,,Liz, was ist denn heute mit dir los?" Elena schaut mich an, sie ist besorgt, das sehe ich an ihren Augen. Ich habe es natürlich niemanden erzählt. Meine besten Freundinnen sind gerade so unfassbar glücklich, ich will ihnen ihre gute Laune nicht verderben. ,,Nichts, habe einfach nur einen schlechten Tag." ,,Okay." Sie ist nicht überzeugt, aber lässt mich in Ruhe. Besser so, ich kann da gerade echt nicht drüber reden. Das Lily ihren letzen Wunsch verwendet, damit sie mich noch einmal treffen kann, ist so traurig. Sie hätte sich wünschen können, einen Star zu treffen oder eine Safari zu machen. Aber stadessen will sie mich noch einmal sehen. Ich vergrabe das Gesicht in den Händen uns seufze leise auf. ,,Good morning!" ,,Good morning!" Ich schaue auf den Text, den wir übersetzten sollen und lese zum wiederholten mal die ersten zwei Sätze. Aber ich weiß immer noch nicht, was da steht. Die Buchstaben ergeben keine Wörter, keinen Sinn. Es klopft. Unsere Lehrerin sieht von ihrem Blatt auf. Der Besucher klopft erneut. Sie erhebt sich und geht mit energischen Schritten zur Tür. Im vorbeigehen wirft sie einen kritischen Blick auf mein Blatt. Sie zieht missbilligend eine Augenbraue hoch, dann öffnet sie endlich die Tür und erlöst uns von dem wirklich penetranten Klopfgeräusch. Der Besucher ist ein Mann, so um die dreißig Jahre alt, der einen roten Hefer unter dem Arm hällt und ihr einen Blick darauf gewährt. Sie nimmt das oberste Blatt in die Hand, liest kurz und schaut dann zu mir. ,,Liz. Komm mal bitte her." Natürlich. Der Typ, der mir das Flugticket überreicht, noch irgentwelche Formularitäten klärt und die Schulleitung überreden soll, mich für unbestimmte Zeit von der Schule zu entschuldigen. Der hätte sich ja auch mal anmelden können. Ich lege den Stift ab, schieb den Stuhl zurück und gehe zur Tür. Ich spüre die fragenden Blicke meiner Mitschüler im Rücken. ,,Guten Tag, Liz, Ich bin Mirko!" Stellt er sich vor und hällt mir die Hand hin. Ich erwiedere den Gruß und schüttle ihm die Hand, sehe dann zu meiner Englischlehrerin. Die wirft einen Blick auf ihre Uhr. ,,Ich bitte dich, den Stoff nachzuholen, dass ist Abiturvorbereiteung." Ich nicke artig und trete dann mit Mirko in einen der Lichthöfe. Er erklärt mir den Ablauf der Reise, dass auf mich keine weiteren Kosten zukommen und lässt mich noch einige Formulare unterschreiben. Ich lese sorgfälltig, auch das Kleingedruckte, das hat mir mein Vater immer eingebleut, und setzte meinen Namen anschließend mit dem blauen Kuli unter den leztzen Absatz. Er packt den Paierstapel zusammen und verwischt dabei meinen Namen. Ich bin geneigt, ihn darauf hin zu weisen, lasse es aber bleiben. Nach einem etwas längeren Gespräch mit der Schulleitung überreicht er mir einen lila Umschlag mit der Aufschrift ,,der letzte Wunsch". ,,Gib gut darauf Acht!" Murmelt er mit einer tiefen und geheimnisvollen Stimme. Ach nee! Ich hätte den jetzt in den nächstbesten Schredder geworfen. Ich nicke. ,,Okay!" Mir gelingt es nicht seine Stimme nach zu machen, villeicht habe ich mich aber auch einfach nicht genug angestrengt. Endlich darf ich wieder in meinen Klassenraum. Aber kaum dass ich die Tür hinter mir schließe frage ich mich, ob Mirko wirklich das größere Übel ist. Es klingelt zur Pause. Es ist nicht so, dass ich meinen Freunden und insbesondere meinen besten Freundinnen nicht alles anvertrauen könnte, nein, überhaupt nicht. Aber ich will eben keine von ihnen mit diesem Thema belasten. Gerade Freya ist, was solche Geschichten an geht, wirklich ziemlich nah am Wasser gebaut. ,,Wer war das und was wollte er von dir?" Selina. Gerade heraus und direkt. Und das ist gut so. So drücke ich mich nicht mehr sondern sage einfach, was mir auf dem Herzen liegt. Freya sieht traurig aus, Elena geschockt, so sehr, dass Noah sie spontan in den Arm nimmt, und Selina schaut mich fragend an. ,,Wann können wir dich zum Zug begleiten?"
Sie sind so süß. So lieb. Sie sind für mich da und stehen mir bei, wie schon so oft. Ein wenig erinnert mich die Situation an die, als ich zum ersten mal nach England geflogen bin. Der Unterschied ist nur, dass sich in meinem Gepäck fast ausschließlich dunkle oder Schwarze Kleidung befindet. Und dass ich mich diesmal nicht freue, sondern mich lieber umdrehen und davon gehen will. Aber ich nehme alle in den Arm, meine besten, verspreche, anzurufen und steige in den roten ICE . Rot wie Blut. Absurd, wie anders man denkt, wenn sich die Lebensumstände ändern, die Gefülslage eine andere Ebene erreicht. Ich versuche ein Lächeln, kann aber im Zugfenster Sehen, dass es wirklich unecht aussieht. Na dann, Liz. Auf geht's.
Als ich aus dem Zug steige, werde ich von einem jungen Mann angerempelt. Der dreht sich um ,,Sorry". Ich nicke nur und setzte mich endlich in Bewegung. Die Zugfahrt war anstrengend, ich musste mir ein Abteil mit einer Familie mit Drillingen teilen. Ich habe prinzipiell nichts gegen kleine Kinder, vorallem nicht, wenn sie so süß sind wie die drei Mädels. Zoe, Marinett und Frances. Halb Engländerinen, halb Französinnen. Und alle in rosa eingekleidet. Aber Ich hätte niemals gedacht, das Babys von gerade mal 6 Monaten eine solche Ausdauer beim schreien haben. Ich krame in meiner Tasche und fördere tatsächlich eine Kopfschmerztablette zutage. Irgentwann werde ich noch abhängig von den Dingern. Einen Schluck Wasser später geht es mir schon besser und ich folge den Menschenstrom zum Check-in und der Sicherheitskontrolle. Gate 12. Das gleiche wie beim letzten mal. Im Wartebereich sind noch einige Stühle frei. Ich nehme neben einem jungen Mann Platzt und verteibe mir die Zeit, indem ich in einer Zeitschrift blättere, die mich nicht die Bohne interessiert. Wirklich, Artikel über Krebserregende Stoffe heben meine Laune nicht besonders. Und je schlechter meine Laune wird, desto besser wir die der beiden Mädchen hinter mir. Sie gackern ununterbrochen vor sich hin und reden in einem furchtbaren Akzent daher. Und dann können wir endlich einsteigen. Ich sitze zum Glück weit weg von den beiden Mädchen und jeglichen Kindern unter 5 Jahren, lande neben einer netten alten Dame, die sich kurz vor dem Start eine Schlaftablette einwirft und mich bittet, sie vor der Landung zu wecken. Ich kaue angestrengt Kaugummi, um den Druck der auf meinen Ohren lastet, auszugleichen. Als wir unsere Flughöhe erreichen bin ich bereits eingedöst. Kurz nach der Landung zupfe ich mein T- shirt zurecht und warte bis ich ohne zu drängeln aus dem Flugzeug steigen kann. Harry hat gesagt, er holt mich ab. Und er hällt sein Versprechen. Im dunklem Pulli, die Hände tief in der Jeans vergrabe, steht er da. Ein Lächeln zieht sich über sein Gesicht er breitet die Arme aus und drückt mich fest an sich. ,,Es ist so schön, dich zu sehen Liz!" ,,Kann ich nur erwiedern!" Schon seine bloße Anwesenheit beruhigt mich ungemein. Er sieht was ich denke und nickt. ,,Ich weiß, wie schwer es dir gefallen ist hier her zu kommen, wegen so etwas. Aber ich will dir danken, dass du für sie hier bist." Ich schlucke die Tränen hinuter und sehe ihn an. ,,Wie schlimm?" Er nimmt meinen Koffer und hällt mir den Arm hin, den ich nehme. ,,Du wirst sie kaum erkennen." Ich Schlucke schwer, als er nach einer zwanzigminütigen Autofahrt den Schlüssel ins Schloss steckt. ,,Bereit?"
DU LIEST GERADE
6 Monate , 3 Tage, 7 Stunden und 30 Minuten
RomanceEigentlich denkt man, es ist alles wie immer. Die Freunde sind die gleichen. Der Ort hat sich nicht verändert. Und ich fühle mich auch wie immer. Verrückt, ironisch, optimistisch, heillos romantisch. Aber es ändern sich Dinge. Menschen ändern sich...