Sonnenschein

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Er lässt mich mit einem kleinen Lächeln wieder los. Seine Finger liegen vielleicht einem Moment zu lange auf meiner Haut und lösen ein angenehmes Prickeln aus. Ich kann seinen Blick nicht deuten. Ist es Freude oder Belustigung? Sophie schiebt sich zwischen uns. Ist da jemand eifersüchtig? ,,Lizzy. Du bist schon wieder da?" Ihre Frage klingt freundlich, doch ihre Augen sagen etwas anderes. Sie funkelt mich böse an. Die Schulklingel erlöst mich aus dieser überaus seltsamen Situation, über die ich mir mit Sicherheit noch viele Tage Gedanken machen werde. Ich trete einen Schritt zurück, drehe mich eilig um und begebe mich auf meinen Platz. Elena lässt sich nur wenige Sekunden später neben mir fallen und grinst mich vielsagend an. Unser Klassenlehrer dreht sich zu uns um und mit einem lauten und energiegeladenen ,,Guten Morgen!" beginnt das ganz normale Prozedere. Belehrungen, Stundenplan. Dann setzt er sich auf eine Ecke seines Schreibtisches und lässt seinen aufmerksamen Blick durch die Klasse schweifen. Er entdeckt mich. ,,Lizzy, schön dass du nun wieder da bist." Er nickt mir zu. Spätestens jetzt drehen sich alle um. Ich nicke und bringe tatsächlich ein Lächeln zustande. Da wird die Tür aufgestoßen, und Noah betritt die Klasse. Noah, groß, sportlich, eisblaue Augen. Er hat seinen Schulrucksack locker über die rechte Schulter geschwungen und seine blonden Haare sehen aus als wäre er gerade erst aufgestanden. Ist er wahrscheinlich auch, denn er murmelt ein ,,Sorry für die Verspätung." und setzt sich neben Elias. Er hebt die Hand und grinst Elena an. Sie läuft leicht rot an wendet ihr Gesicht eilig wieder nach vorn. Er grinst, seineLippen formen ein ,,Morgen, Liz." Ich antworte mit einem fröhlichem Lächeln. Meine Sitznachbarin schreibt angestrengt mit, immer darauf bedacht, ihre glühenden Wangen vor allen zu verstecken. Ich stoße sie an und sie schaut mich erschrocken an. Nun bin ich an der Reihe, meine Augenbrauen zu heben und vielsagend zu grinsen.,,Ja, Okee..." Gibt sie schließlich auf. ,,Aber er ist...",,Meine Damen!" Wir verschieben dieses Gespräch auf die Pause.

Eine gute Stunde später laufen Freya, Elena und Ich in Richtung der Lichthöfe. Wir setzen uns und ich berichte Freya von meiner Beobachtung. Die lacht und sagt ,,Habe ich es nicht gesagt?" Elena meint, dass das jetzt kein eindeutiges Indiz sein muss, nur weil er sie angrinst. Freya und Ich sind da zwar anderer Meinung, doch wir belassen es dabei. ,,Heute Abend steht?" ,,Klar!"Wir haben dass schon lange vor meiner Ankunft geplant denn so haben wir genügend Zeit, uns bei einer großen Tüte Chips, Pizza und Limo und mit einer wunderschönen Liebesschnulze im Hintergrund auf Freyas Bett zu kuscheln und uns mal wieder so richtig auszuquatschen. Selina gesellt sich zu uns, schaut mich kritisch an und fragt, was denn vorhin mit Sophie gewesen sei. Wenn ich das nur wüsste! Ich zuckenur mit den Schultern. ,,Ich glaube ja, dass sie eifersüchtig auf dich war." Da kann ich Elena nur Recht geben. ,,Sophie und Elias sind ja auch unser Traumpaar." Ich sehe sie fragend an. ,,Die sind doch schon ziemlich lange zusammen, oder?" Freya wendet sich an Selina, die nur zustimmend nickt. Ich spüre eine kleinen Stich im Herzen. ,,Wusstest du das nicht?" Mein Blick reicht ihnen wohl als Antwort. Es herrscht betretenes Schweigen. ,,Mädels,kommt ihr mit raus?" Elias. Natürlich. Ausgerechnet die Person, die Ich jetzt am allerwenigsten sehen will. Hinter ihm steht Sophie. Ich straffe meine Schultern und versuche mir nichts anmerken zu lassen. Ich stehe auf. Für einen Moment stehen wir uns gegenüber. Dann schiebe ich mich an ihm vorbei und laufe betont ruhig zurMädchentoilette. Dort angekommen schaue ich mich an, streiche eine Locke aus der Stirn. Ich bin blass. Ich lasse mir etwas eiskaltes Wasser über die Handgelenke laufen. Die Sonne scheint hinein, erinnert mich daran, wieder normal zu atmen. Über den Schulhof laufen Schüler, einige der Jüngeren spielen Fangen. So wie wir es auch mal gemacht haben. Ich denke an die Zeit der Fünften Klasse zurück. Irgendwie war es damals alles viel einfacher. Kleine Gruppen stehen zusammen, einige haben sich in die etwas schattigeren Ecken verkrochen, andere genießen die Sonne. Ich trockne mir meine Hände ab und atme tief ein. Dann öffne ich dieTür, laufe die Treppe hinunter. Ich gehe durch das Forje und trete in den Sonnenschein hinaus.

6 Monate , 3 Tage, 7 Stunden und 30 MinutenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt