25. Kapitel

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Überall an meiner Kleidung war Blut, Dreck und Erde. Ich war vollkommen erschöpft und schwitzte.

"Du kannst dich bei mir sauber machen, so kannst du nicht in die Northside fahren.", bot FP an, bevor er das Grab mit einigen Blättern abdeckte, sodass es auch tagsüber nicht sichtbar war.

Ich nickte nur. Sprechen fiel mir im Moment schwer. Ich konnte nicht glauben, dass ich tatsächlich dabei geholfen habe eine Leiche zu vergraben. Ich bin kein Stück besser als FP. Ich hab sein Todesurteil damit unterschrieben, dass ich ihn tatsächlich zum Sweetwater River brachte.

Er sagte er hätte meinem Vater nichts angetan. Was ist, wenn er dir Wahrheit gesagt hat und er nichts mit dem Unfall zu tun hatte?

Mein Kopf pochte nur.

"Du darfst keinem hiervon erzählen, Kleiner."

"Was denkst du denn, was ich mache?! In die Schule geh und allen glücklich erzählen, dass ich und mein Grandpa eine verdammte Leiche vergraben haben?! Ich bin ein Verbrecher. Oh mein Gott, ich bin ein Verbrecher!", brüllte ich aufgewühlt und vollkommen verzweifelt.

"Beruhig dich wieder. Du musst lernen, es dir nicht anmerken zu lassen. Verhalte dich ruhig. Geh zurück in deinen Alltag!", versuchte er mich zu beruhigen, ohne dabei wirklich darauf einzugehen, was ich gesagt hatte.

Ich seufzte nur schwer und schloss die Augen.

"Geh dich jetzt sauber machen. Hier sind die Schlüssel.", forderte er und warf mir einen Schlüsselbund zu.

Ich tat was er sagte und fand mich etwa zehn Minuten später in seinem Wohnwagen wieder.

Unter der Dusche erkannte ich, wie das Blut durch den Abfluss verschwand und die grausamen Bilder kamen wieder auf. Wie er vor mir auf die Knie gefallen und gestorben ist.

Ich spürte eine Träne auf meiner Wange. Die Panik überkam mich, sodass ich an der Wand entlang glitt und meinen Kopf in meinen Händen ablegte. Das Wasser prallte weiter auf mich ein, während ich schluchzend darunter saß und einfach alles vergessen wollte.

-

Ich trug die Kleidung von meinem Dad, die er früher im Wohnwagen zurückgelassen und nicht mehr abgeholt hatte, als ich das Badezimmer kreidebleich verließ.

"Du siehst nicht gut aus, Junge.", murmelte er und stellte mir eine Tasse Kaffee hin.

"Ich trink keinen Kaffee.", erwiderte ich daraufhin nur schwach.

"Dann gewöhn dir das an. Ein Serpent überlebt nicht ohne Kaffee.", versuchte er die Stimmung etwas aufzulockern.

"Ich bin kein Serpent.", brummte ich nur vor mich hin.

"Du willst kein Serpent mehr sein? Ich wusste ja, dass du das Zeug dazu nicht hast.", antwortete er schnippisch.

"Du verstehst es immer noch nicht oder?", hinterfragte ich so gelassen, wie ich es in diesem Moment nur konnte.

"Was, huh? Was versteh ich denn nicht, Kleiner!?", fuhr er mich an.

"Du verstehst nicht, dass ich nie vor hatte der Komplize eines Mörders zu sein! Verdammte Scheiße, FP! Ich werde deinetwegen nie wieder ruhig schlafen können! Ich werde nie wieder meinem Dad in die Augen sehen können! Als ich sagte, ich will ein Serpent werde, meinte ich einen Serpent und keinen verdammten Mörder!", brüllte ich über den ganzen Wohnwagen.

"Du solltest dich ganz schnell wieder beruhigen. Ich brauch hier keine tickende Zeitbombe, die jede Sekunde mit der Wahrheit rausrücken könnte, weil sie ein schlechtes Gewissen hat!", entgegnete er nur wütend.

"Ich werde jetzt gehen.", entgegnete ich noch, bevor ich aufstand und auf die Tür zulief.

Er sagte nichts und schaute mir nur hinterher.

"Ich sag nichts, ich versprech's.", versicherte ich ihm noch, bevor ich die Tür hinter mir zuzog.

-

"Du musst aufstehen! Du hast Schule!", rief Abby und zog mir die Decke weg.

Erschöpft weigerte ich mich die Augen zu öffnen. Die letzte Nacht kam mir vor wie ein Traum. Ich konnte nicht aufhören daran zu denken.

"Lass mich in Ruhe!", fuhr ich sie verschlafen an und kämpfte um meine Bettdecke.

Plötzlich ließ sie los und ging einfach. Es schien mir ungewöhnlich, weswegen ich die Augen leicht öffnete und nach ihrem nerv tötendem Auftreten suchte.

"Ha! Jetzt bist du wach!", jaulte sie triumphierend und streckte dabei ihren Kopf durch die Tür.

Wütend warf ich ein Kissen in ihre Richtung und sie verschwand endlich vollkommen.

Etwas später, lief ich ins Badezimmer, um mein Gesicht zu waschen und Zähne zu putzen. Mein Kopf pochte wie verrückt und mein ganzer Körper war ausgelaugt.

Ich war spät nachts erst zu Hause angekommen. Nachdem ich FP's Wohnwagen verlassen habe, bin ich stundenlang durch Riverdale gefahren.

Ermüdet betrachtete ich mich selbst im Spiegel. Meine dunklen Augenringe umrandeten meine Augen. Meine blasse Haut betonte meine blau- grauen Augen und meine Haare sahen aus, wie eine Abbildung von einem Vogelnest.

Alles was ich wollte, war diesen Tag hinter mich zu bringen. So wie ich jeden weiteren Tag in meinem Leben einfach nur noch hinter mich bringen wollte.

Was hatte ich mir eigentlich dabei gedacht ein Serpent zu werden? Meine Mom hatte Recht. Diese Gangs bringen nur Unheil. Und leider bin ich jetzt ob gewollt oder nicht ein Teil von dieser Welt.

Seufzend bewegte ich mich nach unten, obwohl mir überhaupt nicht nach Essen war.

Ich bekam die Bilder von Joaquin nicht mehr aus meinem Kopf.

"Guten Morgen, Dornröschen.", lächelte meine Mom, als sie mich die Treppen runterkommen sah.

"Morgen.", brummte ich.

"Oh, nein. Pass auf, Mom. Er ist schlecht drauf.", lachte Abby.

"Ich fahr direkt los.", ergänzte ich nur und zog mir meine Lederjacke über.

"Und das Frühstück?", fragte meine Mom überrascht. Normal würde ich eine Mahlzeit niemals ablehnen.

"Keinen Hunger.", entgegnete ich noch, bevor ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen ließ.

Ich steuerte auf mein Auto zu, als dann meine Schwester plötzlich aus dem Haus gestürmt kam.

"Was machst du denn?! Du nimmst mich doch sonst auch immer mit!", beklagte sie sich.

"Dann wird's langsam mal Zeit, dass du mit deinem Führerschein anfängst.", entgegnete ich genervt.

"Das geht doch nicht. Hast du schon mal die fette Krankenhausrechnung gesehen? Keiner zahlt mir den Führerschein, das kann ich dir versichern.", erklärte sie.

"Dann geh arbeiten.", warf ich wieder ein.

"Ist das dein Ernst?", brummte sie sauer.

"Oder nimm den Bus, wie alle anderen Teenager, die noch keinen Führerschein haben!", erwiderte ich ebenfalls angepisst.

"Du hattest doch sonst auch nichts dagegen mich mitzunehmen. Was ist denn jetzt los?", hinterfragte sie leicht enttäuscht.

"Menschen ändern sich.", antwortete ich noch kalt, bevor ich in den Wagen stieg und wortlos davonfuhr.

Growing up in RiverdaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt