Es ist eine von uns..

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Valentina

Meine Familie und ich laufen so schnell wir können auf den Marktplatz. Menschenmengen sind dort um etwas in einem großen Kreis Versammelt. Sie tragen fast alle ihre Festtagsrobe. Ein Meer aus bunten farbenfrohen Roben.

Sobald sie meine Mutter sehen, machen sie eine Gasse, so dass wir problemlos hindurch können. In dem Moment, in dem ich die Leiche sehe bleibe ich entsetzt stehen. Vor mir liegt, blutüberströmt, Kristin. Die ältere Schwester meiner besten Freundin. Neben der Toden, liegt eine Weiße, Blut beschmierte Decke. „Nein! Nein Kristin, nein du darfst nicht tot sein." Höre ich das schluchzen von Kristins Mutter. Sie Kniet am Boden und hält den Kopf ihrer Tochter auf dem Schoß gebettet. Sie wimmert und schaukelt immer wieder vor und zurück. Vor und zurück. Dabei murmelt sie immer wieder „Bitte wach auf. Bitte wach auf." Ihre Braunen schulterlangen Locken verdecken ihr Gesicht. Mein Blick schweift durch die Menge. Wo ist Anna? Weis sie schon bescheid? Und dann sehe ich sie. Anna steht mitten in der Menschenmenge, sie fällt einem mit ihrer roten Löwenmähne sofort auf. Ich Quetsche mich zu ihr durch. Ihr Blick ist allerdings nicht auf ihre tote Schwester gerichtet. Sie wirkt so, als würde sie Jemanden in der Menschenmenge suchen. Endlich stehe ich direkt vor ihr. „Anna?" Sie schaut mich an, bevor sie mich kurz schüttelt. „Bitte sag mir das du Viktoria hier irgendwo gesehen hast." Viktoria ist die Zwillingsschwester von Kristin. „Nein."

Tränen laufen Anna über die Wange. „Sie war mit Kristin unterwegs gestern Abend." Erzählt sie mir verzweifelt. „Sie wollten noch etwas vorbereiten für Morgen. Danach hab ich beide nicht mehr gesehen. Was ist wenn sie auch-" sie spricht nicht weiter. Ich weiß auch so was gemeint ist. Was ist wenn sie auch tot ist. „Nein, das darfst du nicht denken. Bist du sicher dass sie nicht irgendwo im Haus war?" Anna schüttelt energisch ihren Kopf. „Nein. Sie waren beide nicht da. Mutter hat sich unglaublich aufgeregt, weil sie nicht wollte das die beiden das große Fest verpassen." Ich drehe mich zu meiner Mutter um, die es mittlerweile geschafft hat, Annas Mutter von der toten weg zu schieben, damit man die Leiche weg bringen kann. „Anna, wenn die Wölfe Viktoria getötet hätten, dann würde sie auch hier legen." Zumindest vermutete ich das und ich hoffte es zugleich, denn sonst würde Anna an einem Tag ihre beiden Geschwister verlieren.

~*~

Es sind bereits drei Tage nach dem Wolfangriff vergangen und Viktoria ist immer noch nicht aufgetaucht. Die meisten glauben, sie sei auch getötet worden und ein paar wenige haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben sie lebend wiederzufinden.

Man ist sich mittlerweile ziemlich sicher, das Kristin im Wald gewesen sein muss, denn erstens greifen die Wolfe uns nur dort an- es ist ihr Territorium- und zweitens wurde an ihrer Kleidung Spuren gefunden, die auf den Aufenthalt im Wald hindeuten.

Niemand weiß wann und warum sie in den Wald gegangen ist. Es wird gemunkelt, das sie dort einen Verehrer getroffen haben soll und dabei von den Wölfen überrascht worden ist. Ob das stimmt, ist natürlich mehr als Fraglich, vor allem wenn Viktoria dabei gewesen ist.

Der Spezialisierungstag wurde natürlich sofort abgesagt. Statt der bunten Roben, tragen wir nun alle Schwarz, die Farbe der Trauer.

Gerade stehen wir am Grab und lauschen den Worten des Priesters.  Der Himmel ist strahlend blau und Wolkenlos. Es ist angenehm warm und die Ersten Blumen erblühen. Es ist ein viel zu schöner Tag für eine Beerdigung. Mein Blick bleibt starr auf dem Sarg gerichtet. Er ist schwarz und auf ihm liegt ein wunderschöner Blumenkranz.

Am Tag vor ihrem Tod hat Kristin mit mir und Anna darüber diskutiert welche Spezialisierungen  wir beide wohl haben könnten. Ihrer Meinung nach, würde sie mich in die Rubrik Orakel stecken. Leider kann ich mit Glaskugeln oder Teetassen lesen nicht wirklich viel anfangen, das hab ich ihr aber nicht gesagt. Ich wollte ihr die Illusion nicht nehmen.

Einzelne Tränen laufen mir die Wangen herunter. Neben mir erklingt ein Schluchzer. Es ist Anna. Ich weiß nicht was ich tun soll, also drücke ich leicht ihre Hand um ihr zu signalisieren, dass ich für sie da sein werde.

Und dann passiert es. Ganz plötzlich. Es ist Nacht. Ich bin im Wald in meinem Nachthemd. Ich renne. Schweiß bildet sich auf meiner Stirn und die Panik breitet sich in mir aus. Der Boden ist schneebedeckt und ich weiß genau was als nächstes passieren wird. Es ist wie in meinem Traum. Ich renne aber ich weiß, dass ich es nicht aus dem Wald heraus schaffe. Dann sehe ich sie. Die Drei Wölfe. Die Monster die Kristin ermordet haben. Wieder steht der eine Wolf direkt vor mir und ich schließe die Augen, mit dem Wissen, das mein Ende naht. Dann spüre ich den Schmerz in meinem Bein und im nächsten Moment stehe ich wieder bei der Beerdigung. So als wäre nichts geschehen. Mein Herz schlägt unglaublich laut und schnell. Was war das? Ist Kristin so etwa gestorben, waren das ihre letzten Momente? Nein, das kann nicht sein. Der Boden war schneebedeckt und wir haben Frühlingsanfang.

Vollmond - Wenn die Magie erwacht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt