Elena fehlt am nächsten Morgen. Noah sieht unglaublich besorgt aus, ich glaube, er gibt sich die Schuld daran. ,,Hast du nochmal mit ihr geschrieben?" James blinzelt zu Noah hinüber. Wir liegen alle nebeneinander in der Sonne. Jannis, Freya, Selina, Noah, James, ich, Elias. ,,Ja. Aber sie hat nicht geantwortet." Wir schweigen wieder. ,,Das ist doch scheiße." Ich teile Selinas Gedanken. ,,Ist es. Ich meine," Noah setzt sich auf ,,sie ist ja alt genug, um dass selber zu entscheiden." Er schaut uns nacheinander an. Ich schließe die Augen. ,,Ihr wird nicht die Wahl gelassen. Du kennst ihren Vater nicht." Erwiedere ich. ,,Nein, kenne ich nicht." ,,Siehst du." unterstützt mich Freya. Er legt sich zurück, starrt in die Wolken. Durch die Sonne werde schläfrig, mache die Augen wieder zu. Ich weiß, dass ich in fünfzehn Minuten Sonnenbrand haben werde. Aber was soll's. James gähnt lautstark, streckt Arme und Beine von sich. Ich versuche, eine halbwegs angenehme Position zu finden und drehe mich auf die rechte Seite. Elias lacht leise, legt den Arm um mich. Ich genieße diese sanften Berührungen, lege meinen Kopf an seine Schulter. ,,Da ist aber jemand kuschelbedürfig." ,,Mh." murmel ich mit einen Lächeln. Er streicht mir vorsichtig eine Sträne aus der Stirn, seine Finger bleiben kurz auf meiner Wange liegen, bevor er sie wieder weg nimmt und mich vorsichtig etwas näher zu sich zieht. Ich muss lächeln, bleibe ruhig liegen, bis ich James Kichern höre und vorsichtig die Augen öffne. Elias beobachtet mich, auf seinen Lippen liegt ein Lächeln. ,,Wie süß!" lacht James. Ich verdrehe die Augen, setzte mich mit einem entschuldigenden Blick auf und sehe meinen besten Freund vorwurfsvoll an. ,,Ach Mäuschen, ich habe doch auch ein Foto gemacht." Ich bin etwas verwirrt, das sieht er mir an und hällt mir sein Handy unter die Nase. Es ist wirklich ein süßes Foto von Elias und mir. ,,Schickst du mir das?" Elias, der eben noch über meine Schulter schaute, wendet sich an James. ,,Klar." Der grinst. Ich schüttle mit einem Lächeln den Kopf und sehe nach links. Hinter James Rücken liegen Selina und Noah und unterhalten sich leise mit einader. Daneben liegt Freya, die Beine angewinkelt, die Augen geöffnet und starrt in die Wolken. Sie glaubt, dass keiner sie beobachtet, denn ihre Augen glänzen feucht. Jannis sitzt ohne jede Regung neben ihr, schaut stur geradeaus. Ich habe heute noch nicht mitbekommen, das auch nur ein Wort zwischen ihnen gefallen währe. Sie schweigen sich an, nur wegen diesem blöden Typ. Das hatten wir doch neulich erst. Zwar mit einem anderen Pärchen, aber dieses Drama brauchen wir nicht nochmals. ,,Die bekommen sich schon wieder ein." flüstert Elias mir ins Ohr. Ich schaue ihn zweifelnd an. Er lacht. ,,Bis jetzt ist es doch immer wieder gut gegangen." Ich sehe ihn zweifelnd an. Er grinst beruhigend, legt sich zurück und schließt die Augen. Ich beobachte ihn eine ganze Weile. Wie sich seine Brust hebt und senkt, wie seine braunen Haare vom Wind zerzaust werden. ,,Hoffentlich hast du recht." Sage ich zu mit selbst. Dann beginnt es zu regnen.
