Picknick

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Eliot

Wir passieren gerade das Stadttor. Charlotte reitet neben mir. Ihre Stute ist nur minimal kleiner als mein Hengst. Charlottes Duft umnebeln mich und meine Gedanken wandern zu meinem Traum. Ich sehne mich danach sie zu Markieren. Vor allem jetzt, wo Lucas seine Gefährtin gefunden hat und so bereitwillig akzeptiert wurde. Ich beneidet ihn darum. Maya hat vor Freude gestrahlt als er vor ihr nieder kniete. Während dieser Zeit war mein Blick zu Charlotte gehuscht, welche das Szenario sehr irritiert betrachtete. Ich weiß, das Maya Lucas Mal spätestens in einer Woche tragen wird, weshalb es mich umso mehr wurmt, das Charlotte meines noch nicht trägt. Wäre sie mit unseren Sitten vertraut, wäre dem nicht so. Ihr Hals würde sich als gute Stelle erweisen. Oder vielleicht lieber ihre Hüfte? In meinem Kopf spielen sich bereits Szenarien ab, die eine solche Markierung möglich machen.

„Wo reiten wir hin?" Reist mich Charlotte aus meinen Tagtraum. Was vermutlich auch gut so ist.

Ich überlege kurze, dann kommt mir eine Idee. „Was hältst du von einem Wettrennen?" Frage ich sie also. Wir befinden uns noch auf dem gewöhnlichen Handelsweg. Rechts und links erstreckt sich Gras und vereinzelt sieht man kleine Apfelbäume. Auf der rechten Seite kann man in weiter Ferne den Wald ausmachen, der sich um unser Reviert zieht. Sie lächelt und schaut mich herausfordernd an. „Wenn du kein Problem hast zu verlieren." Lautet ihre Antwort. Ich lache. „Siehst du den Apfelbaum gut 100 Meter von uns entfernt?" Sie nickt. Es ist der Baum der uns am nächsten ist. „Wer zuerst da ist." Und mit diesen Worten Treibe ich mein Pferd an und presche los.

Charlotte erreicht den Baum nur knapp vor mir. Sie hebt einen Arm in die Höhe und ruft: „Gewonnen!" Das hat sie tatsächlich.

Wir reiten noch eine Weile auf dem Rasen, bis wir an einem Fluss kommen. Dort steigen wir von unseren Pferden ab. „Du brauchst die Pferde nicht anbinden, sie werden hier grasen und dabei auf uns warten." Sage ich ihr, als sie vermutlich nach einer Möglichkeit Ausschau hält, ihre Stute festzubinden. Während wir den Fluss entlang laufen, unterhalten wir uns. Sie erzählt mir von ihren Freunden und was sie mag und was nicht. So weiß ich jetzt, dass sie sich nicht nur für Kräuter interessiert sondern auch eine Begeisterung für Gedichte übrig hat und gerne zeichnet. Kochen wiederum mag sie nicht, zumindest besitzt sie ihrer Meinung nach kein Talent dafür. Backen wiederum fasziniert sie, was vermutlich daran liegt, das sie Süßspeisen liebt. Ich wiederrum erzähle ihr von meinem Nomaden leben und erzähle ihr von Lucas, und somit auch was wir schon bereits zusammen erlebet haben. Sie interessiert sich für unseren Glauben und stellt mir viele Fragen über die Tempel und die Priesterinnen. Wie man eine wird, wie stark ihre Magischen Fähigkeiten sind und ob sie ebenfalls Zauberbücher oder ein Grimoire besitzen.

Während wir uns unterhalten zeige ich ihr besonders schöne stellen am Fluss entlang. Der kleine Wasserfall hinter dem sich eine Höhle versteckt, hat es ihr besonders angetan. „Können wir die Hohle betreten?" Fragt sie mich. Ich nicke. „Ja, allerdings wären wir dann klitsch nass."

„Schade."

„Es gibt aber auch einen Wasserfall, dessen Höhle kann man betreten." Ihr Augen stahlen mich förmlich an. „Wo ist dieser Wasserfall?" Ich schmunzle. „Den werde ich dir ein andermal zeigen." Sie zieht eine Schnute, was mich erneut lachen lässt. „Komm, lass uns zurück zu den Pferden gehen. Ein Picknick wartet auf uns."

Die Bediensteten im Schloss haben sich selbst übertroffen. Zwischen den vielen Obstbäumen, die uns Schatten spenden, ist eine große rote Decke ausgebreitet. Vereinzelte Kissen sind darauf drapiert, genauso wie mehrere Etageren auf denen Pralinen angerichtet sind, die nur darauf warten gegessen zu werden. An manchen Bäumen hängen Girlanden oder Lampions, welche sobald es dunkel wird wunderschön leuchten werden. Noch ist es dafür zu früh. Ich schließe daraus, dass Rebeca nicht erwartet das wir vor Sonnenuntergang zurückkehren werden. Mehrere Körbe stehen am Rand der Decke. In einem ist Geschirr verstaut. Getränke sowie Beerenfrüchte beinhaltet ein anderer. Gebäck, und belegte Brötchen mache ich in dem dritten Korb aus. Der Picknickplatz ist nicht weit vom Fluss entfernt, dennoch bin ich froh, als ich vom Pferd absteigen kann. Ich hab gar nicht gemerkt wie hungrig ich bin, bis ich den Geruch von dem essen wahrgenommen habe. Wir lassen die Pferde bei uns grasen. Charlotte ist verzaubert von dem Picknick und der Deckoration, das sehe ich an ihrem Gesicht. Als sie vom Pferd absteigt bewundert sie die an den Bäumen befestigten Lampions. „Die haben sich sehr viel Mühe hierfür gegeben." Stellt sie fest während sie die picknickdecke umrundet und sich dann auf eines der Kissen nieder lässt. Ich tue es ihr gleich und schenke ihr etwas von dem Getränk in ihr Glas. Es ist ein einfacher Saft. Sie nimmt das Glas dankend entgegen und nimmt einen Schluck daraus.

„Wie gefällt es dir bei uns? Hast du dich mit dem Gedanken angefreundet hier zu leben?" Frage ich sie ehrlich interessiert. „Es ist ganz in Ordnung hier." Lautet ihrer Antwort, ehe sie eine Praline probiert. „Wie lange werde ich noch im Schloss leben?" Fragt sie mich. Das ist eine Frage, die ich ihr schwer beantworten kann. „So lange bis du ein schönes Haus gefunden hast, indem du Leben möchtest." Antworte ich ihr Wahrheitsgemäß. Sobald wir Verbunden sind, werde ich mit ihr ein geeignetes Haus suchen. Ein Haus mit Garten. „Ich würde viel lieber wieder zurück zu meiner Familie gehen." Ihre Stimme klingt traurig. „Das geht leider nicht. Du wärst bei ihnen in Gefahr." Sie schüttelt ihren Kopf. „Nein, wäre ich nicht." Ich wiederspreche ihr. „Doch. Sie würden dich sicher töten und vorher würde sie noch versuchen dich als Druckmittel zu verwenden!" Sie starrt mich an und ihre Miene spiegelt sich die Wut. „Nein, das würden sie definitiv nicht! Ich weiß ja nicht wie ihr alle auf diesen Stuss kommt, aber weder meine Familie noch irgendeine Hexe wird mir etwas zu leide tun!"

„Vielleicht würden sie der einfachen menschlichen Charlotte nichts zu leide tun. Aber glaube mir, der Charlotte die die Gefährtin eines Werwolfs ist, würden sie ohne mit der Wimper zu zucken umbringen!"

„Ich bin aber nicht die Gefährtin eines Werwolfs! Das ist Maya und nicht ich!"

„Du bist sehr wohl eine Gefährtin eines Werwolfs, Charlotte! Du bist meine Gefährtin!" entgleitet es mir aufgebracht. Warum will sie nicht glauben, dass wir sie versuchen zu schützen?Ihre Augen werden groß. „Das ist nicht wahr." Flüstert sie.

Und in diesem Moment wird mir bewusst, was ich ihr gerade eröffnet habe.


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Meine Lesenacht wird am 04.05 um 19 Uhr stattfinden. :)

Vollmond - Wenn die Magie erwacht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt