war wie ein Bruder für mich. Trotzdem schmerzte der Gedanke, dass ich und Luka nicht mehr zusammen sein werden.

,,Lass uns zur Schulkrankenschwester gehen." Mein Blick lag immer noch auf der Stelle, wo gerade Luka stand, doch ich drehte mich um und ging mit Leon vom Schulhof runter ins Schulgebäude. Die Menge von Schülern ging nun auch seiner Wege.

Ich wollte nicht mehr reden, ich wollte nicht noch Unterricht haben, ich wollte nichts mehr. Das war der schlimmste erste Tag, den man sich vorstellen konnte. Ich hatte mir alles anders ausgemalt. Doch wenn man Pläne machte, kam das Leben dazwischen.

Leon unterbrach meine Gedanken und sagte: ,,Phi, hey nicht weinen...wenn er dich gehen lässt, dann hat er dich nicht verdient! Außerdem hat er dir wehgetan und schlecht über dich ger..."

Er kam nicht weiter da ich ihn unterbrach: ,,Lass es einfach ja? Mir ist egal, was ihr beiden habt, wer angefangen, noch wer aufgehört hat. Man hat ja gesehen was daraus wurde, wenn andere sich einmischen. Lass uns einfach nicht darüber reden..."

Ich senkte meinen Blick. Meine Nervem waren am Ende und ich wünschte ich wäre heute morgen im Bett geblieben. Ein verkrampftes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Mir war nicht zum Lachen zumute, aber den ganzen Tag mit beleidigter Miene konnte ich nicht rumlaufen. Ich war einer der Menschen, die immer versuchten für andere da zu sein und seine eigene Gefühle zurückgestellt.

Den Rest des Weges sagte er nichts mehr und als wir die Tür, der Krankenschwester erreichten, ging er alleine rein.

Ich verharrte in meiner Person und konnte mich nicht bewegen. Mein Leben machte kein Sinn ohne Luka...

Die Tränen fanden den Weg über mein Gesicht und ich konnte, weder wollte, ich sie aufhalten. Es ging nicht mehr. Ich gab den Versuch auf es unterdrücken zu wollen.

Es war vorbei mit mir und Luka. Er war mir so wichtig in kürzester Zeit geworden und nun war wieder alles zu Ende?

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