Der 2. Oktober, Selinas 18. Geburtstag, beginnt mit Wind und Regen, der meinen Schirm umklappt und mich fluchen lässt. Meine Schwarze Jeans ist nass, als ich endlich im Trockenen stehe. ,,Morgen!" Elias küsst mich zur Begrüßung auf die Wange, bevor er neben mir her die Treppe hinauf geht. ,,Was ist denn in dem Paket?" ,,Ihr Geschenk." ,,Etwas gemeines, wie ich dich kenne?" Er lacht, als er meinen vernichtenden Blick sieht. ,,War ein Scherz, Liebes." ,,Das soll dir auch geraten sein." ,,Hey." Freya lächelt Elias zu, nimmt mir dann das in mit rosa Herzchenpapier gewickelte Schächtelchen aus den Fingern. ,,Perfekt, Lizzy." ,,Frau tut was sie kann. ,,Ist Elena schon da?" ,,Ja, ist sie." Elena umarmt mich. ,,Wir sind vollzählig, jetzt kann der Spaß beginnen!" Wir grinsen uns an. ,,Was habt ihr vor?" ,,Wirst du doch sehen." Er verdreht gespielt genervt die Augen. ,,Immer machst du aus allem ein Geheimnis, Liebes." ,,Du Ärmster." Theatralisch lege ich mir eine Hand aufs Herz. Er schüttelt lachend den Kopf. ,,Na dann, lasst uns mal gratulieren. Elena geht voraus, ich und Freya gehen hinter ihr und Elias bildet das Schlusslicht . ,,Seid wann nennt er dich denn Liebes?" Ich komme nicht dazu, ihr eine geistreiche Antwort zu geben, denn sie führt ihren Gedanken sofort fort: ,,Ist ja aber auch egal, Tatsache ist, dass er es tut." Sie lächelt etwas gezwungen. Ich kann Wehmut in ihrer Stimme hören. Ich drücke ihre Hand; wir betreten den Klassenraum. Selina steht an ihrem Tisch, wird gerade von Noah umarmt, lacht. Wir bahnen uns einen Weg zu ihr, ich bin die erste, die ihr um den Hals fällt, ihr alles erdenklich Liebe und gute wünscht. Elena und Freya umarmen sie ebenfalls, wünschen Glück in der Liebe und im Spiel, viel Gesundheit und Freude. Elias wünscht ihr Freude auf allen Konzerten, die sie jemals besuchen wird. James umarmt sie herzlich, überreicht einen Strauß Blumen und wünscht ihr, dass sie niemals in ihrem Leben ihren tiefschwarzen Humor verlieren wird. Jannis, der kurz bevor es zum Unterricht klingelt auftaucht, starke Nerven und ein gutes Trommelfell. Worauf er die starken Nerven bezieht, sagt er nicht, aber ich habe eine dunkle Ahnung. Die scheint Freya auch zu haben, sie schaut ihn schon fast abwartend an. Er lehnt sich gegen den Tisch, an dem auch die Freundin der Sonne steht, berührt sie nicht, sagt nichts. Sie schaut zu ihm, schüttelt dann den Kopf. Um diesen etwas seltsam anmutenden Moment aufzulösen, ziehe ich unser Geschenk hinter meinem Rücken hervor. ,,Nein!" Selina legt die Hände an die Wangen. ,,Ihr seid ja so süß!" Sie lacht, als sie das Papier ablöst, die Schachtel öffnet. Das Bandana in rot kommt zum Vorschein. ,,Danke." Strahlend legt sie das Tuch sorgfälltig zusammengefaltet zurück. Ich, Elena und Freya wechseln einen Blick. Das rote Bandana ist nur ein ganz kleiner Teil unseres Geschenkes, nur ein Teil unseres Puzzles. ,,Sie wird sich noch wundern." Elena lächelt mir zu, öffnet ihre Federmappe und zieht ihren Kuli hervor. ,,Oh ja, das wird sie." Erwider ich mit einem Grinsen und schlage eine neue Seite auf.
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6 Monate , 3 Tage, 7 Stunden und 30 Minuten
RomanceEigentlich denkt man, es ist alles wie immer. Die Freunde sind die gleichen. Der Ort hat sich nicht verändert. Und ich fühle mich auch wie immer. Verrückt, ironisch, optimistisch, heillos romantisch. Aber es ändern sich Dinge. Menschen ändern sich...